ANDERE ÜBERSETZUNGEN:

– großer Wasserschlund (Porkert)
– Großquelle (Bachmann)
– tiefer Abgrund (Felix Mann)
– großer Strudel (WHO)
– Höllenschlund (eigene Übersetzung)

 

ALTERNATIVE NAMEN:

Tai Quan = größte Quelle
Gui Xin
= Dämonenherz

 

BESONDERE QUALIFIKATIONEN:

  • Yuan (Ursprungs)-Punkt: Es gibt zwölf Reizpunkte auf den zwölf Hauptleitbahnen, in denen das Yuan-Qi der Nieren besonders konzentriert ist. Das NAN JING schreibt dazu:

"Das ursprüngliche (Yuan-) Qi der Lunge erscheint im Tai Yuan. [...] Das Qi unterhalb des Nabels und zwischen den Nieren ist die Wurzel des menschlichen Lebens. Es ist die Quelle und Grundlage der zwölf Leitbahnen. Man nennt sie deshalb Ursprungs-energie. Der San Jiao ist ein besonderer Bote für die Weiterleitung des Yuan-Qi. [...] die Orte, an denen das Yuan-Qi verweilt, heißen Yuan (-Punkte)." (Kap. 66)

Auf den Yin-Leitbahnen fällt der Yuan-Punkt mit dem Shu (Erde) -Punkt zusammen, auf den Yang-Leitbahnen bildet er einen eigenständigen Punkt.

Für die Anwendung der Yuan-Punkte schreibt das LING SHU:

"Die Yuan-Punkte der fünf Zang-Organe befinden sich an den Extremitäten und sind wichtige Energiepunkte zur Behandlung von Erkrankungen der fünf Zang-Organe. Die Funktion der zwölf Ursprungspunkte ist am wichtigsten unter den 365 Punkten, in ihnen sammelt sich das Qi der fünf Zang- und sechs Fu-Organe. Störungen in den fünf Zang-Organen zeigen sich in den zwölf Yuan-Punkten mehr als in jedem anderen Punkt." (Kap. 1)

Im Ling Shu werden nur die Yuan-Punkte der fünf Zang-Organe (zwei auf jeder Seite = 10 Punkte) angegeben sowie die der oberen Region der Lebenszentren Gao, dessen Yuan-Punkt ist Ren 15 Jiu Wei und der unteren Region der Lebenszentren Huang mit seinem Yuan-Punkt Ren 6 Qi Hai. Gao Huang = die vitalen Zentren versammeln sich im Punkt Bl 43 Gao Huang Shu; diese klassische Betrachtung der Yuan-Punkte wird heute vernachlässigt.

Das NAN JING ergänzt: "Bei Erkrankungen der fünf Zang-und sechs Fu-Organe wählt man auf der entsprechenden Leitbahn den Yuan-Punkt zur Behandlung." (Kap. 66)

Zusammengefaßt haben die Yuan-Punkte folgende Aufgaben:

Verbindung zur ursprünglichen Energie, also wichtige Punkte für eine Konstitutionstherapie

Diagnose des Zustandes der energetischen Reserven eines Zang-Fu-Organs; eine spürbare/sichtbare Vertiefung oder Erschlaffung des umliegenden Gewebes zeigt eine Erschöpfung der angeborenen Reserven an

Aktivierung des zugehörigen Organsystems mit Yuan Qi. In diesem Sinne bedeutet das Nadeln der Yuan-Punkte das Aktivieren der Essenzen Jing

Das Yuan Qi ist die Quelle, der Zündfunken gewissermaßen, für das Qi aller zwölf Hauptleitbahnen. Die Verteilung der impulsgebenden Kraft des Yuan Qi obliegt dem San Jiao, der deshalb ein besonderer Bote für die Qi-Verteilung genannt wird.

Auf seinem Weg durch die zwölf Leitbahnen pausiert der Bote an den Shu-Punkten, die dem dritten antiken Punkt entsprechen; einer Stromschnelle vergleichbar, in der schon ein großes Potential vorhanden ist. Sie werden deshalb auch Ursprungs-Punkte genannt, weil hier die Energie wie aus einer Quelle unerschöpflich zu sprudeln scheint.

In den Yin-Leitbahnen finden wir außerdem in diesen Punkten auch konzentrierte Erde und damit erworbenes Vermögen vor. So erklärt sich auch das breite Wirkspektrum der Yuan-Punkte in seinen klassischen Indikationen.

So gesehen wäre die Akupunktur eigentlich eine einfache und sichere Therapie. Man bräuchte nur die Yuan-Punkte zu nadeln und der Organismus käme ins Gleichgewicht. Nach den Klassikern erscheint es so. Wir müssen uns aber auch darüber im klaren sein, dass wir aus dem Ursprung schöpfen, d.h. Erbenergie aktivieren, wenn wir die Yuan-Punkte nadeln.

Das angeborene Vermögen ist nicht wieder auffüllbar. Es ist ein Grundkapital, mit dem man wuchern, aber auch sparsam umgehen kann. Das alleinige Akupunktieren der Yuan-Punkte geht an die Reserven und kann sie vorzeitig erschöpfen. Im schlimmsten Fall verkürzen wir damit die Lebenserwartung des Patienten! Deshalb sind die Yuan-Punkte keine Allheilpunkte und schon gar nicht in jeder Behandlung (womöglich 3 x die Woche) zu nehmen!

Bei chronischen Krankheiten können die Yuan-Punkte einen Impuls setzen, der den erschöpften Mechanismus eines Organs wieder ankurbeln kann; vorher unkontrollierte Schwäche und verausgabte Kraft wird nun gebündelt und zielgerichtet eingesetzt. So macht es Sinn, die Yuan-Punkte als Katalysatoren einzusetzen. Wenn die "Maschine" dann wieder besser arbeitet, folgen andere Punkte, die mehr auf das erworbene Vermögen abzielen. Die Methoden der Mutter-Kind-Regel, der Mu-Shu-Methode oder auch der Xi-Spalt-Punkte stimulieren nachhimmlisches Qi, um ein Gleichgewicht herzustellen.

Die massive Nadelung der Yuan-Punkte kann den Zustand des Patienten nach anfänglicher Besserung wieder verschlimmern. So kann die durchaus gutgemeinte Wiederholung von Lu 9 Tai Yuan die Lunge zu heiß werden lassen und das Yin konsumieren: è Leere-Hitzezeichen wären die Folge. Eben solches kann beim Herzen, in der Leber und in der Niere passieren, besonders, wenn wir die Funktionen auf dem Boden einer schwachen Yin-Substanz anheizen wollen.

Resümee: Trotz der vielfältigen Wirkmöglichkeiten des Yuan-Punktes sollte man ihn nicht überstrapazieren; die alte Regel, bei unklaren Verhältnissen den "Quellpunkt" zu stechen, da er als Regulierungspunkt den gewünschten Effekt schon bringen wird, ist kritisch zu betrachten. Übermäßiger Gebrauch dieser Punkte erschöpft das Yuan-Qi und damit unser energetisches Grundkapital der Nieren, das nicht wieder auffüllbar ist.

Vorzuziehen sind andere Möglichkeiten des Energieausgleichs über die fünf antiken Punkte, über die große Energiezirkulation oder über die Mu/Shu-Punkte am Bauch und Rücken.

  • Shu (Strom)-Punkt: Tai Yuan ist der dritte der fünf antiken Punkte. Am Shu-Punkt ist das Leitbahn-Qi mächtiger geworden, vergleichbar einem kleinen Fluß mit Stromschnellen darin. Ein Strom ist in der Lage, Gegenstände (z.B. Boote oder Treibgut) aufzunehmen und zu transportieren.

Der Energiefluß am Shu (Strom) -Punkt ist größer und tiefer als z.B. am Ying (Bach) -Punkt. An diesen Stellen können krankmachende Faktoren von außen aufgenommen und ins Inneres weitergeleitet werden. Daher rührt auch die Übersetzung "Transport" für Shu. Gleichzeitig kann an diesen Punkten Wei Qi konzentriert werden zur Abwehr der üblen Einflüsse Xie Qi.

Der Teminus Shu ist in der Akupunktur auf vier Ebenen zu betrachten:

  1. als allgemeinste Bezeichnung für jede Art von Energiepunkt
  2. (Shu Xue = Transport -Höhle);

  3. etwas spezifischer für besondere Reizpunkte am Rücken
  4. (Bei Shu Xue = Transport-Höhlen des Rückens, auch "Zustimmungs-Punkte"

    genannt);

  5. noch spezifischer als Name für die fünf Transport-Punkte (Wu Shu Xue);
  6. eng umfassend den dritten der fünf Transport-Punkte, der Shu (Strom)-Punkt

der Leitbahn.

Klinische Anwendungen des Shu-Punktes:

Nan Jing, Kap. 68: die Shu-Punkte sind Eintrittspforten für bioklimatische Faktoren, daher sind sie wichtig für die Behandlung von Bi-Syndromen; hier besonders als Ausleitungspunkte von Nässe (die Shu-Punkte der Yin-Leitbahnen entsprechen der Wandlungsphase Erde und so der Feuchtigkeit) und Wind (die Shu-Punkte der Yang-Leitbahnen entsprechen der Wandlungsphase Holz und so dem Wind)

Ling Shu, Kap. 44: bei Krankheiten mit intermittierendem Charakter

Ling Shu, Kap. 4: bei Erkrankungen der zwölf Hauptleitbahnen

Ling Shu, Kap. 6: bei Erkrankungen der fünf Zang-Organe, welche das Yin im Yin darstellen, sollte man die Ying- und die Shu-Punkte nadeln

Nan Jing, Kap. 74: nach den Jahreszeiten im Spätsommer und in den Übergangspha-sen der Jahreszeiten, wenn die krankmachende Energie in der Milz sitzt

 

Erde-Punkt: Lu 9 Tai Yuan ist qualifiziert durch die Wandlungsphase Erde und korrespondiert mit dem Spätsommer und der bioklimatischen Energie Feuchtigkeit. Die Erde ist die zentrale Instanz der Assimilation und Integration von Fremdeinflüssen. Sie entspricht unserem erworbenen Vermögen und harmonisiert alle energetischen Prozesse in uns. Über die Erdpunkte bekommen wir Kontakt zur Mutter in uns, die uns hegt und pflegt, die uns ernährt, uns eine Heimat gibt und unsere Mitte aufrechterhält. Wann immer das Gleichgewicht gestört oder die Mitte verlorengegangen ist, können wir die Erdpunkte nadeln, um Schwankungen auszugleichen und den Patienten "nach Hause" zu bringen.

Dies erklärt uns die große Wirkung von Ma 36 Zu San Li auf allen Ebenen!

Zu = am Bein, Fuß

San = Drei (3), ein Symbol für das Dritte, das aus der Spannung von Yin und Yang entsteht, der mensch oder allgemeiner Qi

Li = ein Heimatdorf, ein Wegemaß, ein Weiler, ein kleines Dorf mit 50 Familien

zusammen "Heimat des Qi am Fuß" ist gleichzeitig der Erde-Punkt in der Erde, der Ben (Grund) -Punkt aller nährenden Mütter im Mikrokosmos!

Ma 36 hat den Beinamen "göttlicher Gleichmut", ein Zustand, der sich einstellt, wenn die Mitte stabil ist. Wegen der Beziehung zur Feuchtigkeit kann die Erdschranke pathogene Nässe und Schleim ausleiten, im Wechsel der Jahreszeiten nadeln wir die Erdpunkte harmonisierend Ping, um jahreszeitliche Schwankungen auszugleichen.

Die irdische Entsprechung der Wandlungsphase Erde ist der süße Geschmack Gan, der anregt, kräftigt, tonisiert, harmonisiert, entspannt und befeuchtet. Erdpunkte haben deshalb immer auch eine anregende Wirkung, besonders auf das Qi und das Yin der entsprechenden Organfunktion.

Lu 9 Tai Yuan als Erdpunkt tonisiert das Lungen-Qi, befeuchtet das Lungen-Yin und harmonisiert den Zusammenfluss von himmlischer und irdischer Energie im Altar der Mitte am Punkt Ren 17 Dan Zhong, dort wo das Zong Qi sich versammelt.

  • Tonisierungs (Mutter) -Punkt: Im Sheng-Zyklus der fünf Wandlungsphasen ist Erde die Mutter von Metall, Lu 9 als Erdpunkt die Kontaktstelle zur Mutter Milz. Bei einem Mangel an Lungen-Qi kann über Tai Yuan Energie von der Milz herangezogen werden, wenn dort ein Überfluß vorhanden ist.

Geistiger Pate für diesen Energietransfer ist wiederum das NAN JING, in dem es heißt: "Im Falle einer Leere stärke die Mutter, im Falle einer Fülle schwäche das Kind."

(Kap. 69)

  • Für die Anwendung der Mutter-Kind-Regel ist die Nadeltechnik mit entscheidend, da die Tonisierungspunkte nicht per se tonisieren, sondern auch noch andere Eigenschaften haben. D.h. wir müssen die Nadel auffüllend (Bu) manipulieren: langsamer Einstich in der Exspirationsphase des Patienten, Einstich im Verlauf der Leitbahn, schnelles, kräftiges Versenken der Nadel im Uhrzeigersinn, langsames Anheben entgegen, eventuell gekoppelt mit der 9-fachen Ausführung dieser Technik.
  • Versammlungs (Hui)-Punkt der Gefäße: Es gibt acht spezifische Punkte, in denen sich bestimmte organische und energetische Strukturen versammeln (Hui). In diesen Punkten haben jene Strukturen ihre artgemäße Vertretung und können daher therapeutisch besonders intensiv beeinflußt werden. Man bezeichnet sie deshalb auch als Meisterpunkte. Auch dieses Konzept ist im NAN JING erstmalig formuliert:

"[...] die Gefäße versammeln sich am Tai Yuan-Punkt." (Kap. 45)

Der Terminus für Gefäße ist Mai und bezeichnet eigentlich die aktive Verteilung des Blutes durch den Pulsschlag, die pulsierenden Adern, welche das Blut in den Gefäßen bewegen.

Die Lunge ist einem Minister vergleichbar, von dem ein geordneter Rhythmus ausgeht (SU WEN, Kap. 8), sie ist die Instanz für alle rhythmischen Bewegungen, so auch für den Pulsschlag. Das NAN JING empfiehlt die Anwendung der acht Hui-Punkte besonders bei Hitze in den entsprechenden Strukturen (ebenda).

Lu 9 tonisierend genadelt, hebt den Puls an und kann auch bei allgemein schwachen Pulsen genadelt werden, um das Bild zu klären und überhaupt einen Puls zu fühlen.

  • Dämonen (Gui) -Punkt: Diese Punktekategorie ist besonders wirksam bei akuten Geisteskrankheiten, Anfallsleiden und Besessenheit, die im alten China als Dämonenangriffe betrachtet wurden. Gui Xin = Dämonenherz, ein alternativer Name von Lu 9, deutet auf eine zentrale Einwirkungsmöglichkeit bei oben genannten Leiden hin.

 

BEDEUTUNG DES NAMENS:

 

Tai: sehr groß, wertvoll, das Höchste, das Tiefste, äußerst, sehr, außerordentlich, ein Zeichen des Superlativs; das Schriftzeichen zeigt einen Menschen, der durch das Ausbreiten seiner Arme Größe darstellen möchte (vgl. WIEGER, L. 60 A).

Yuan: ein tiefes Gewässer, ein Abgrund, tief, gründlich, eine unendliche Tiefe, ein Wasserstrudel; das Schriftzeichen zeigt strudelndes Wasser, einen Wasserfall, der in den Abgrund stürzt (vgl. WIEGER, L 125 C).

Weitere Bedeutungen von Yuan sind:

– eine Bezeichnung für die rollenden Klänge einer Trommel;

– der Name für einen gebogenen Gegenstand bzw. ein Ort in einer Biegung;

– ein chinesisches Längenmaß von circa fünf Fuß (Chi).

 

Tai Yuan im Punktenamen bedeutet:

Dieser Punkt entspricht einem äußerst tiefen Gewässer, er ist die zentrale Energiebasis der Hand Tai Yin - Lungen-Leitbahn. Das Qi der Leitbahn ist hier vergleichbar mit dem klaren, kühlen Wasser aus einer unerschöpflichen Quelle. Es erfrischt und befeuchtet den ganzen Organismus.

In seiner Eigenschaft als Shu (Strom) -Punkt und Yuan (Ursprungs) -Punkt ist Lu 9 ein Versammlungsort für die Feuchtigkeit der Erde und das Nieren-Wasser. Angeborenes und erworbenes Potential strömen zusammen wie ein mächtiger Wasserstrudel mit unerschöpflichen Reserven. Auch der alternative Name "Tai Quan" = wichtigste Quelle weist darauf hin.

Ein Homonym von Yuan mit anderem Schriftzeichen bedeutet Ursprung und ist, wie oben erwähnt, der Name für das Yuan-Qi in den Yuan-Punkten.

Der JADEKLASSIKER DER GELBEN HALLE Huang Ting Yu Jing, ein bedeutender Text über daoistische Alchimie aus dem 3. Jahrhundert n. Chr. schreibt:

"Tai Yuan bedeutet das Zurückholen der Flüssigkeit aus den sieben Toren, [...] Tai Yuan ist der Jadesaft, süß wie Malzzucker, der aus dem Jadeteich entspringt. Der Jadeteich verschluckt diese Flüssigkeit 36 mal und läßt sie ins Dan Tian eintreten. Deshalb heißt es: der Jadesaft befeuchtet die Wurzel der Wirkungskraft Jing. So öffnet und durchdringt man die 100 Adern, deshalb ist der Mund der Beginn von Blut und Säften."

Hier wird der Prozess der "Veredelung" des gemeinen Speichels in einen wertvolleren Speichel beschrieben, der z. B. im Verlauf daoistischer Meditations- und Sexualpraktiken entsteht und die Essenzen Jing ergänzen. Das Schlucken dieses Jadesaftes (auch im intimen Küssen) stärkt also die Nierenessenz.

Unter Dan Tian verstehen wir drei Bereiche im menschlichen Körper, in denen die drei ursprünglichen Kräfte Shen, Qi und Jing gespeichert werden: Das obere Dan Tian ist der Wohnsitz von Shen (entspricht der Stelle Yin Tang zwischen den Augenbrauen); das mittlere Dan Tian beherbergt Qi (entspricht der Stelle Dan Zhong = Ren 17 in der Brustmitte); das untere Dan Tian speichert Jing (dies entspricht dem Punkt Guan Yuan = Ren 4 im unteren Abdomen).

Die Wurzel der Wirkungskraft liegt entweder unter der Zungenwurzel oder im unteren Dan Tian. Beides sind Orte der Nierenessenz.

In diesem Zitat beschreibt der Jadeklassiker den Anteil der Lungengottheit, der Shen in der Lunge = Po im alchimistischen Prozeß der Rückgewinnung von wertvollen Essenzen. Der Passus: "So öffnet und durchdringt man die 100 Adern (Mai), deshalb ist der Mund der Beginn von Blut und Säften" erinnert an die Funktion von Lu 9 Tai Yuan als Meisterpunkt der Gefäße.

Der Daumenpuls am Handgelenk wird auch als Qi Kou bezeichnet = Energie-Mund (NAN JING, Kap. 1). Vielleicht ist das Zitat aus dem "Jade-Klassiker" auch auf diesen Energiemund zu beziehen?

 

Auf jeden Fall ist Tai Yuan eine Bezeichnung für die zentrale Einmündung der Körpersäfte, besonders für Speichel und Schweiß. Der Speichel ist der Saft der Milz (Erde) und der Niere (Wasser), der Schweiß die Flüssigkeit des Herzens (Feuer). Sie reguliert über die Haut die Körperschicht der Lunge (Metall). Tai Yuan ist in der Lage, bei Hitzeerkrankungen das Schwitzen anzuregen sowie bei Mundtrockenheit die Speichelsekretion zu fördern als unerschöpfliche Wasserquelle im Körper.

Tai Yuan ist schließlich eine Metapher für das Schlagen der Trommel. Ein Vers aus dem klassischen Gedicht "Das Lied vom Pflücken der Xiong-Pflanze" lautet:

"tief rollte der Klang seiner Trommel", wobei Yuan Yuan als Verdopplung den dumpfen Klang einer Trommel symbolisiert. Der Kommentar dazu: "das Innere der Lunge ist hohl und hat die Form einer Trommel."

In der Entsprechungsmagie der fünf Wandlungsphasen ist die Trommel das Musikinstrument der Wandlungsphase Erde.

Die Trommel Gu wurde im alten China viel zu zeremoniellen Zwecken verwendet. Ihr Klang weckte die Lebensgeister der Zuhörer und wirkte aufmunternd und antreibend. Im Krieg gab die Trommel das Zeichen zum Angriff und Ausschwärmen, während die Glocke das Signal zum Sammeln war. Bevor man die Stadttore schloß oder den Markt beendete, wurde die Trommel gerührt. Vor jedem Gerichtsgebäude hing eine Beschwerdetrommel, die jeder, der eine Beschwerde vorzubringen hatte, anschlagen konnte. In daoistischen Tempeln wurde abends die große Trommel geschlagen und die Glocke antwortete ihr.

Das Buch der Riten Li Ji schreibt über die Trommel:

"[...] der Klang der Trommel und Tambourine ist roh und gewalttätig. Er erregt Tapferkeit und vorwärts gerichtete Bewegung. Wenn ein gebildeter Mensch den Klang von Trommein und Tambourine hört, denkt er an große Generäle, die ihre Truppen ins Schlachtfeld führen."

Die Analogie der Trommel für Tai Yuan ist eindeutig:

Einerseits ist Lu 9 der Erde-Punkt auf der Lungenleitbahn (die Glocke als Musikinstrument des Metalls vervollständigt das Bild), andererseits ist die Nadelung dieses Punktes ebenso anregend wie der Klang einer Trommel.

Lu 9 Tai Yuan ist ein wichtiger Punkt für die Erste Hilfe bei Atemstillstand, Kollaps, Schock, Vergiftungen und anderen traumatischen Ereignissen. Ein kaum tastbarer Puls als Zeichen einer allgemeinen Erschöpfung kommt nach Nadelung dieses Punktes wieder "hoch" und deutet an, daß die Lebensgeister wieder erweckt sind.

Schließlich befindet sich Tai Yuan an einer bogenähnlichen Stelle an der lateralen Grenze der Handgelenksarterie, so daß die zusätzliche Bedeutung von Yuan als Hinweis auf die Lokalisation dieses Punktes gerechtfertigt ist.

 

FUNKTIONEN:

  • reguliert und aktiviert das Lungen-Qi (bei allgemeiner Erschöpfung)

  • hustenstillend (besonders bei chronischem Husten)

  • tonisiert das Zong-Qi (Wirkung auf Stimme, Atmung und Pulsschlag)

  • reguliert den oberen Erwärmer (Einwirkung auf Rachen und Mundhöhle)

  • "klärt" Lungen-Hitze (Hitze im Inneren, Leber-Feuer)

  • "lockert" die Oberfläche (bei akuten Windaffektionen)

  • befeuchtet die Lunge (bei Lungen - Yin-Schwäche)

  • transformiert Schleim (Asthma, Emphysem)

  • reguliert den Säftehaushalt (verteilt die Flüssigkeiten)

  • macht die Leitbahnen und Nebengefäße durchgängig (Schmerzzustände im Leitbahnverlauf)

  • fördert die Blut- und Qi-Zirkulation in den Adern (Pulslosigkeit)

 

DER KLASSISCHE TIP:

(nach dem Nei Jing Ling Shu)

zu Beginn einer Geisteskrankheit und bei Anfällen von Manie; bei fieberhaften Erkrankungen, um das Schwitzen anzuregen; bei Patienten, die an Herzschmerzen leiden, welche durch gegenläufiges Qi verursacht sind. Der Kranke hat leichte Herzschmerzen in der Ruhe, jedoch starke Herzschmerzen bei Bewegungen des Körpers. Man nennt dies: das Lungen-Qi hat das Herz verletzt. Für die Behandlung dieser Erkrankungen wählt man den Punkt Tai Yuan Lu 9.