ANDERE ÜBERSETZUNGEN:

Entwässerungsgraben des Durchgangs (Porkert/Hempen)
Leitbahn-Kanal (Maciocia)
den Abfluß regulieren (eigene Übersetzung)
die Abflußrinne passieren (eigene Übersetzung)

 

BESONDERE QUALIFIKATIONEN:

  • Metallpunkt: Dieser Punkt korrespondiert mit der Wandlungsphase Metall und ihren Entsprechungen. An den Metallpunkten ist die sammelnde, struktive Energie des Metalls (potentielle Struktivität) besonders konzentriert.

Die klare Kühle des Herbstes wird hier angeregt, um den Wind zu überwinden (Ke-Zyklus), pathogene Trockenheit zu vertreiben und Hitze zu klären (Wu-Zyklus).

  • Jing (Fluss) -Punkt: Das Leitbahn-Qi verbreitert sich an diesem Punkt und fließt mächtig dahin wie ein breiter Fluss. "Der Akupunkturpunkt, an dem das Qi rasch dahinfließt, heißt Jing-Punkt." (Ling Shu, Kap. 1)

Das Qi an dieser Stelle entspricht einem mächtigen Strom, der, weit von der Quelle entfernt, Seitenarme entwickelt und Nebenläufe aufgenommen hat und so immer breiter und tiefer geworden ist. In der Akupunkturphysiologie sind Jing-Punkte die Durchgangspunkte für gesundes Qi und Pathogene (Xie Qi). Wie in einem Flußdelta können hier die Energien in die nahe Umgebung "ausgeschifft" werden und gelangen zu den Sehnen, Gelenken und Knochen. Durch die Nadelung der Jing-Punkte können wir diese Strukturen stabilisieren. Sie sind wichtige Punkte zur Behandlung von Bi-Erkrankungen, indem pathogene Energien wie Wind, Nässe, Kälte und Hitze aus diesen Regionen ausgeleitet, aber auch Abwehrenergie (Wei-Qi) hineingeführt werden kann.

Die Jing (Fluss) -Punkte haben nach den chinesischen Medizinklassikern unterschiedliche Aufgaben:

Ling Shu, Kap. 6: "Wenn sich die Erkrankung in den Muskeln und Knochen befindet, welche das Yin im Yang darstellen, sollte man die Jing (Fluss) -Punkte der Yin-Leitbah-nen nadeln."

Ling Shu, Kap. 44: "Die fünf Musiktöne entsprechen der Energie des Spätsommers, welcher durch üppige Fülle gekennzeichnet ist. [...] Im Spätsommer nadelt man deshalb die Jing (Fluss) -Punkte [...] Wenn Erkrankungen sich in der Stimme reflektieren, sollte man (auch) die Jing (Fluss) -Punkte akupunktieren.") Das Nan Jing stellt diese Beziehungen klar: "Die Lunge ist verantwortlich für die stimmliche Äußerung;" (Kap. 40);

"in der Leber erregt sie das Rufen, im Herzen das Lachen, in der Milz das Singen und in der Niere das Stöhnen. Für sich selbst erzeugt die Lunge das Jammern." (Kap. 49)

Veränderungen in der Stimme zeigen also eine Störung des Lungen-Qi an, zur Behandlung wählt man entsprechend die Metallschranke.

Nan Jing, Kap. 68: "Die Jing (Fluss)-Punkte beherrschen keuchenden Atem, Husten und Wechselfieber."

Nan Jing, Kap. 74: "Im Herbst sollte man die Jing (Fluss) -Punkte nadeln, wenn sich die Krankheit in der Lunge befindet."

  • Ben (Wurzel) -Punkt: Ben-Punkte sind die Repräsentanten des eigenen Elements, d.h. Holz im Holz, Feuer im Feuer, Erde in der Erde, Metall im Metall (hier Lu 8), Wasser im Wasser. Sie stellen gewissermaßen die Ich-Identität ihrer Wandlungsphase dar und verkörpern sie in reinster Form. Ben heißt Wurzel, Quelle, Ursprung, eigen, eingeboren, selbst, Ich, etc. Das Schriftzeichen zeigt einen Baum, der in der Erde verwurzelt ist; die Betonung liegt auf dem Anteil des Baumes unter der Erde, den Wurzeln (WILDER, No. 36).

Die Ben-Punkte haben zwei Funktionen:

Sie stärken das Qi ihrer zugehörigen Leitbahn von den Wurzeln her, d.h. vom Zang Fu-Organ aus. Damit sind die Punkte zum Anzapfen der gespeicherten Energien, d.h. der Jing-Essenz in der Tiefe der Zang Fu.

Sie stellen die Beziehung zweier Leitbahnen her, die sich nach der Organuhr diametral gegenüberstehen. Hiermit wird die energetische Grundlage der Mitternachts-Mittags-Regel begründet. Besteht ein energetisches Gefälle z.B. zwischen Lunge und Blase (hier Blasen-Qi in Fülle, Lungen-Qi in Leere), wird über die Nadelung von Lu 8, tonisierend (Bu) gestochen, der Energietransfer Blase ? Lunge eingeleitet. Die rechte Zeit dafür ist die erste Stunde der Lungen-Maximalzeit, 3-4 Uhr morgens. Wem das zu früh ist, der kann auch Bl 66 Tong Gu, den Ben-Punkt des Blasen-Meridians, in der zweiten Stunde der Blasen-Maximalzeit 16-17 Uhr nachmittags ableitend (Xie) nadeln, um den Ausgleich zu erzielen.

Um ein Energiegefälle festzustellen, bedienen wir uns der quantitativen Pulstastung, die auf zwei Ebenen (oberflächlich und tief) den Zustand der Yin- und Yang-Leitbahnen anzeigt (vgl. Nan Jing, Kap. 18), In diesem Fall: Linker Chi (Fuß)-Puls ist oberflächlich in Fülle, der rechte Cun (Daumen)-Puls ist in der Tiefe in Leere.

Der Name von Lu 8, Abflußrinne der Leitbahn, kann hier auf diese Verbindung zwischen Lunge und Blase hinweisen (siehe später).

 

BEDEUTUNG DES NAMENS:

 

Jing: ursprünglich die Ketten oder Längsfäden eines Gewebes; dann: die klassischen Bücher (z.B. Nei Jing), schließlich Ader, Meridian, hindurchgehen, passieren, regulieren, sich ereignen, besorgen, leiten. Der rechte Teil des Idiogramms zeigt Wasserwege, die unterirdisch verlaufen und eine besondere Bedeutung für die chinesische Geomantik (Feng Shui) haben. Mit dem Radikal für Seide davor beschreibt das Schriftzeichen die Längsfäden eines Tuches oder Gewebes (Wilder, No. 362).

In der chinesischen Medizin steht Jing für:

die Leitbahnen Jing Mai, in denen Qi und Blut zirkuliert, insbesondere für die 12 Hauptadern als tragendes Gerüst des Leitbahnsystems Jing Luo. Lu 8 Jing Qu bezieht sich auf die Lungen-Leitbahn.

den vierten Reizpunkt der Wu Shu Xue = 5 Transportpunkte. Wie oben beschrieben, ist der Jing (Fluss) -Punkt die Stelle des Durchgangs sowohl für gesunde als auch für pathologische Energien.

Auf den Yin-Leitbahnen ist der Jing-Punkt durch die Wandlungsphase Metall qualifiziert, Lu 8 Jing Qu weist auf diese Metallqualität hin.

Qu: Gosse, Abfluß, Entwässerung, Abzugsgraben, Entwässerungskanal, Abflußrinne;

aber auch: grob, reichlich, ein gewisser (zur Hervorhebung einer Person), Er, die Felge eines Rades. Das Schriftzeichen hat den Radikal für Wasser, dann mächtig groß und darunter noch einmal Wasser, das unterirdisch abfließt. Ein Ort, an dem sich Wasser mächtig (in großen Mengen) vereinigt, um ins Grundwasser abzufließen. Ein Abfluss, eine Entwässerungsrinne, ein Gully.

Gully kommt aus dem Englischen und bedeutet: Wasserrinne. Senkloch, Absturzschacht, ein Abzugskanal.

Hier im Punktenamen deutet das Idiogramm Qu

auf die Lokalisation des Punktes hin, der in einer rinnenähnlichen Vertiefung zwischen dem Processus styloides radii und der Arteria radialis liegt;

auf die Bewegung der Körperflüssigkeiten hin, die über diesen Punkt nach unten und in die Tiefe dirigiert werden können. Noch ein Hinweis auf die absenkende Funktion des Lungen-Qi und die enge Beziehung zwischen Lunge und Blase als obere und untere Quelle der Wasserzirkulation.

Jing Qu als Punktename:

Bezieht sich als "Abflußrinne der Leitbahn" auf die Kraft des Punktes, die Körper-flüssigkeiten abzusenken. Die Lunge als höchster Pol im Körper hat eine nach außen und unten gerichtete Wirkung, damit Qi und Flüssigkeiten durch den ganzen Organismus zirkuiieren können. Die Verbindung nach unten besteht zur Blase, dem tiefsten, aber dennoch zentralen Pol im Körper.

Zhong Ji = zentraler Pol ist der Name für Ren 3, dem Mu-Punkt der Blase. Lu 8 ist der Ben-Punkt und somit die zentrale Schaltstelle zwischen diesen beiden Organfunktionen.

Kann die Lunge ihre absenkende Funktion nicht erfüllen, entstehen Symptome wie Husten, Kurzatmigkeit, Brustschmerzen, aber auch Oligurie und Ödeme im oberen Kör-perbereich, da die Flüssigkeiten sich oben stauen. Die anderen Übersetzungen von Jing Qu "den Abfluß regulieren" und "die Abflußrinne passieren" weisen ebenfalls auf die absenkende Funktion dieses Punktes hin.

Die PORKERTsche Variante ist eher ein Hinweis auf die Deltafunktion des Jing (Fluss) -Punktes. "Entwässerungsgraben des Durchgangs" suggeriert in Analogie zu einem Fluss eine Stelle, an dem sich das Qi noch einmal sammelt, bevor es ins Meer (am He-Punkt) eintritt. Es ist die letzte Möglichkeit, pathogene Einflüsse auszuleiten oder aus dem Verkehr zu ziehen, bevor sie in der Tiefe auf der Zang Fu-Ebene Schlimmeres anrichten können.

Schließlich wird im Punktenamen die Lokalisation von Lu 8 in Erinnerung gebracht, ein Akupunkturpunkt, der sich in einer Vertiefung, einer Rinne ähnlich, zwischen dem Radiusköpfchen und der Handgelenksarterie befindet.

Die Metallqualität von Jing Qu wird besonders hervorgehoben durch die Übersetzung von Qu mit Er (als Mittelpunkt des Metallelements) oder als die Felge eines Rades, die aus Metall geschmiedet ist.

 

FUNKTIONEN:

  • fördert das Absenken des Lungen-Qi
  • reguliert die oberen und unteren Wasserwege
  • durchlüftet die Lunge (d.h. stellt das gleichmäßige Zirkutieren des Lungen-Qi wieder her)
  • öffnet die Oberfläche (schweißtreibende Wirkung)
  • zerstreut pathogenen Wind und andere exogene pathogene Faktoren
  • stützt das Lungen-Qi von der Mitte her.

Eine Funktion, deren Beschreibung ich nur in Porkert/Hempen – "systematische Akupunktur"., gefunden habe, in der Praxis aber nicht bestätigen konnte. Alternativ ist dafür eher Lu 1 Zhong Fu = Schatzhaus der Mitte oder Lu 9 Tai Yuan = tiefster Wasserstrudel als Erdpunkt zu nehmen.

 

DER KLASSISCHE TIP:

(nach dem Lei Jing Tu Yi)

Es ist verboten, auf Lu 8 Jing Qu Moxa abzubrennen, da Moxibustion den Shen Ming (Klarer Geist) des Patienten verletzen kann. Abwechselnd Hitze und Kälte bei Malaria; Krämpfe und Schwellungen des Rückens und des Brustkorbs; blockierte Kehle mit Husten und gegenläufigem Qi; Krankheiten durch schädigende Kälte ohne Schwitzen; Schmerzen des Herzens mit Erbrechen.