Diplomarbeit

 

 

Ethik

- Über die Tugenden eines Therapeuten der chinesischen Medizin -

 

 

 

 

 

Diplomarbeit von Anna Blaack, April 2000

TCM - Kurs 1997-2000

Ausbildungszentrum Nord -Udo Lorenzen.

 

Inhaltsverzeichnis

 

 

 

 

 

Vorwort

I.1. Definitionen von

I.1.1. Ethik

I.1.2. Moral

I.1.3. Tugend

I.2. Was ist der Sinn, Zweck von Ethik? / Versuch einer Antwort

I.3.1. Ein kurzer geschichtlicher/philosophischer Abriß der Ethik des Abendlandes

I.3.2. Medizinethik, westliche/chinesische Entwicklung

II.1. Beispiele medizinischer Ethikformeln

II.2. Ethisch leben am Beispiel von: Astrid Lindgren

Mutter Teresa

Thich Nhat Hanh

Hermann Gmeiner

 

 

 

III.1. Zielsetzungen des TCM – Therapeuten heute, im Vergleich zu den Bedingungen des Sun Szu Miao

III.2. Theoretische Ethikformel des TCM – Therapeuten und eine praktische Anleitung dazu

IV Fazit

 

Quellenverzeichnis

 

Vorwort

 

 

Überragende Tugend wirkt ohne Mühe, deshalb ist sie wirksam.

Mindere Tugend ist mühsam, deshalb hat sie keine Wirkung.

Überragende Tugend wirkt durch Nicht – Tun und ist absichtslos.

Mindere Tugend wirkt durch Einmischung und ist eigennützig.

Überragende Güte zeigt sich im Handeln ohne Eigennutz.

Überragende Gerechtigkeit zeigt sich im Handeln und im Eigennutz.

Überragende Etikette zeigt sich darin, daß jeder sie hochschätzt,

aber niemand ihr entspricht.

So krempelt sie die Ärmel hoch und erzwingt ihre Beachtung!

Geht das Dao verloren, tritt Tugend an ihre Stelle.

Geht die Tugend verloren, folgt die Güte hinterher.

Geht die Güte verloren, erscheint die Gerechtigkeit.

Geht die Gerechtigkeit verloren, bleiben nur noch die Etikette und Rituale.

Dieses jedoch ist die erbärmlichste Form des Vertrauens,

denn sie bringt nur Chaos in die Köpfe der Menschen.

Das, was man die Vorsicht nennt, ist nur eine Erscheinung des Dao

Und der Anfang der Unwissenheit.

Deshalb der Weise:

Er verweilt beim Gehaltvollen und nicht bei den Hülsen,

er wählt die Frucht und nicht die Blüte,

so weist er das Letztere zurück und nimmt das Erstere.

 

( 38. Kapitel des Dao De Jing, Übersetzung Udo Lorenzen )

 

 

 

 

Dieser alte Text aus dem Dao De Jing über die Tugend macht einen neugierig hinter die Worte von Tugend, Gerechtigkeit, Güte und Etikette zu schauen. Ich hoffe, daß es mir mit meiner Arbeit gelungen ist, daß diese weisen Worte am Ende erneut gelesen, mehr Gehalt bekommen.

Als Hebamme bin ich im besonderen Maße eine Praktikerin und darum ist mein Anliegen bei dem Thema Ethik, neben der theoretischen Beschäftigung, einen praktischen, lebensnahen Lösungsansatz zu finden.

Beim Lesen, zusammenstellen und schreiben dieser Arbeit war auffallend wie sich plötzlich die Ethik vehement in mein persönliches und berufliches Leben einschlich. Ich merkte wie ich ständig fast alles aus dem ethischen Blickwinkel betrachtete. Diese Zeit war also eine gute Bereicherung für mich und sogar für mein soziales Umfeld.

Am Ende des 20. Jahrhundert beschäftigt sich die Gesellschaft vermehrt um ethische Werte, weil uns allen klar wird, daß es, zum Teil durch die Schnellebigkeit der Zeit, durch die rasante technische, medizinische, biologische und genetische Entwicklung, zu einem Werteverlust gekommen ist. Unsere alten moralisch – ethischen Vorstellungen passen nicht mehr, ja gelten als absolut verstaubt und überholt. Das heißt es muß ein neues Bewußtsein her, eine neue sprachliche Übersetzung der alten Begriffe und die neusten Entwicklungen in unserer Geschichte müssen mit einbezogen werden. Dabei ist es wichtig ethische Grundwerte zu entwickeln und anschließend zusätzlich die für jedes Teilgebiet mögliche Anpassung zu erreichen.

Bei meiner Arbeit habe ich mich auf das Teilgebiet ethisch leben und einer Ethikformel für TCM – Therapeuten begrenzt. Wobei nach meiner Vorstellung ethisch leben zu den Grundwerten der Ethik gehört.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

I.1.Definitionen

I.1.1. Ethik

von griechisch ethos = Brauch, Sitte, als Disziplin der Philosophie die wissenschaftliche Lehre von allem Sittlichen. Die Grundfragen der Ethik richten sich auf das Gute als Richtschnur rechten – und vernünftigen – Handelns. Die Prinzipien, an denen die Ethik ihre Aussagen methodisch und inhaltlich ausrichtet, sollten demnach ihre Maxime entsprechend allgemein gültig und vernünftig einsehbar sein, also ohne Berufung auf höhere Autoritäten und Konventionen auskommen.

Die philosophische Ethik ist daher zu unterscheiden von der theologischen Ethik ( Moraltheologie ), die sich auf den Moralkodex des in der Kirche institutionalisierten Glauben stützt. Das wesentliche Kennzeichen der Philosophie, und somit auch der philosophischen Ethik, ist die Offenheit des Fragens. Dies unterscheidet sie wesentlich von der Theologie, die an die Stelle der Fraglichkeit das Dogma von der Offenbarung Gottes setzt.

Die philosophische Ethik und ihre Schulen können in mehrfacher Weise untergliedert werden. Eine grundlegende Unterscheidung ist jene zwischen der sogenannten Gesinnungs- und der Verantwortungsethik.

Für ein gesinnungsethisches Konzept steht die Frage nach dem handlungslenkenden Motiv im Vordergrund; ihre Konzeption zufolge heiligt der Zweck das Mittel: Gilt der Beweggrund der Handlung als gut, so gilt das Gleiche für die Handlung. Für eine Verantwortungsethik gelten hingegen die von dem Handeln bewirkten Folgen als Maßstab der Bewertung.

Methodisch und von ihrem leitenden Erkenntnisinteresse her, lassen sich heute drei Grundformen der Ethik unterscheiden: empirische, normative und die

Meta – Ethik. Die empirische Ethik beschreibt und erklärt die vielfältigen Ausprägungen von Moralität und Sittlichkeit und wird auf Grund ihres beschreibenden Moments alternativ auch deskriptive Ethik genannt. Mit der sprachlichen Form, der Methode und der Funktion der Ethik befaßt sich die Meta – Ethik. Die normative Ethik ist Ethik im eigentlichen Sinne; sie zielt auf allgemein verbindliche Aussagen. Innerhalb der normativen Ethik läßt sich eine weitere Unterscheidung machen – der formalen Ethik geht es um den Nachweis von Prinzipien, mit denen eine Handlung bewertet werden kann, die materiale Werte – Ethik orientiert sich an bestimmten Wertinhalten.

 

 

 

 

I.1.2. Moral

von lateinisch moralis = die Sitte betreffend, System von Werten und Normen sowie deren Umsetzung im täglichen Leben, oft auch im Zusammenhang mit Sittlichkeit gebraucht. Moralvorstellungen unterliegen allgemein einem historischen Wandel; sie können sowohl individuell wie auch gemeinschaftlich gebildet werden, wobei Individualmoral und gesellschaftliche Moral nicht unbedingt deckungsgleich sein müssen.

Die Fähigkeit zur Unterscheidung zwischen "gut" und "böse", "falsch" und "richtig" ist ein Ergebnis von Erziehung und Sozialisation. Als besonders wichtige moralische Instanz gilt traditionell die Religion. Sinn, Zweck und Wesen der Moral sind Gegenstand verschiedener Wissenschaften, wie in erster Linie der Philosophie und Theologie, aber auch der Soziologie und Psychologie.

Die Moral stellt den für die Menschen grundlegenden normativen Rahmen für ihr Verhalten vor allem gegenüber ihren Mitmenschen dar. Die geltende Moral bildet sich aus einem Komplex von Verhaltensregeln, Wertmaßstäben und Vorstellungen vom Sinn des Lebens.

Moral soll nicht nur durch eine stillschweigende Übereinkunft gelten, sondern sie soll für alle Menschen gültig sein. Sie betrifft nicht bloß Personen, sondern auch öffentliche Institutionen mit ihren sozialen, politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Ordnungen.

In der griechischen Antike war ursprünglich nur von ethos die Rede. Damit bezogen sich die Philosophen auf die Einheit des Guten, dessen was sich gehört, sowie des Gerechten. Von ethos stammt der Ausdruck Ethik, womit die von Aristoteles geschaffene philosophische Disziplin gemeint ist.

Moral, zunächst nur das lateinische Äquivalent von "Ethik", bezieht sich dagegen auf die tatsächliche Anerkennung und Verwirklichung von sittlichen Werten und Normen im praktischen Leben der Menschen. Die Moral sollte auf einer allgemeinen Grundübereinstimmung über die Achtung der Menschenwürde, die Ablehnung von Zwang und die Minderung von Leiden beruhen. Gegenüber moralischen Vorstellungen anderer Gruppen sollte Toleranz gelten, was nicht heißt, daß grundlegende moralische Werte aufzugeben sind. Die Moral sollte demnach offen sein für Veränderung und Kritik, um ihren Geltungsansprüchen in sich wandelnden Gesellschaften gerecht zu werden.

 

 

 

 

 

 

 

 

I.1.3. Tugend

Althochdeutsch = tugund, von tugan = taugen, das beständige Bestreben, das eigene Handeln auf das Sittlich – Gute auszurichten. In der Frühantike war die Tugend das von den Eltern auf ihre Kinder häuslich zu übertragende Erziehungsideal der Aristokratie. Mit dem Aufkommen der Demokratie im klassischen Griechenland boten sich die Sophisten den wohlhabenden Politikern aus Handel und Gewerbe als Tugendlehrer an.

Sokrates warf die Frage auf, ob die Tugend überhaupt lehrbar sei. Nach sokratisch – platonischer Auffassung kann nur derjenige tugendhaft handeln, der weiß, was die Tugend ist.

Platon unterschied fünf einzelne Tugenden: Gerechtigkeit, Frömmigkeit, Weisheit, Tapferkeit und Besonnenheit.

Nach Aristoteles wird die Tugend durch tugendhaftes Handeln erworben. Aristoteles unterscheidet die theoretischen Tugenden (Vernunft, Wissenschaft, Weisheit, Kunst, Einsicht) von den ethischen Tugenden (Besonnenheit, Gerechtigkeit, Freigebigkeit, Großherzigkeit, Freundschaft, Wahrhaftigkeit, Milde, Gewandtheit, Tapferkeit), wobei die ethischen Tugenden auf Mitte und Maß (z.B. bei der Freigebigkeit zwischen Geiz und Verschwendung) ausgerichtet sind.

In der Stoa bezeichnet die Tugend ( lateinisch virtus ) das zugleich naturgemäße wie vernunftgeleitete Handeln. Das frühe Christentum griff den Begriff virtus zur Kennzeichnung von Frömmigkeit und Demut auf.

Dem mittelalterlichen Adel galt die courtesia (deutsch Höflichkeit) als ritterliche Tugend und standesgemäße Verhalten bei Hofe.

Die Volksreligionen beziehen die Tugend auf das Wohl und Wehe des Volkes. So war etwa im alten China die Regierungsfähigkeit und heilsame Wirksamkeit des Kaisers von dessen Tugend abhängig.

 

Aus dem Gesagten läßt sich formulieren, daß Ethik die Grundlage, Moral die Regeln allgemeiner Art und Tugend die Richtschur des Handelns beinhaltet.

 

 

 

 

 

 

I.2. Was ist der Sinn und Zweck von Ethik?

Versuch einer Antwort.

Meiner Ansicht nach ist der Versuch ethisch zu leben, das was dem ( meinem ) Leben einen Sinn gibt. Es bedeutet, daß ich auf bestimmte Weise darüber nachdenke, wie ich lebe, wo, in welchem Rahmen , und daß ich versuche danach zu handeln. Ich muß dabei bedenken, daß andere Menschen von meinem Handeln/Nichthandeln betroffen sind.

Auf kurze Sicht erscheint ethisch leben/ gut sein anstrengend, mühselig und widerspricht häufig den eigenen Interessen.

Auf längere Sicht hingegen stellt sich eine Befriedigung in meinem Leben ein, die ich nie durch äußere Dinge, Konsum, Macht oder ähnliches erreiche. In einem ethischen Leben gebe ich mir andere und größere Ziele und verleihe damit meinem Leben einen Sinn. Es ist keine Selbstaufopferung sondern Selbsterfüllung. So eine ethische Lebenseinstellung verbietet mir nicht die Freude an Wein und Essen, aber sie verändert die Prioritäten.

Ethisch leben ist nicht die einzige Möglichkeit meinem Leben Inhalt und Wert zu verleihen, aber es bietet eine beständige und sichere Grundlage auf der ich aufbauen kann.

Oft mag einen der Riesenberg von Aufgaben schier erdrücken, man fühlt sich machtlos, hilflos und klein und es keimt das Gefühl auf nichts bewirken zu können, aber letzten Endes bewahrheitet sich das Sprichwort: Steter Tropfen höhlt den Stein.

Es gibt zahllose Beispiele von großen und kleinen Menschen, die einfach handeln und das ist richtig und gut so, denn nur eine praktische Ethik ist eine wirkliche Ethik. Ethisch leben bedeutet nicht nur die richtige Einstellung zu haben und die richtige Meinung zu äußern, sondern die Ethik in meinem normalen Leben zu integrieren.

Jeder Einzelne für sich muß den ersten Schritt tun; wenn nur 10% der Bevölkerung bewußt ethisch leben und handeln, dann wäre damit wesentlich mehr erreicht als irgendein Regierungswechsel. Ethisch leben ist eine realistische und tragfähige Alternative zur momentanen materialistischen Selbstsucht. In der praktischen Ausübung erweist sich das ethische Leben als ein funktionierendes Lebensmodell, was den Konflikt zwischen Ethik und Eigeninteresse dadurch überwindet, daß es zeigt das Zusammenarbeit allen Seiten Vorteile bringt.

Da es im täglichen Leben nicht immer möglich ist sich komplizierten philosophischen Überlegungen hinzugeben sind moralische Regelwerke, dem Zeitgeist angepaßt, eine wünschenswerte Einrichtung, sie sollten aber nicht als absolute moralische Weisheit definiert werden, sondern als verläßliche, schlichte Richtlinien für den Normalfall.

 

 

I.3.1. Ein kurzer geschichtlicher/philosophischer Abriß der Ethik des Abendlandes

Die Geschichte der abendländischen philosophischen Ethik beginnt bei Sokrates und Platon. Im Streit mit den Sophisten ging es um den Nachweis der Lehrbarkeit der Tugend, also einer spezifischen Art der Tüchtigkeit. Die Grundfrage der praktischen Philosophie des Aristoteles, der die Ethik als eigenständige philosophische Disziplin neben Logik und Physik etablierte, war die Frage nach Mitte und Maß als den Kriterien für vernünftiges Handeln

(" goldene Mitte"). Praktisch im aristotelischen Sinne ist Philosophie dann, wenn sie nicht auf jedes grundsätzliche Wissen um seiner selbst willen zielt, sondern ihren Sinn und Zweck aus der Praxis bezieht.

Die Ausrichtung auf die Praxis verlangt deshalb im Vorfeld die Klärung der Frage, welchem Zielhorizont wir unser praktisches Handeln verpflichtet sehen. Dieser Zielhorizont selbst muß bereits als vernünftig einleuchten, damit das ethische Postulat als Verpflichtung gilt.

Die Ethik der Stoa gründet sich auf ein von Natur gegebenes Gesetz, das lex naturae, mit dem es in Einklang zu leben gilt. Thomas von Aquin versuchte die Idee eines solchen Naturgesetzes mit dem Dogma der christlichen Offenbarung zu verbinden und entwickelte ein umfassendes theologisch – philosophisches System, das über das gesamte Mittelalter großen Einfluß hatte, wenngleich der theologische Begründungszusammenhang allmählich in den Hintergrund trat.

Ein dem Rationalismus zugehörendes, die Pflicht auf die angeblich mechanisch determinierte Natur des Menschen zurückführendes Ethikverständnis gewann durch Thomas Hobbes im 17. Jahrhundert an Bedeutung. Dagegen wandten sich die Vertreter einer Gefühls – und Gewissensethik, unter ihnen Adam Smith und Francis Hutcheson. Zugleich vertrat David Hume ein ethisches Konzept, in dessen Zentrum die Nützlichkeit stand. Hieran knüpften später John Stuart Mill und Jeremy Bentham an, die prominentesten Vertreter der sich im 19. Jahrhundert in England entwickelnden Ethik des Utilitarismus.

Einen epochalen Einschnitt in die Geschichte der philosophischen Ethik bedeutete der Formalismus Immanuel Kants. Kant gründete seine Sittenlehre auf den kategorischen Imperativ, demgemäß der freie und als solcher seiner Pflicht gehorchende Mensch nur nach derjenigen Maxime handeln solle, durch die er dieselbe zugleich als allgemeines Gesetz wollen könne (" Handle stets so, daß die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne").

Max Scheler und Nicolai Hartmann erlangten im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts mit einer phänomenologisch orientierten materialen Werte – Ethik großen Einfluß.

An die praktische Philosophie Kants anknüpfend legte John Rawls zu Beginn der siebziger Jahre eine Theorie der Gerechtigkeit vor, die weltweit große Aufmerksamkeit erlangte. Sie ist ein groß angelegter Versuch, Kriterien zur Beantwortung der Frage aufzuweisen, ob eine Gesellschaft dem Postulat der Gerechtigkeit gemäß eingerichtet ist, oder nicht. Dabei legte Rawls einen Katalog von Rechten vor, auf die jedes Individuum Anspruch hat.

In Deutschland haben Karl Otto Apel und Jürgen Habermas eine Diskursethik entwickelt, die einen repressionsfreien, vernünftigen ethischen Diskurs fordert und die Bedingungen der Möglichkeit für einen solchen Diskurs zu schaffen als gesellschaftliches Sollen aufweist. Unter dem Eindruck der in ihrer Bedrohlichkeit zunehmend deutlicher werdenden Folgen der modernen Wissenschaft und Technik hat in den letzten Jahrzehnten eine wachsende Zahl von Philosophen die verantwortliche Antizipation der Folgen unseres gesellschaftlich technisch – wissenschaftlichen Handelns in das Zentrum neuer ethischer Konzepte gestellt. Diesbezüglich wird das Sollen nicht durch den Aufweis eines höchsten Guten bestimmt, sondern an der Kategorie des zu vermeidenden Übels ausgerichtet ( Walter Schulz, Hans Jonas ). Vor dem Hintergrund der Folgenproblematik vertritt Robert Spaemann ein teleologisches ( zielgerichtetes ) Konzept, deren oberstes ethisches Prinzip die Ehrfurcht vor dem Leben, nicht zuletzt auch das künftiger Generationen, ist.

 

I.3.2. Die Medizinethik, westliche/chinesische Entwicklung

Medizinethik ist die Bezeichnung für die Anwendung von Methoden und Ergebnissen der allgemeinen philosophischen Ethik auf den Handlungsbereich vorwiegend im Bereich der ärztlicher Praxis.

Deshalb werden die Begriffe ärztliche Ethik und medizinische Ethik hin und wieder synonym benutzt. Ziel der medizinischen Ethik ist es, den ethischen Diskurs über offene moralische Fragen in der medizinischen Praxis, in der Gesundheitsversorgung, in der medizinischen Forschung und in der Gesundheitspolitik zu fördern und zu konkreten Lösungsansätzen beizutragen.

Den Ursprung der medizinischen Ethik des Abendlandes markiert die Schule des Hippokrates. In den Schriften des Corpus hippocraticum, vor allem im so genannten hippokratischen Eid ( ca. 400 v. Chr. ), sind die Grundlagen des ärztlichen Berufsethos festgelegt. Dieses ist gekennzeichnet durch das Postulat des Vorranges der Gesundheit oder anderer Interessen Kranker, das Verbot zweifelhafter oder gefährlicher Behandlungsmethoden und durch die Selbstverpflichtung des Arztes zu ehrenhaftem und professionellem Verhalten.

Obwohl der hipppokratische Eid immer wieder neuen Verhältnissen angepaßt und umformuliert wurde – international zuletzt 1948 im so genannten Genfer Ärztegelöbnis, das, geringfügig verändert, auch die Präambel der Berufsordnung für die deutschen Ärzte bildet – reicht die Erstellung eines Regelkataloges für moralisch richtiges Verhalten nicht mehr aus. Der rasante Fortschritt auf dem Gebiet der medizinischen Wissenschaft und die zunehmende Pluralisierung des öffentlichen Wertebewußtseins haben in den letzten Jahrzehnten eine Erweiterung des ärztlichen Berufsethos in Richtung einer medizinischen Ethik erforderlich gemacht. Besonders gilt dies für die problematische Frage der Sterbehilfe, der Genmanipulation und der Embryonalforschung.

 

Sun Si Miao ( 581? – 682 ) ist der erste chinesische Arzt der sich mit der medizinischen Ethik befaßte. In seinem umfangreichen Werk überschrieb er einen Abschnitt mit dem Titel: Zur absoluten Aufrichtigkeit großer Ärzte.

Jahre später zitierte er in einem anderen Werk aus einem älteren schamanistischen Werk eine knappe Ethik der entsprechenden Praktiker.

Ungefähr 150 Jahre später drückte sich Lu Chih, ein Konfuzianer so aus:

  1. Medizin ist für jeden der mit einer Gesinnung der Menschlichkeit ausgestattet ist selbstverständlich.
  2. Medizin als Gelderwerb stellt er in Frage.
  3. Belohnung des Mediziners erfolgt in der nachfolgenden Generation.

Kurze Zeit später erklärte K`ou Tsung-shi, ein Konfuzianischer Beamter: "Das heißt also, ein Arzt muß sich unbedingt von Mitgefühl und Menschlichkeit leiten lassen, andernfalls ruft er das Unglück herbei. Ein Kranker darf keinesfalls zweifeln und (den Arzt) geringschätzen, andernfalls ruft er (der Kranke) das Unglück herbei.

Ethik bedeutete für K’ou Tsung Shi die Reduktion auf die konfuzianischen Werte Mitgefühl und Menschlichkeit. Bei ihm konnte man erstmals einen deutlichen Einfluß des neokonfuzianischen Gedankengutes erkennen.

Chu Hsi ( 1130-1200 ) ein Philosoph des Neokonfuzianismus gab ein Werturteil über die Medizin ab: " Ein Mensch ohne Beständigkeit kann weder Zauberer noch Mediziner werden", was jahrhundertelang galt und die medizinische Praxis als unbedeutende Lehre stigmatisierte.

Chang Kao/Chi ming ( ~ 1210 ) war ein Autor des medizinischen Kompendium ( I-shuo ) mit einem ausführlichen Kapitel über Ethik. Er vertrat die Meinung, "daß es das Ziel eines konfuzianischen Gelehrtenarztes sei den Menschen zu helfen sich im Krankheitsfalle selbst zu behandeln zu können".

Er setzte die medizinische Praxis "in Beziehung zur buddhistischen Vorstellung von Vergütung und Bestrafung durch die Mächte einer anderen Welt". Chang Kao grenzte seine Ausführung über Ethik auf die Themen Habgier, selbstlose Hilfe, Ausnutzung sexueller Gelegenheiten, Sorgfalt in der Praxis und auf das Problem der Abtreibungen ein.

Ko Ch’ein-sun ( ~ 1348 ) betonte das Wissen, das aus langjähriger klinischer Erfahrung stammt, gegenüber demjenigen, das man sich aus der Literatur aneignet.

Tai Liang ( 1317 - 1383 )kritisierte die Konfuzianer ( er selbst zählte sich dazu ), daß sie durch ihre mißachtende Haltung gegenüber der medizinischen Praxis, die Verschlechterung dieser, mitverursacht hätten.

Chu Hui-ming ( ~ 1590 ) Durch Konflikte mit den in der Verwaltung herrschenden Beamten kam Chu Hui-ming zum Medizinstudium. Diese Konflikte bewirkten ebenfalls, daß er sich ein wenig vom Konfuzianismus abkehrte und zahlreiche Konzepte des Buddhismus in sein ethisches Werk mit aufnahm.

Chu Hui-ming betonte die dienstleistungsorientierte medizinische Praxis und verneinte deutlich jegliche Gewinnorientierung. Die drei Gebote der Ethik des Chu Hui-ming lauteten: 1. "Mediziner sollten Menschlichkeit bewahren".

2. "Guter Wandel bringt Belohnung".

3. "Eine Mahnung, früh genug gute oder schlechte

Heilaussichten zu beurteilen".

Wang K’en-t’ang ( ~1600 ) war ein konfuzianischer Gelehrtenmediziner, der die gewöhnlichen Ärzte herabsetzte, indem er ihnen unterstellte, daß sie die Medizin und Arzneien zum Schaden der Kranken verabreichten.

Kung Hsin ( ~ 1600 ) Zu seiner Zeit kam neu hinzu, daß die konfuzianischen Gelehrtenärzte die Patienten ermahnten nicht zu sparsam zu sein, wenn es um medizinische Ausgaben gehe ( also ein Hinweis auf die Annäherung an die gewöhnlichen Ärzte ) und er betonte das Werbungsverbot.

Kung T’ing-hsien ( ~ 1615 ) Sohn des Kung Hsin kritisierte die gewöhnlichen Ärzte nur noch indirekt und er verfaßte je 10 Regeln für die Mediziner und die Kranken.

Seiner Ansicht nach bedeutet Medizin Verantwortung über Leben und Tod und die ist nicht leicht zu nehmen und: " Der Arzt sollte sich die Tugend des Höchsten, die in der Liebe zum Leben besteht zur Gesinnung machen". Die Kranken kritisierte er indem er ihnen vorwarf dem Arzt die nötigen Informationen vorzuenthalten.

à Die strengeren konfuzianischen Gelehrtenmediziner waren wenig überzeugt von der Ethik des Kung T’ing-hsien. Sie nannten ihn und andere praktizierende Konfuzianer oberflächlich und sie seien nur auf leichten Geldgewinn aus.

Ch’en Shih-kung ( ~ 1605 ) Mit ihm wird das Gruppenbewußtsein der Ärzteschaft noch deutlicher zum Ausdruck gebracht, als bei Kung T’ing-hsien. Er spricht nur noch von den Medizinern und verzichtet auf die Diskriminierung der minderwertigen Ärzte.

Er beschrieb fünf Mahnungen und zehn Maxime an die Mediziner.

à Die Gruppe der Medizin praktizierenden Konfuzianer und die Gruppe der frei praktizierenden Ärzte näherten sich zwar an, doch eine gemeinsam geduldete Ärzteschaft gab es noch nicht, wie Aussagen, des im 17. Jahrhundert lebenden Chang Chie-pin bezeugen, der weiterhin beklagt, daß die Meinung des Chu Hsi, daß die praktizierende Medizin eine unbedeutende Lehre sei, weiterhin von den orthodoxen Konfuzianern anerkannt wurde.

Noch im Jahre 1695 schrieb Chang Lu ( 1627 – 1707 ) eine Ethik die die heftigsten Angriffe auf berufsmäßige Mediziner aus dem Blickwinkel des orthodoxen Konfuzianertums darstellt., aber auch er vermied eine Differenzierung der verschiedenen Medizingruppen.

Nien Hsi-Yao ( ~ 1725 ) gab seiner Verachtung gegenüber den Ärzten seiner Zeit so den Ausdruck indem er sagte:" Die Mediziner des Altertums praktizieren auf der Grundlage soliden Studiums, um der Menschheit Hilfe zu gewähren.

Die Mediziner der Gegenwart sind auf der Grundlage keines Studiums nach Gewinn aus und bereichern ihre eigene Familie. In diesen beiden Gesinnungen kommt der Unterschied zwischen dem Edlen und dem gemeinen Menschen zum Ausdruck".

Huang Yüan-yü ( ~ 1755 ) studierte Medizin, als Folge einer Augenverletzung die ihm ein gewöhnlicher Arzt zufügte. In seinen Werken bedauerte er, daß es in jedem Haushalt Arzneien gäbe, also eine ungebildete medizinische Behandlung betrieben wurde.

à Um 1766 zeigten einige Texte zur Ethik, daß sich langsam die Professionalisierungstendenzen praktizierender Ärzte ( die sich dem Konfuzianismus verbunden fühlten ) sich zumindest beim Volk durchsetzte.

Huai Yüan ( ~1800 ) vertrat die Werte der konfuzianischen Gelehrtenmediziner. Seine Ethik drückte sich so aus:" ...das Bewußtsein einer großen Verantwortung, die Forderung nach bestmöglicher Sorgfalt und die Hervorhebung der Medizin als angewandte Menschlichkeit". Er betonte, daß er stellvertretend für die Kranken und deren Familien handele. Ein weiterer Schritt auf die Professionalisierung der Ärzte zu.

à Aber auch 1821 noch äußerte sich Wang Yün über die Mediziner im Sinne der konfuzianischen Lehre. Er sagte:" Meines Wissens hat die Einhaltung von vier Tugenden den Ältesten zur Meisterung der Medizin verholfen. Das sind Entschlossenheit, Weisheit, Einschränkung und Menschlichkeit.

Li Han-chang ( 1821 – 1899 ) beschrieb 1874 eine Kritik an den Medizinern seiner Zeit, die nicht mehr die konfuzianischen Lehren studierten, sondern sich dem "Unausgewogenem" der westlichen Medizin widmeten.

Weiterhin betonte er die gute Beziehung von Konfuzius und der Medizin und belegte dies mit mehreren Beispielen.

à Zum Ausgang des 19- Jahrhunderts fehlte den Medizinern in China weiterhin eine Standesorganisation. Sie waren eine nicht homogene Gruppe aus Praktikern verschiedener Ausbildung und Ausrichtung. Dazu kamen noch die chinesischen Ärzte mit westlich orientierter Ausbildung deren Standard ähnlich inhomogen waren.

Anfangs des 20. Jahrhundert etablierte sich die westliche Medizin und wurde aufgrund ihrer Erfolge bei der Seuchenbekämpfung von der Regierung zur offiziellen Medizin erklärt. Ab 1944 wurde die TCM durch Mao Zedong wieder rehabilitiert.

Heute macht die TCM ~ ein Drittel der medizinischen Versorgung aus.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

II.1. Beispiele von Ethikformeln

Hippokratischer Eid

" Ich schwöre, Apollon den Arzt und Asklepios und Hygiea und Panakeia und alle Götter und Göttinnen zu Zeugen anrufend, daß ich nach besten Vermögen und Urteil diesen Eid und diese Verpflichtung erfüllen werde: den, der mich diese Kunst lehrte, meinen Eltern gleich zu achten, mit ihm den Lebensunterhalt zu teilen und ihn, wenn er Not leidet, mitzuversorgen; seine Nachkommen meinen Brüdern gleichzustellen und, wenn sie es wünschen, sie diese Kunst zu lehren ohne Entgeld und ohne Vertrag; Ratschlag und Vorlesung und alle übrigen Belehrungen meinen und meines Lehrers Söhnen mitzuteilen, wie auch den Schülern, die nach ärztlichem Brauch durch den Vertrag gebunden und durch den Eid verpflichtet sind, sonst aber niemanden.

Meine Verordnungen werde ich treffen zu Nutz und Frommen der Kranken, nach bestem Vermögen und Urteil; ich werde sie bewahren vor Schaden und willkürlichem Unrecht.

Ich werde niemandem, auch nicht auf seine Bitte hin, ein tödliches Gift verabreichen oder auch nur dazu raten. Auch werde ich nie einer Frau ein Abtreibungsmittel geben. Heilig und rein werde ich mein Leben und meine Kunst bewahren. Auch werde ich den Blasenstein nicht operieren, sondern es denen überlassen, deren Gewerbe dies ist.

Welche Häuser ich betreten werde, ich will zu Nutz und Frommen der Kranken eintreten, mich enthalten jedes willkürlichen Unrechts und jeder anderen Schädigung, auch aller Werke der Wollust an den Leibern von Frauen und Männern, Freien und Sklaven.

Was ich bei der Behandlung sehe oder höre oder auch außerhalb der Behandlung im Leben der Menschen, werde ich, soweit man es nicht ausplaudern darf , verschweigen und solches als ein Geheimnis betrachten.

Wenn ich nun diesen Eid erfülle und nicht verletze, möge mir im Leben und in der Kunst Erfolg zuteil werden und Ruhm bei allen Menschen bis in ewige Zeiten; wenn ich ihn übertrete und meineidig werde, das Gegenteil."

 

 

 

 

 

 

Grundsätze einer Ethik für Hebammen

Hebammen arbeiten in einer gesellschaftlichen Verantwortung und begleiten Frauen, Kinder, Partner, und Familien besonders während Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett. Die Menschenwürde und die Rechte der Frau sind wesentliche Maßstäbe für ihr Handeln. Eine qualifizierte Ausbildung befähigt sie dazu.

 

 

 

 

Vorstellungen des "Gelben Kaisers"

"Ein guter Heiler kann sich nicht nur auf seine Fertigkeiten verlassen. Er muß auch über die rechte Einstellung, über Aufrichtigkeit, Mitgefühl und Verantwortungsbewußtsein verfügen."

"Der Patient muß seines Körpers gewahr sein, um Zeichen und Symptome eines Ungleichgewichts erkennen zu können, denn nur dann ist er in der Lage, zum frühstmöglichen Zeitpunkt Hilfe zu suchen. Besteht Übereinstimmung zwischen Arzt und Patient, wird die Krankheit nicht länger bestehen bleiben, geschweige denn ihr Endstadium erreichen."

Die vier Versäumnisse eines Arztes

Das erste Versäumnis eines Arztes besteht darin, daß er die Transformation von Yin und Yang und deren Rolle bei der Diagnose nicht versteht.

Das zweite Versäumnis eines Arztes besteht darin, daß er Arzneien verabreicht, ohne das nötige Wissen und Können zu besitzen, und so dem Patient schadet.

Das dritte Versäumnis eines Arztes besteht darin, daß er die Ursachen einer Krankheit nicht gründlich untersucht, weil er die sozialen und materiellen Umstände des Patienten, seine unmittelbare Umgebung, seine Ernährungsgewohnheiten, seine psychische Verfassung und eine mögliche Kontamination mit Giftstoffen nicht genügend in Betracht zieht,

Das vierte Versäumnis eines Arztes besteht darin, daß er mit geglückten Therapien prahlt oder eine Krankheit schlimmer darstellt, als sie ist, daß er hastig und sorglos handelt und den Ruf seines Lehrers herabsetzt.

Huangdi wandte sich Lei Gong zu und bemerkte nachdenklich:" Ach! Die Kunst des Heilens ist so geheimnisvoll. Sie ist tiefgründig wie der Ozean und grenzenlos wie der Himmel. Wie viele verfügen über wahres Wissen?"

 

Von diesen drei Ethikformeln kann man die Hebammenethik und die Vorstellungen des Gelben Kaisers so stehen lassen. Bei der recht neuen Regel der Hebammen kein Wunder, aber das die uralte Forderung des Gelben Kaisers immer noch Bestand haben kann ist doch recht bemerkenswert. Später werde ich noch aufzeigen, daß dies auch noch für die ebenfalls recht alten Forderungen des Sun Szi Miao gelten.

Meiner Ansicht nach ist dagegen der Hippokratische Eid doch recht verstaubt und wird nur noch formelhaft als Gelöbnis gesprochen, ohne daß der Mediziner noch an den Inhalt glaubt oder sich daran hält.

II.2. Ethisch leben am Beispiel von

 

Astrid Lindgren, ( 1907 )

ist eine schwedische Schriftstellerin, die hauptsächlich Kinder- und Jugendbücher schreibt. In einer Zeit, in der noch ein restriktiver und moralisierender Ton in den üblichen Kinderbüchern herrschte distanzierte sie sich davon und beschrieb statt dessen sehr einfühlsam die kindliche Lebenswelt aus der Perspektive dieser, wobei sie schwierige Themen wie tragische Ereignisse, Gewalt, Schmerz und Tod nicht aussparte.

Sie erreichte nicht nur die skandinavischen Kinder, sondern ihre Bücher wurden weltweit in mehr als 60 Sprachen übersetzt. Die Identifizierung der Kinder mit den Personen in den Büchern führt zu direkten und lebhaften Auseinandersetzungen über alles, was die Kinder bewegt, Umwelt, Erziehungsgrundsätze, Schwarzhandel, Prügel, Stehlen, Tierliebe, Grausamkeit – die gesamte ethische Grundhaltung wird im einzelnen neu belebt.

Astrid Lindgren beschreibt in ihren Büchern eine mögliche Form von der glücklichen Solidarität von Kindern, die sich im liebevollen und humorvollen Schutz von Erwachsenen spielerisch zueinander und miteinander entwickeln können und dabei lernen, daß man bei sich selber anfangen muß, wenn man die Gesellschaft ändern will, und daß sich diese Veränderungen auch immer nur auf Lebensbereiche beziehen können, in denen man selbst wirkt.

1976 wurden erstmals nach dem Krieg die Sozialdemokraten in Schweden nicht wiedergewählt, unter anderem aufgrund des Steuermärchens der Hexe Pomperipossa von Astrid Lindgren, indem sie mit einfachen, klaren Worten eine völlig verquere Marginalsteuer von 102% und deren Folgen beschreibt.

Sie hörte auch nicht auf, als eine plötzliche Steuersenkung erfolgte, sondern stellte unbeirrt die unangenehme Frage: "Wie konnte denn ein Pomperipossa – Märchen das zustande bringen, was alle Verzweiflungsschreie nicht vermochten?" Die traurige Antwort war, erstens näherten sich die Wahlen und zweitens wollten die Herren an den Fleischtöpfen der Macht sitzen bleiben.

Astrid Lindgren provoziert dadurch, daß sie sich nicht um gängige Meinungen kümmert, sondern so handelt wie sie es für richtig hält. Sie ist ein Mensch, der trotz diverser Krisen, heiter, ruhig und gelassen ihr Leben lebt. Niemandem die Schuld an den Kümmernissen in ihrem Leben gibt und die mit den Schwierigkeiten und Plagen alleine fertig, und dabei trotzdem nicht bitter, wird. Sie verdrängt nichts, schweigt einfach manchmal nur. Sie hat die Kraft sich nicht vom Leben beschädigen zu lassen.

Astrid Lindgren ist so wie ein Mensch sein sollte und das ist das einzige Geheimnis ihrer Wirkung. Deshalb wird sie von Groß und Klein geliebt, aber auch als Hexe gefürchtet.

Wichtig ist, daß sie sich, trotz ihrer Macht die sie besaß, nicht "vor den Karren hat spannen lassen" für Dinge die sie nicht unmittelbar betrafen oder von denen sie nichts verstand. Mit ihren eigenen Worten: "Wenn ich jemals beabsichtigt hätte, die Figur der Pippi zu etwas anderem als der Unterhaltung meiner jungen Leser dienen zu lassen, so wäre es dieses: ihnen zu zeigen, daß man Macht haben kann, ohne sie zu mißbrauchen. Denn von allen schweren Aufgaben des Lebens scheint mir das die allerschwerste zu sein. Überall wird Macht mißbraucht. Jeder spielt sich als Herr auf, wo er nur kann. Das beginnt in der Kindheit und geht weiter bis zu denen, die Länder regieren. Pippi aber besitzt die Gabe, richtig damit umzugehen. Sie ist mächtiger als jedes andere Kind auf dieser Welt und wäre durchaus imstande, eine Schreckensherrschaft über Kinder wie über Erwachsene ihrer Umgebung auszuüben – aber tut sie das? Oh nein! Sie ist einfach nur freundlich, hilfreich und großzügig, und drastische Maßnahmen ergreift sie nur, wenn es unumgänglich notwendig ist..."

Astrid Lindgren lebt vor und betont die Notwenigkeit bei den Kindern anzufangen: "Gebt den Kindern Liebe, mehr Liebe und noch mehr Liebe, dann kommt die Lebensart von selbst!"

 

 

 

 

 

 

 

 

Mutter Teresa ( 1910 – 1997 )

geboren in Albanien, war eine indische Ordensgründerin: die Missionarinnen der Nächstenliebe. Sie wollte das Elend in Indien bekämpfen und kümmerte sich besonders um Sterbende, Waisenkinder und Leprakranke. Der Orden wurde von Papst Paul VI. anerkannt, ist inzwischen weltweit verbreitet und hat mehr als 5000 Mitglieder.

Neue Mitglieder müssen bei ihrer Aufnahme die vier Gelübde der Armut, Ehelosigkeit, Gehorsam und zum Leben im Dienst der Bedürftigen ablegen. Mutter Teresa vertrat sehr katholisch konservative Ansichten. Bei der Verleihung des Friedensnobelpreises 1979 sprach sie sich vehement gegen den Schwangerschaftsabbruch aus.

Ihr Engagement entspringt religiösen Motiven und sie und ihre Mitschwestern schafften es nicht die Ursachen der Not zu beseitigen. Mutter Teresa nahm die Komplexität ineinandergreifender Mechanismen, durch die die soziale Realität in Indien bestimmt wird, nicht wahr. Sie sah sehr wohl die Armut und Ungerechtigkeit, war aber nicht bereit die gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse zu bekämpfen, sondern versuchte durch einen asketischen, selbstlosen Lebensstil die Probleme auf eine religiöse Ebene zu heben.

Trotz ihres Bekanntheitsgrades, ihrer Anerkennung bei Behörden und Regierung änderte sich die generelle Slumsituation in fast 20 Jahren nicht. Mutter Teresa hat sicher für viele Einzelpersonen ganz besondere Nächstenliebe gezeigt, sie hat sicher religiös ethisch gelebt, hat aber dabei das große Ganze nicht beachtet, denn in einer demokratischen Gesellschaft sollten ethische Werte nicht autoritär durch einen göttlich bestimmten Glauben festgelegt werden., sondern durch Wissen und Vernunft.

Thich Nhat Hanh ( 1926 ),

 

geboren in Vietnam. Mit 16 Jahren trat er in ein buddhistisches Kloster ein und wurde Mönch. Als er das Angebot bekam Abt zu werden lehnte er ab, denn er verfolgte einen anderen Weg; er wurde Führer der buddhistischen gewaltfreien Friedensbewegung.

Er gründete die " Schule der Jugend für soziale Dienste ". Diese Schule zog schnell sehr viele junge vietnamesische Buddhisten an, die kraft der Meditation, der Gewaltfreiheit und der daraus wachsenden Liebe, für leidende Mitbürger arbeiteten. Thich Nhat Hahn΄s Anhänger wurde während eines Auslandsaufenthaltes seinerseits, angegriffen und getötet. Dieser Anschlag galt eindeutig ihm selber, so daß er nicht in sein Land zurückkehren konnte, selbst als ein Friedensvertrag in Paris unterzeichnet wurde, denn die neue antikommunistische Regierung sah in ihn den kommunistischen Feind. Auch ein weiterer Regierungswechsel brachte keine neue Chance für Thich Nhat Hanh, da diese ihn durch seine Haltung sich auf keine der kämpfenden Parteien einzulassen, wiederum als Feind, bis heute, betrachtet.

Weitere Bemühungen und Angebote seinerseits , z.B. Spenden im Westen für hungernde Kinder seines Landes zu sammeln, etwas für die "boat people" zu tun, wurden kategorisch von der Regierung in Hanoi zurückgewiesen.

Danach zog sich Thich Nhat Hanh erstmal zurück, aber nicht um enttäuscht und beleidigt zu sein, sondern um sich auf sich selbst zu besinnen und zu meditieren. Er schreibt Bücher über seinen Buddhismus, seine Lebensweise und seine Kultur, die voller praktischer Anwendungen sind und viele Menschen in der ganzen Welt berühren und überzeugen.

Seine Botschaft vom Frieden, Gewaltlosigkeit und der Liebe, die sich aus der Liebe zu sich selbst entwickelt, ist einzigartig. Seine Aufforderung:" Lächle deinem eigenen Herzen zu" , in den Alltag zu integrieren, fordert Achtsamkeit sich selbst und allen anderen gegenüber.

Besonders interessant ist, daß die erste Ordensregel seines 1964 gegründeten Ordens Tiep Hien, lautet, daß sich deren Mitglieder vornehmen keine einzige Lehre, Theorie oder Ideologie – den Buddhismus eingeschlossen – zu vergötzen oder sich daran zu klammern. Nur sehr wenige religiöse Führer können diese Offenheit und Distanz zu ihrem Lebensziel wahren und darum lebt Thich Nhat Hanh eine offene philosophische Ethik, trotz seiner Religiosität.

Er lebt dieses Leben vor und erreicht dadurch die Menschen.

 

 

Hermann Gmeiner ( 1919 – 1986 ),

 

geboren in Österreich. Er ist der Gründer der SOS – Kinderdörfer. Durch seine für ihn traumatische eigene Erfahrung die Mutter mit nur fünf Jahren zu verlieren baute sich seine Idee der SOS – Kinderdörfer auf.

1949 gründete Hermann Gmeiner den österreichischen SOS - Kinderdorf – Verein und 1955 war das erste SOS – Kinderdorf in Imbst fertiggestellt.

Im Laufe der Jahre entstehen immer weitere Kinderdörfer, überall auf der Welt. Mit seinem unbedingten Glauben an das Gute, seinem Humor, seiner Eigenwilligkeit und seinem Glauben an die Macht der Liebe erreichte er viele Menschen.

Die Finanzierung der Kinderdörfer erfolgt ausschließlich aus regelmäßigen Beiträgen und Spenden, die inzwischen über fünf Millionen Menschen in mehr als 100 Ländern der Welt leisten.

Für Hermann Gmeiner waren die Kinder die Basis an der angefangen werden sollte etwas für eine gute Gesellschaft zu tun. Verlassene Kinder erfahren in den SOS – Kinderdörfern, daß es Menschen gibt die sich um sie kümmern, die sich Gedanken um ihre Zukunft machen, die sie lieben um ihrer selbst willen und ihnen zeigen, daß der Mensch die Möglichkeit hat seine Unzulänglichkeiten zu überwinden, daß er lernen kann Gutes zu tun für andere, sich selber dabei zurückstellt, aber letzten Endes das wohltuende Miteinander erfährt.

Hermann Gmeiner hat viel Kraft aus seinem Glauben geschöpft, mit dem er aber wie mit vielem sehr eigenwillig und undogmatisch umging. Seine Worte dazu: " Der Geist des Menschen manifestiert sich im Wissen und im Glauben und findet durch sie die Orientierungshilfen, die ihm die Bewältigung des Daseins ermöglichen. Im Spannungsfeld zwischen Wissen und Glauben vollzieht sich die Läuterung des menschlichen Geistes bis hin zu der Einsicht, wie vorsichtig wir mit dem Begriff Wahrheit operieren, wieviel Respekt wir vor jeder anderen Meinung und dem Anderssein der anderen haben müssen. Dank dieser Läuterung wachsen wir allmählich über das egoistische und partikularistische Denken, das der Welt Zwietracht und Chaos beschert, hinaus."

 

 

Jeder dieser vier Menschen hat einen Weg für sich gefunden in dieser unserer Welt ethisch zu leben. Sie sind alle über sich hinaus gewachsen und haben der Menschheit etwas wertvolles mitgegeben: auf jeden Fall ein mögliches Vorbild, aber vor allen Dingen die Erkenntnis, daß es sich lohnt sich größeren Zielen zu verschreiben und damit unserem Leben einen Sinn zu geben.

Alle vier haben ihr Herz geöffnet; Thich Nhat Hanh sagt dazu: "Lächle deinem eigenem Herzen zu." Das was sie gegeben haben ist ihnen hundertfach zurückgegeben worden und dies bestätigt die antike Auffassung, daß ein ethisch gutes Leben auch ein gutes Leben für die betreffende Person selbst ist.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

III.1. Zielsetzungen des TCM – Therapeuten heute, im Vergleich zu den Bedingungen des Sun Szu Miao

 

à Eine solide medizinische Ausbildung, die die Schulmedizin und die

traditionelle chinesische Medizin beinhaltet und die Grenzen der jeweiligen

Methode aufzeigt. Deutliche Abgrenzung von den sogenannten Wochenend –

und Crashkurs – Therapeuten.

à Das bedeutet nicht angelesenes Wissen verbreiten, sondern erlerntes und

erarbeitetes Wissen weitergeben.

à Konzentration auf diesen einen Patienten, keine Ablenkung und sorgfältiges

erarbeiten der Diagnose.

à Es geht nicht um mich als Therapeut, der Beste, der Reichste, der

Bekannteste zu sein, sondern es geht darum als erstes ein ausgeprägtes

Mitgefühl für meinen Patienten zu entwickeln.

à In einer Zeit wo einem Autos, Busse und Bahnen zur Verfügung stehen,

sollte der Weg nicht mehr das Problem sein und dennoch gibt es sicher den

Einen oder Anderen der den Hausbesuch scheut, weil ihm der Stau vor

Augen steht und der Zeitaufwand ( "in dieser Zeit könnte ich sicher zwei

andere Patienten in der Praxis behandeln.").Wer ist bereit am Wochenende

oder in der Nacht zum Patienten zu eilen? Unter der Berücksichtigung der

eigenen Kräfte und unter dem Aspekt der Eigenverantwortung des Patienten,

ob dies wirklich Not tut, sollte ein Therapeut dennoch bereit sein auch diese

Mühe auf sich zu nehmen. Wir behandeln Menschen und keine Maschinen,

denn die können in der Regel bis Montag warten.

à Wer versucht sich auf dem Weg dieser Forderungen zu bewegen, der ist ein

guter Therapeut. Alle anderen üben einen Beruf aus und folgen nicht der

inneren Überzeugung und Berufung.

 

à Bei einem Hausbesuch ist die Wohnung, die Umgebung nur in sofern

interessant, wie sie dem Therapeuten unter Umständen die Krankheit des

Patienten näher bringt. Dunkle oder feuchte Räume zum Beispiel.

à Der Therapeut darf sich ruhig seines Wertes bewußt sein, aber sollte unnötige

Angabe vermeiden und schon gar nicht die Kollegen herabsetzen. Es geht um

Hilfe für den Patienten und nicht darum wer ihm diese Hilfe gibt.

à Als Therapeut muß ich meine Grenzen kennen, den Patienten daher auch mal

an einen Kollegen abgeben. Dabei das Wohl des Patienten im Auge haben

und nicht meinen Geldverlust.

à In der heutigen Zeit bedeutet dies, das ich dem Patienten nicht unnötig oft

bestelle, um mehr zu verdienen.

à Das Ziel ist ein gutes Werkzeug zu werden.

 

Ich denke, daß durch den direkten Vergleich der Bedingungen des Sun Szi Miao mit einer "Übersetzung" in die heutige Zeit deutlich wird, daß die alten Forderungen nicht an Gültigkeit verloren haben.

Im Gegenteil die Auseinandersetzung mit diesen Texten und Vorschlägen sind eine echte Hilfestellung um eine neue, für die heutige Zeit angepaßte Ethikformel zu entwickeln.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

III.2. Theoretische Ethikformel des TCM – Therapeuten und eine praktische Anleitung dazu

 

  1. TCM - Therapeuten verpflichten sich zu einer guten, fundierten Ausbildung, auch für die Lehrkräfte.
  2. Es besteht im regelmäßigen Rahmen eine Fortbildungspflicht.
  3. Jeder TCM – Therapeut sollte sich zu Supervision verpflichten.
  4. Im Rahmen der Ausbildung gibt es ein 6 – monatiges Praktikum. Die niedergelassenen Therapeuten verpflichten sich im angemessenem Maß Praktikumsschüler anzunehmen.
  5. Forschung und Qualitätssicherung gehören zum professionellen Arbeiten und sollten im Rahmen der Gemeinschaft der TCM – Therapeuten ausgeübt werden.
  6. Fachübergreifendes Arbeiten sollte angestrebt werden, zum Wohle des Patienten und zur allgemeinen Wissenserweiterung.
  7. Unabhängig von der staatlich geforderten Schweigepflicht als Heilpraktiker muß sich der TCM – Therapeut dieser Pflicht deutlich bewußt sein.
  8. Ein TCM – Therapeut behandelt Patienten unabhängig von ihrer Rasse, Kultur, Glaubensrichtung , gesellschaftlicher Stellung oder Lebensführung.
  9. Ein TCM – Therapeut beachtet seine Grenzen bezüglich der Patientenzahl, Arbeitszeit, - maß und Kompetenz.
  10. Ein TCM – Therapeut versucht bei der Behandlung der Patienten seine eigene Struktur, Befindlichkeit zu kennen und zu beachten.
  11. Der TCM – Therapeut versucht in seinem eigenem Leben das vorzuleben was er seinen Patienten empfiehlt, aber :"Der Wegweiser muß nicht immer den Weg gehen auf den er zeigt".
  12. Lebenslängliches Lernen, Entwicklung im Persönlichen wie im Arbeitsbereich sollten angestrebt werden.
  13. Der Therapeuten/ Patientenkontakt in Bezug auf Nähe und Distanz muß gewährleistet sein.
  14. Der TCM – Therapeut muß sich seiner Autorität gegenüber des Patienten bewußt sein und behutsam damit umgehen. ( Worte können tief unter die Haut gehen ) Dabei sollte dem Therapeut klar sein, daß er und seine Mittel nur das Werkzeug sind, denn der Patient heilt sich selbst. Eine gewisse Demut vor der Natur und dem göttlichen Prinzip sind angemessen.
  15. Der TCM – Therapeut sollte sich bewußt sein: " Ohne die Liebe, ohne den wirklichen Dialog, kann der Mensch nicht heil werden". ( Ursula Wirtz ), oder mit den Worten von Hermann Hesse: " Einen Menschen zu lieben und Ihm zu helfen, heißt Ihn zu sich selbst zu führen".

 

Im Rahmen der Arbeitsgemeinschaft für Klassische Akupunktur und TCM e.V., gegebenenfalls mit den verschiedenen Heilpraktikerverbänden zusammen, sollte sich ein Gremium bilden, indem über eine Ethikformel nachgedacht und ausformuliert wird. Uns Therapeuten muß deutlich werden, daß wir durch eine eigene Ethik und Qualitätssicherung unseren eigenen Status schützen, unsere Seriosität belegen und uns dadurch von den sogenannten Scharlatanen abgrenzen.

Eine Ethikformel sollte die Grundwerte beschreiben, den kleinsten gemeinsamen Nenner sozusagen, so daß jeder einzelne Therapeut für sich und seine Praxis zusätzlich eine individuelle ethische "Arbeitsanleitung" entwickeln kann. Damit wird vermieden, daß alle in ein starres Schema gepreßt werden. Durch diese Flexibilität wird überhaupt erst die Einhaltung solcher Regeln ermöglicht. Wenn ein Therapeut seine Arbeitsweise schriftlich dokumentiert und diese in der Praxis auslegt gibt er dem Patienten die Möglichkeit sich mit diesen Werten auseinanderzusetzen und sich dafür oder dagegen zu entscheiden. Jetzt noch eine Utopie, aber es wäre ja möglich, daß auch der Patient sich zu gewissen Regeln verpflichtet damit der Therapeut ihn sinnvoll behandeln kann; das heißt beide würden einen ethischen Vertrag miteinander abschließen, was den Vorstellungen des Gelben Kaisers sehr nahe kommen würde.

In welchem Rahmen eine Verbindlichkeit besteht, müßte geklärt werden. In den Punkten 1 – 8, die eher allgemein angelegt sind, würde durchaus zügig eine Einigung erzielt werden können. Die eher die eigene Person betreffende Punkte 9 – 15 sollten dennoch nicht vernachlässigt werden. Ob es möglich ist auch diese Punkte in einem größeren Rahmen in eine Ethikformel für TCM – Therapeuten/Heilpraktiker mit hinein zu bekommen wird die Zukunft zeigen. Wünschenswert ist in jedem Fall eine offene Diskussion und Austausch untereinander.

In meinen Augen sollte sich allerdings ein verantwortungsbewußter Therapeut diesen Überlegungen stellen. Wir arbeiten mit Menschen und tragen für diese eine hohe Verantwortung. Jeder Einzelne muß sich zusätzlich Gedanken machen wie er in seiner Praxis und in seinem persönlichen Leben mit dem Thema Ethik umgeht und welche individuellen Lösungen er für sich findet um diesen Weg zu beschreiten.

Es gibt vielfältige Möglichkeiten Ethik in seinem Leben und in der Praxis zu integrieren und einen eigenen Zugang zur Ethik zu finden. Für den Einen mag es Meditation oder Qi Gong sein und für den Anderen eine Gemeinschaftspraxis mit den täglichen Auseinandersetzungen unter den Kollegen.

 

IV. Fazit

Wie so häufig könnten und sollten wir Menschen aus unserer eigenen Geschichte lernen. Sie zeigt, daß von Anfang an, besonders in China, die Medizin nicht losgelöst von der Ethik betrachtet und angewendet werden kann.

Die Probleme die wir heute in der Medizin haben, beruhen unter anderem auf der allgemeinen gesellschaftlichen Orientierungslosigkeit bezüglich Lebenssinn und – zweck und fehlender Anpassung der alten Werte.

Ich denke, daß gerade wir TCM – Therapeuten erkennen und handeln müssen, daß wir gemeinsam eine ethische Formel für unseren Berufszweig fordern und entwickeln.

Die TCM hat sich aus ethischen Grundwerten entwickelt und dies müssen wir deutlich herausstreichen, bzw. uns bewußt sein, daß TCM ohne die Ethik gar nicht funktionieren kann. Sie bleibt hohl und starr ohne diese.

Wir sollten uns die Arbeitsgemeinschaft zunutze machen und einheitlich daran arbeiten, daß die ethischen Grundwerte in unserer täglichen Arbeit gelebt und umgesetzt werden.

Wer die Ethik verstanden hat, hat die Chance intuitiv richtig zu handeln.

Der Wert meiner Arbeit liegt für mich darin, den Versuch gemacht zu haben, deutlich herauszustellen, daß Ethik zu den Grundvoraussetzungen eines guten TCM – Therapeuten gehört.

 

 

 

 

 

Quellenverzeichnis

 

 

Werner Fischer, Mutter Teresa, dtv 1985

 

Peter Singer, Wie sollen wir leben?, dtv 1999

 

Hermann Gmeiner, Eindrücke Gedanken Bekenntnisse, SOS – Kinderdorfverlag

 

Thich Nhat Hanh, Lächle deinem eigenen Herzen zu, Herder 1995

 

Ulrich Wickert, Das Buch der Tugenden, Hoffmann und Campe 1995

 

Sybil Gräfin Schönfeldt, Astrid Lindgren, rororo1987

 

Dr. Maoshing Ni, Der Gelbe Kaiser , O.W. Barth 1999

 

Paul Unschuld, Medizin und Ethik, Franz Steiner Verlag GmbH 1975

 

Michael Martin, Naturheilpraxis Februar 2000

 

Brockhaus Lexikon

 

Udo Lorenzen, Andreas Noll, Wandlungsphase Feuer, Müller& Steinicke

München1998