ANDERE NAMEN:

  Gui Shou = Dämonen ertragen

  Gui Tang = Dämonenhalle

 

BESONDERE QUALIFIKATIONEN:

  Wasserpunkt: nach den fünf Wandlungsphasen ein Reizpunkt, der mit dem Wasserelement korrespondiert und damit auch mit der Kälte als dessen klimatische Energie. Chi Ze zerstreut pathogene Kälte, wirkt kühlend auf alle Hitzeerkrankungen der Lunge und hat so eine klimaregulierende Wirkung auf den Lungenfunktionskreis. Die Na-deltechnik entscheidet hier über den gewünschten Effekt.

  He (Meer) -Punkt: An diesen Punkten sammelt sich das Qi der Leitbahnen, bevor es in die Tiefe (ins Meer) geht, vergleichbar mit einem großen Fluß, der das Wasser aller Seitenarme aufnimmt, bevor er ins Meer fließt. Der Energiefluß ist hier langsamer und träger als z.B. an den Jing (Brunnen)- oder Ying (Bach)- Punkten. Ein therapeutischer Einfluß über die He-Punkte wirkt entsprechend langsamer, dafür aber tiefer und durchschlagender. He bedeutet vereinigen, in Einklang bringen; das Qi der Lungen-Leitbahn geht hier in die Tiefe und hat eine direkte Verbindung zu der Lunge. Außen und Innen vereinigen sich an den He-Punkten.

Betrachtet man die chinesische Medizinklassiker NEI JING (bes. Ling Shu) und NAN JING, so findet man für die Anwendung der antiken Punkte Wu Xing Shu Xue durchaus unterschiedliche, z.T. sogar widersprüchliche Aussagen.

Für den He-Punkt gilt:

  Ling Shu, Kap. 2: .,Im Herbst sollte man die He-Punkte der 12 Leitbahnen auswählen."

  Ling Shu, Kap. 4: "Krankheiten der Zang-Fu-Organe werden über die He-Punkte behandelt."

  Ling Shu, Kap. 6: "Wenn die Krankheit in der Haut lokalisiert ist, die dem Yang im Yang des Körpers entspricht, soll man die He-Punkte der Yang-Leitbahnen nadeln."

  Nan Jing, Kap. 68: "Über die He-Punkte lassen sich Krankheiten beherrschen, bei denen das Qi gegenläufig ist, und Durchfallerkrankungen."

  Ling Shu, Kap. 44: "Wenn die Leitbahnenergie des Patienten in Fülle (Shi) ist und Blutstauungen auftreten, sitzt die Krankheit im Magen. [...] In diesem Fall sollte man die He-Punkte nadeln".

  Nan Jing, Kap. 74: "Im Winter nadelt man die He-Punkte, wenn die krankmachende Energie (Xie Qi) in den Nieren sitzt."

  Sedierungspunkt: Im Sheng-Zyklus der fünf Wandlungsphasen ist Wasser das Kind von Metall, d.h. der Wasserpunkt Lu 5 die Kontaktstelle zum Nierenkind. Über Chi Ze ist eine Ableitung exzessiver Lungenenergie möglich, vorausgesetzt, die Nieren haben einen Mangel an Qi.

"Im Falle einer Leere (Xu) stärke (Bu) die Mutter, im Fall einer Fülle (Shi) schwäche (Xie) das Kind." (NAN JING, Kap. 69)

Bei einer Stauung des Lungen-Qi kann die Umwandlung in Wasser, d.h. zu Nieren-Qi nicht stattfinden. Die Mutter kann nicht loslassen und läßt ihr Kind hungern. Wir müssen der egoistischen Mutter einen Schubs geben, damit sie ihre Energie an das Kind abgibt. Diese Form des Energietransfers erfordert eine quantitative Bestimmung der Pulse hinsichtlich Fülle und Leere der einzelnen Funktionskreise nach dem Nan Jing.

Eine wichtige Funktion von Lu 5 = Chi Ze ist, das Absenken des Lungen-Qi zu fördern und so die Wasserwege nach unten durchgängig zu halten; dies ist ein weiterer Aspekt der Mutter-Kind-Beziehung von Lunge und Niere.

  Gui (Dämonen) -Punkt: Nach SUN Sl MIAO gibt es 13 Akupunkturpunkte, die seit alters verwendet werden, um Geisteskrankheiten, Epilepsie und andere schlagartig auftretende, wesensverändernde Erkrankungen zu behandeln. Man verstand solche Krankheiten im alten China auch als Dämonenangriffe und nadelte die Gui-Punkte zum Austreiben böser Geister. Die alternativen Namen für Lu 5, "den Dämon erleiden" und "Dämonenhalle", geben einen Hinweis auf schwerwiegende Störungen im geistig-seelischen Bereich.

 

BEDEUTUNG DES NAMENS:

 

Chi: ein Längenmaß, ein Fuß verschiedener Länge, variierend in der Geschichte Chinas. Ein Fuß = 10 Cun, heute ca. 0,36 m; der Ton G (Sol) in der diatonischen Skala.

Das Schriftzeichen zeigt eine geöffnete Hand, die sich zu einer Handspanne (Länge Daumen bis kleiner Finger) spreizt. (WIEGER, L. 32 F) Die Handspanne war unter der Zhou-Dynastie (1122-770 v.Chr.) die wichtigste Längeneinheit und maß 20 cm. Für Europäer ist Chi ein Fuß, für die Chinesen eine Hand. Die Elle heißt in China Chi, weil sie ungefähr ein Fuß lang ist.

In der chinesischen Medizin bezeichnet der Chi-(Fuß)-Puls die proximale Pulstaststelle am Handgelenk. Sie ist genau eine Handspanne (ein Chi) von der Ellenbogenfalte entfernt und reflektiert den energetischen Zustand der Yin-Energie. "Die Entfernung von der Schranke bis zum Fuß wird von den Yin-Energien des Organismus beherrscht." (NAN JING, Kap. 2)

Konkret ertasten wir an den Fuß-Pulsen den Zustand der Nierenenergie, links die Wasserniere und rechts die Feuerniere resp. Ming Men das Lebenstor.

Die Cun (Daumen)-Pulstaststelle gibt Aufschluß über den Zustand der Yang-Energie resp. links des Herz-Feuers und rechts der Lunge.

Ze: eine Wasserstelle, ein Sumpf, ein Moor, eine Marsch, feucht, schlüpfrig, fruchtbar, bereichern, befruchten, Wohltaten erweisen, begünstigen. Das Radikal ist Wasser, daneben das Bild eines Auges, das wachsam beobachtet und ausspioniert (vgl. WIEGER, L. 102 G).

Die Idee des Ideogramms ist: ein Gewässer, das nur mit Vorsicht und größter Wachsamkeit betreten werden sollte; ein trügerischer Sumpf. Ein Sumpf ist ein gefährlicher Ort, an dem man versacken und untergehen kann; hier ein Sinnbild des Schlechten, Krankhaften und Verkommenen. "Sumpfen" steht im Volksmund auch für liederlich leben oder verdorben sein.

Ein Sumpf ist aber auch ein Ort, dessen Boden mit viel Wasser durchtränkt ist und der seiner Umgebung Feuchtigkeit spendet. Torf als Extrakt eines Moores befruchtet den Boden und wirkt wohltätig auf das Wachstum der Pflanzen.

In der chinesischen Medizin bezeichnet Ze ein stehendes Gewässer, das in einer Vertiefung zu finden ist und Feuchtigkeit für eine größere Umgebung konserviert und bereithält. Im Mikrokosmos sind es Reizstellen mit regulierender Wirkung auf den Säftehaushalt. Man kann über sie Feuchtigkeit anregen ("befeuchten") und so Trockenheit kompensieren, aber auch Flüssigkeitsansammlungen ableiten, den Sumpf quasi trockenlegen. Schließlich wirken sie als Wasserpunkte kühlend auf alle Hitzeerkrankungen.

  Lu 5 Chi Ze = Sumpf in der Ellenbeuge bei Lungen-Hitze und Leere-Hitze im oberen Erwärmer

  P 3 Qu Ze = Sumpf an der Krümmung bei Hitze im Blut und Herz-Feuer-Symptomatik;

Dü 1 Shao Ze = kleinerer Sumpf bei Wind-Hitze (z.B. akute Tonsillitis) und zur Förderung der Milchbildung bei stillenden Müttern.

Chi Ze als Punktename:

Dieser Punkt ist in einer Mulde an der Ellenbeuge lokalisiert und hat eine klimaregulierende Wirkung auf seine Umgebung. Wie ein Sumpf spendet er Feuchtigkeit und wirkt wohltätig bei Erschöpfung der Körpersäfte Jin Ye und bei Hitze. Bei Stagnation der Körperflüssigkeiten, bei kaltem Schleim in der Lunge und Blockierung der oberen Wasserwege hilft Lu 5 = Chi Ze, den Schleim aufzulösen und die Wasserzirkulation wieder anzuregen. Lokal "schmiert" dieser Punkt die Muskeln und Sehnen im Ellbogenbereich und ist von Nutzen beim Tennis-Ellenbogen und bei Kontraktionen der Sehnen. Hier in Kombination mit Di 11 Qu Chi = Teich an der Krümmung.

Chi Ze hat eine Beziehung zum Yang-Aspekt des Wassers, der Blase, indem er die Wasserwege nach unten hin öffnet und den Harnfluß ermöglicht. In diesem Sinne wird er punktiert bei Harnverhaltung, wenn das Lungen-Qi durch Schleim blockiert ist und seine absenkende Funktion eingebüßt hat. Hier nadelt man sedierend (Xie) meist in Verbindung mit anderen "Öffnungs-" Punkten der unteren Wasserwege wie Yin Ling Quan (Mi 9) = Quelle am Yin-Hügel und Zhong Ji (Ren 3) = zentraler Pol, dem Mu-Punkt der Blase.

FUNKTIONEN:

tonisiert das Lungen-Yin (als Wasserpunkt)

leitet Lungen-Hitze ab (kühlende Funktion als Wasserpunkt)

korrigiert gegenläufiges Lungen-Qi (fördert die absenkende Funktion der Lunge)

löst Schleim (Tan) von den Lungen (klärt die oberen Wasserwege)

bewässert die Blase (öffnet die unteren Wasserwege)

entspannt die Sehnen (befeuchtend bei Kontraktionen)

stellt die Kontrolle der Leber durch die Lunge wieder hier (via Ke-Zyklus)

(Diese Funktion von Lu 5 habe ich nur bei Porkert/Hempen: Systematische Akupunktur gefunden. Sie hat sich in der Praxis bewährt bei Leber-Yin-Leere, wenn das Leber-Yang zu heftig nach oben schlägt und Reizbarkeit, Kopfschmerzen und Schlaflosigkeit verursacht. Hier kann Lu 5 das Lungen-Yin stärken und über den Ke-Zyklus das aufsteigende Leber-Yang regulieren).

reguliert die Funktionen der Eingeweide (als He-Punkt).

 

DER KLASSISCHE TIP:

(nach dem Qian Jin Fang)

Erbrechen mit Durchfällen, Schmerzen unter den beiden Seiten, heftiger Schmerz der Arme mit Unmöglichkeit, sie auszudehnen, Ödeme der Kehle, Gefühl von Fülle im Thorax, Mangel an Qi mit Schwerfälligkeit der vier Glieder, alle Krankheiten der fünf Zang-Organe.