DIPLOMARBEIT

zum Abschluss der Ausbildung in der chinesischen Medizin am Ausbildungszentrum Nord, Hamburg/Kiel

 

PSYCHISCHE ASPEKTE IN

DER TRADITIONELLEN

CHINESISCHEN MEDIZIN

 

 

VON: SOFIA MENDES

 

 

 

 

FRAGE DES HUANG DI:

Für jede Nadelung gilt vor allen anderen Regeln, die Verwurzelung in den Geistigen Welten nicht zu verfehlen.

XUE und MAI

YING und QI

JING und SHEN

das ist es, was die fünf Zang speichern.

Falls man in eine solche Lage kommt, in der sie infolge von Ausschweifung und völligem Durchdringen

die Zang verlassen,

dann gehen die JING verloren;

und Hun und Po werden in eine unkontrollierbare Bewegtheit geraten;

Zhi (Wille) und Yi (Vorstellungskraft) werden konfus und ungeordnet

Zhi (Nützlichkeit) und Lu (Überlegung) verlassen uns.

Woher kommt das?

Muss man den Himmel beschuldigen?

Ist es der Fehler der Menschen?

Und was nennt man DE, QI, SHENG,

JING, SHEN, HUN, PO,

XIN, YI, ZHI,

SI, ZHI, LÜ?

Darf ich mir erlauben, Sie darüber nach Erklärungen zu fragen?

(Die Bewegungen des Herzens, S. 1)

 

 

 

ANTWORT DES QI BO:

Der Himmel in mir ist DE (die Tugend)

Die Erde in mir ist QI.

Die Tugend ergießt sich,

die Qi fließen über und das ist Leben.

Dass die Lebenden erscheinen,

weist auf JING (die Essenzen) hin.

Dass die beiden Essenzen sich vereinigen, weist auf SHEN hin.

Das, was Shen getreulich in seinem Kommen und Gehen folgt, weist auf die HUN hin.

Das, was sich mit Jing verbindet, in seinem Austreten und Wiedereintreten, weist auf die PO hin.

Zu dem, was sich allen Lebewesen annimmt, wird man XIN (Herz) sagen.

Das, was das Herz richtet, wird man YI (Vorstellungskraft) nennen.

Das, was die Vorstellungskraft dauerhaft werden lässt, wird man ZHI (Wollen) nennen.

Das, was das Wollen verändert, wird man SI (das Denken) nennen.

Das, was das Denken in die Weite und kraftvoll sich entfalten lässt, wird man (das Überlegen) nennen.

Das, was das Überlegen sich auf alle Lebewesen ausweiten lässt, wird man ZHI (Tüchtigkeit) nennen. (Die Bewegungen des Herzens, S. 17)

Man darf es nicht versäumen, die vier Jahreszeiten zu beobachten

Und sich der Kälte und Wärme anpassen.

Jubel und Wut müssen ausgeglichen werden,

sowohl in Ruhezeiten als auch bei Aktivitäten niemals die Gelassenheit verlieren;

Yin und Yang muss man regulieren

und das Harte und Weiche ausgleichen;

Auf diese Weise kann man das Kommen des Schädlichen ableiten.

Dann erhalten wir ein langes Leben und anhaltendes Schauen.

(Die Bewegungen des Herzens, S. 92- 100)

 

 

 

 

 

EINLEITUNG:

Um die psychischen Aspekte innerhalb der TCM zu beschreiben, habe ich mich für diese Frage des Gelben Kaisers und die Antworten seines Arztes entschieden.

Dabei werde ich zuerst alle Begriffe getrennt voneinander beschreiben, später werde ich sie innerhalb ihrer Wandlungsphase erklären, um zuletzt ein Gesamtbild zu gewinnen, das sich auf diesen Text bezieht. Moderne Erklärungen und Interpretationen habe ich dabei bewusst außer Acht gelassen, in der Annahme, dass wir alle in der Lage sind, unsere eigene, individuelle und in uns verwurzelte Interpretation zu gestalten.

Es wird nicht möglich sein, die verschiedenen Bilder, die uns die Klassiker zur Verfügung stellen, so auseinander zu nehmen und neu zu ordnen, dass sie westlich schematisiert werden können. Denn ich beginne

beim Großen, um es ins Kleinere zu unterteilen, und mittendrin begegnet mir ein Kleines, das gleichberechtigt neben dem Großen steht.

Dennoch ist es hier ein Versuch, die einzelnen psychischen Aspekte und ihre Wechselwirkungen so in Bezug zueinander zu bringen, dass es uns westlichen SchülerInnen leichter fällt, sie zu verstehen.

 

 

 

GLIEDERUNG

Im ersten Teil widme ich mich der Definition der einzelnen Aspekte.

Im zweiten Teil bringe ich die einzelnen Aspekte innerhalb ihrer Wandlungsphasen und ihrer Zusammengehörigkeit in Bewegung.

Im dritten Teil erfolgt meine eigene Interpretation des Textes.

Im vierten Teil kommen die Emotionen zum Ausdruck.

Im fünften Teil werden Patientenbeispiele besprochen.

 

 

 

1.Teil

Die dreizehn Diener des Lebens und des Todes

Obwohl die einzelnen Begriffe bei der Interpretation des Textes erneut erklärt werden, war es mir wichtig, vorneweg eine kürzere und übersichtliche Erläuterung zu geben. Sobald man an einer Stelle den Überblick verliert, kann man vorne einfach nachschlagen. Da das Thema relativ massig und gewaltig ist, sehe ich diese Definitionen als Chance, sich geistig auf den eigentlichen Text vorzubereiten. Abgesehen davon dienen Wiederholungen der Verankerung der Erinnerung.

 

DE: DIE TUGEND DES HIMMELS:

 

"Die Tugend, das ist das, was vom Himmel erhalten wird, leer, wieder aufgefüllt mit wunderbaren Einflüssen, ohne Düsternis; das ganze Ensemble der Gesetzmäßigkeiten (natürlichen Gestaltungen) ist in Resonanz (Entsprechung) mit den Zehntausend menschlichen Dingen." (Zhang Zhicong)

DE: Sittsamkeit, Kraft, Vermögen, Redlichkeit

Abhandlung über die Wirkkraft des Dao

Überragende Tugend wirkt ohne Mühe, deshalb ist sie wirksam.

Mindere Tugend ist mühsam, deshalb hat sie keine Wirkung.

Überragende Tugend wirkt durch Nicht-Tun und ist absichtslos,

Mindere Tugend wirkt durch Einmischung und ist eigennützig.

Überragende Güte zeigt sich im Handeln ohne Eigennutz.

Überragende Gerechtigkeit zeigt sich im Handeln und im Eigennutz.

Überragende Etikette zeigt sich darin, dass jeder sie hoch schätzt,

aber niemand ihr entspricht.

So krempelt sie die Ärmel hoch und erzwingt ihre Beachtung!

Geht das Dao verloren, tritt Tugend an ihrer Stelle.

Geht die Tugend verloren, folgt die Güte hinterher.

Geht die Güte verloren, erscheint die Gerechtigkeit.

Geht die Gerechtigkeit verloren, bleiben nur noch die Etikette und die Rituale.

Diese jedoch ist die erbärmlichste Form des Vertrauens,

denn sie bringt nur Chaos in die Köpfe der Menschen.

Das, was man die Voraussicht nenn, ist nur eine Erscheinung des Dao und der Anfang der Unwissenheit." (Wandlungsphase der TCM, Band 4, Seite 156)

Die Tugend erhalten wir vom Himmel, sie verbindet sich mit dem Qi der Erde und verankert unser Leben.

Shen ist von gleicher Art wie die Tugend des Himmels in uns und ihr Bote. Man erkennt sie als eine ganz besondere Form der Existenz. Die Tugend, wie Shen, ist eine leuchtende Ausstrahlung. Das ist das Licht, das alle Dinge, die in diese Welt kommen, erleuchtet. Shen kommt angestürmt, ereignet sich in uns, ist angereichert von Licht. Die Tugend ist uns gegeben und wird durch Shen angetragen. (Bewegung des Herzens, S. 27)

 

QI DER ERDE:

 

Atem, Dampf, Ausdünstung, Energien.

Die chinesische Konzeption spricht vom Himmel und der Erde nur in der Opposition, im Gegensatz, im Kompliment und als gegenseitige Durchdringung. Einmal gesetzt, dass der Himmel in mir Tugend ist und das Niveau Eins bestimmt, dann ist die Erde in mir dasjenige, das diese Tugend trägt und erhält und ihr beständig folgsam die sich entwickelnden Formen gibt.

Das Qi der Erde fügt sich, alle Formen anzunehmen. Das Qi der Erde nimmt die zweite Position ein.

"Die Erde, es ist nicht so, dass sie keine Tugend hat; sondern es ist so, dass sie die Qi verteilt. Es ist auf diese Art, dass die Qi, die in mir sind, die Qi der Erde sind." (Ma Shi)

"Die Erde in mir, das ist die Gegenwart der Verschiedenartigkeit, der unterschiedlichen und vielen Aspekte unter der Herrschaft der himmlischen Einheit, die ein Sein schmiedet. Das sind auch die unaufhörlichen Wandlungen." (Die Bewegungen des Herzens, S. 25)

 

SHENG; DAS LEBEN:

 

Leben; Lebewesen;

Dadurch, dass die Tugend des Himmels sich ergossen hat und die Qi der Erde diese aufgenommen hat, ist Sheng, das Leben entstanden. De, Qi und Sheng lassen das Leben entstehen, die folgenden Wandlungen formen und individualisieren das Leben.

"Der Weg erzeugt das Eine

Das Eine erzeugt die Zwei

Die Zwei erzeugt die Drei

Drei erzeugt die Zehntausend Wesen

die Zehntausend Wesen lehnen sich an das Yin an

Bewahrend in ihrer Brust das Yang

Die Harmonie geboren in der Leere der dazwischen liegenden Qi." (Lao Zi, Kap. 42)

 

 

n

JING: DIE ESSENZEN

 

Auserlesenes Korn, höchste Auswahl, Quintessenz, Verfeinerung

"Die Essenzen Jing sind die Verwurzelung der Wesen" (Su Wen, Kap. 4)

 

 

 

SHEN-DIE GEISTIGEN WELTEN

 

Geist, Göttlichkeiten, lebendiges Prinzip;

"Lass mich Shen erörtern: was ist darunter zu verstehen? Shen kann nicht mit den Ohren gehört werden. Die Augen müssen klar und das Herz offen sein. Dann offenbart sich Shen plötzlich im Bewusstsein eines Menschen. Man kann es nicht mit Worten ausdrücken sondern nur mit dem Herzen erfassen. Auf einmal weiß man intuitiv, was Shen ist. Leider kann man dieses Wissen ebenso schnell wieder verlieren. Shen, die schöpferische Kraft, wird dem Menschen ganz plötzlich transparent, als ob der Wind Wolken und Nebel wegbläst…" (Su Wen, Kap. 26)

 

 

HUN: DIE GEIST-SEELE

 

geistige Seele, vernünftiger Geist, Atemseele;

Im alten China ist von drei Hun- Seelen die Rede:

-SHENG HUN: das Lebensprinzip, die Möglichkeit, Leben zu werden, sie ist in Menschen, Tieren und Pflanzen gleichermaßen vorhanden

-JIAO HUN: Gefühle und Instinkt; das, was Menschen und Tiere gemeinsam haben, Pflanzen jedoch fehlt.

-LING HUN: die Kraft, schöpferisch tätig zu sein und Dinge bewusst und planvoll zu verändern. Ling= magische Wirkkraft, die Hun realisiert. Dieser Seelenanteil ist nur den Menschen gegeben.

 

PO: DIE KÖRPERSEELE

 

empfindungsfähige Seele, vegetativer Geist, Blutseele;

Im alten China ist von sieben Po- Seelen die Rede:

-SHI GOU: Shi ist der Leichnam und bezeichnet einen Zustand, in dem Hun den Körper bereits verlassen hat und Po die Alleinherrschaft übernimmt. Scheintote oder Patienten im Koma sind Beispiele dafür.

-FU SHI: niederstreckender Pfeil — eine Metapher für plötzliche, heimtückische Erkrankungen, die einen blitzartig umwerfen.

-CUI YIN: drängendes Yin — eine Umschreibung für einen exzessiven Sexualtrieb;

-TUN ZE: gieriger Räuber — ist die Seele, welche haben und besitzen will; sie schafft die Gier nach Reichtum, Macht und provoziert kriminelles Verhalten

-FEI DU: fliegendes Gift — sie nimmt toxische Einflüsse auf und entwickelt schwerste Infektionskrankheiten.

-CHU HUI: den Schmutz beseitigen — dargestellt als weiblicher Geist scheint sie Entsorgungsaufgaben zu haben

-CHOU FEI: stinkende Lunge — beschreibt den Zerfall der Lunge bei einer Verzehrenden Krankheit

In der Pathogenese stehen die sieben Po- Seelen oft synonym für die sieben Leidenschaften. Diese sind klassischerweise Freude (Xi), Ärger (Nu), Kummer (Bei), Furcht (Kong), Hass (Er), Liebe (Ai) und Begehren (Yu). (Wandlungsphasen der TCM, Band 2, S. 165)

XIN: DAS HERZ

 

"Das Herz hat das Amt des Fürsten und Meisters inne.

Das strahlende Leuchten des Shen stammt von ihm." (Su Wen Kap.8)

YI: DIE VORSTELLUNGSKRAFT

 

Sinn, Bedeutung, Absicht, Idee, Meinung, persönliches Gefühl;

 

"Wenn das Herz sich erinnert nennt man das Yi" (Ling Shu Kap. 8)

Das Herz prüft also, ob ein Gedanke wohl gesonnen und in einer harmonischen Schwingung ist. Erst dann ist die Absicht im Einklang mit der Idee. Wenn diese Resonanz, diese Absicht bleibt, dann spricht man von Zhi, dem Willen." (Wandlungsphasen der TCM, Band 3, S. 98)

"Alles beginnt durch eine Vibration, einem Entwurf der Gestalt, die noch nicht ausgearbeitetes Denken oder klare Bilder sind. Sie bietet sich dem Herzen an. Das Herz erkennt, ob das, was sich ihm anbietet, richtig ist, will sagen: entsprechend dem ist, womit es sich verbinden kann. Das Herz nimmt den Platz eines Kompositeurs und eines Dirigenten, eines Kapellmeisters ein. Es studiert und erkennt die Verträglichkeit, noch bevor sie in eine Gestalt gegossen wird…" ( Die Bewegungen des Herzens, S. 64)

 

 

ZHI: DER WILLE

 

Wille, Wunsch, Ziel, Bestreben

"Wenn die Vorstellungskraft Yi dauerhaft wird, werden wir von dem Wollen Zhi sprechen."

-wenn also Yi vom Herzen aufgenommen und bestätigt wurde, dann fügt sich die Kraft der Nieren hinzu. Die Nieren haben die Möglichkeit, eine Darstellung mit Kraft zu festigen.

WU ZHI-5 EMOTIONEN

Neben den Wu Zhis, die die physiologische Emotionalität jeder Wandlungsphase sind, gibt es noch die Qi Qings, die sieben Gefühlsbewegungen, die zu Leidenschaften werden können. Sie sind spontan und kaum beherrschbar. Wir bewegen uns hier im Wirkungskreis der triebhaften Körperseele Po, derer es ja auch sieben gibt.

 

SI: DENKEN, ÜBERLEGEN

 

"Das Wollen, das sich der Veränderung gegenüber behauptet, wird man Denken nennen."

"Das Wollen Zhi konzentriert und behauptet sich, es verändert sich und wechselt entsprechend der verschiedenen Möglichkeiten: das ist das Denken Si." (Tai Su)

 

LÜ: ÜBERLEGEN

 

"Wenn das Denken Si sich machtvoll in die Weite entfaltet, dann wird man von Überlegen Lü sprechen." (S. 72)

 

ZHI: TÜCHTIGKEIT

 

"Die Tüchtigkeit ist die rechte Führung des Lebens, um die Anwesenheit der geistigen Welten und die Fülle der Essenzen zu wahren. … Das Wissen muss zum Tun gehen. Nur das Wissen, das auch im Tun erscheint, überträgt in einer wahrhaftigen Art die Weitläufigkeit des Denkens und die Stärke des Überlegens." (Bewegung des Herzens, S. 77)

 

An manchen Stellen hatte ich Schwierigkeiten, die einzelnen Begriffe klar voneinander zu trennen und es ist zu scheinbaren Widersprüchen gekommen. Man muss allerdings bedenken, dass es sich bei diesen Definitionen um ein Standbild innerhalb einer sich bewegenden Wandlung handelt. Wenn zum Beispiel Po gerade eben nochganz klar zum Metall gehörte, dann sind die fließenden Veränderungen auf dem Weg zum Hun unaufhaltsam und ehe wir uns versehen befinden wir uns im Wasser oder im Holz. Wer vermag da, klare Unterscheidungen zu machen?

 

 

 

2. Teil

DIE GEISTIGEN ASPEKTE IN DEN VERSCHIEDENEN WANDLUNGSPHASEN:

WANDLUNGSPHASE HOLZ

Die Funktion der Leber:

-das Holz öffnet sich in den Augen nach außen;

-das Holz zeigt seinen Glanz in den Nägeln

Funktion im mikrokosmischen Staatsapparat:

"Die Leber ist mit einem militärischen Führer vergleichbar. Die Einschätzung der Umstände und das Pläneschmieden stammen von ihr." (Su Wen Kap.8)

Unser General sollte immer die Übersicht behalten. Unter Berücksichtigung aller Faktoren entscheidet er über den Krafteinsatz. Eine weitsichtige Planung beinhaltet das richtige Einschätzen der eigenen Kräfte, Rücksicht auf andere, Nachsicht für Schwächere und Vorsicht vor Stärkeren.

"Die Gallenblase ist verantwortlich für die korrekte Mitte. Urteilsvermögen und Entscheidungen kommen von ihr" (Nei Jing)

"Alle elf Funktionskreise erhalten ihren Einsatzbefehl von der Gallenblase." (Su Wen, Kap. 8)

Es ist die Gallenblase, die entscheidet, was exakt ist und den Kern einer Sache trifft. Hier wird die enge Beziehung zwischen Leber und Gallenblase besonders deutlich: Die Leber macht die Pläne und entwickelt Strategien, aber erst die Gallenblase entscheidet über die korrekte Durchführung und vermittelt die Impulse an die Zielorgane.

Der Shen- Aspekt des Holzes: HUN, die Geistseele

Die Emotion (Zhi) des Holzes: NU- Zorn, Wut, Ärger

Die Leidenschaft (Qing) des Holzes: Im Vergleich zu den willentlich geäußerten Gefühlen (Zhi) sind die Gemütserregungen (Qing) spontan und kaum beherrschbar. Sie vermitteln Sehnsucht, Leidenschaft und Wollust. Beim Holz ist die Leidenschaft auch NU, in diesem Fall handelt es sich aber um übertriebenen Zorn, blinde Wut und ständigen Ärger. Der Kaiser hat die Kontrolle über den General, der ohne Um- und Weitsicht handelt, verloren.

Die Tugend( Chang) des Holzes: REN: die Güte; die Güte ist die Liebe zu allen Lebewesen. Sie umfasst Hochachtung, Verzeihen, Vertrauen, Klugheit, Fürsorge, Weisheit, Tapferkeit, Loyalität, Bescheidenheit, Ehrfurcht und Wertschätzung. In der konfuzianischen Gesellschaft galt sie als die oberste Tugend;

Das Verhalten des Holzes: CUI brechen, zerstören; LA - ziehen, zerren; Beide Zeichen suggerieren Heftigkeit der Bewegungen, Krafteinsatz und körperliche Gewalt;

Die Stimme des Holzes: HU- rufen, schreien, brüllen

WANDLUNGSPHASE FEUER

Die Funktion des Herzens:

-das Feuer öffnet sich in der Zunge nach außen

-das Feuer zeigt seinen Glanz im Gesicht

Funktion im mikrokosmischen Staatsapparat:

"Das Herz hat das Amt eines Kaisers und Herrschers. Schöpferische Kraft und klare Einsicht stammen von ihm" (Su Wen, Kap. 8)

Der Kaiser erst bildet aus den Einzelteilen eine Gesamtheit und macht uns zum Individuum. Ist der Kaiser erleuchtet, werden seine Untertanen harmonisch und in Frieden leben können und gesund bleiben.

Das Perikard ist der Privatsekretär des Kaisers. Es erledigt die einfacheren Regierungsarbeiten, damit sich der Kaiser auf die wichtigen Aufgaben konzentrieren kann. Der Privatsekretär entscheidet auch, welches Anliegen überhaupt vor den Kaiser angebracht werden darf.

Der Dünndarm ist das Organ, das dem Kaiser am nächsten steht. Die Aufgabe des Dünndarms ist es, alles was wir aufnehmen zu sortieren und es weiter zu leiten. Das Wichtige, das Klare wird weiter geleitet, während das Unwichtige und Trübe an den Dickdarm und die Blase zum Ausscheiden und Aufarbeiten weiter gereicht wird.

Der San Jiao hat die Aufgabe, die Wasserwege im Körper in Stand zu halten und er ist für die reibungslose Kommunikation zwischen oben, Mitte und unten verantwortlich.

Der Shen-Aspekt des Feuers: SHEN, der Geist und Ling, die Wirkkraft des Shen; Shen ist als spontane Aktivität des Dao per se nicht wahrnehmbar. Er braucht eine struktive Komponente, um sich zu verwirklichen. Diese Kraft wird Ling genannt. Ling: magische Kraft, die die schöpferische Energie von Shen verwirklicht; an anderer Stelle wird Ling als einer der drei Hun genannt.

Die Emotion (Zhi) des Feuers: XI- begeisterte Freude; LE- stille Freude

Die Leidenschaft (Qing) des Feuers: übersteigertes XI; In diesem Fall wirkt die Freude unnatürlich und äußert sich darin, dass der Mensch von seinem "Gute- Laune -Trip" gar nicht mehr runter kommen möchte oder kann. Immer in Bewegung kommt der Mensch nicht mehr zur Ruhe und sein Verhalten wird aufgeregt, aufgedreht und hysterisch.

Die Tugend (Chang) des Feuers: Die höchste Tugend des Menschen sitzt im Herzen, dem Kaiser. Das Zang Herz beherbergt LI- Sitten und Gebräuche; Li ist die Grundlage der gesellschaftlichen und kosmischen Ordnung. Es ermöglicht eine gerechte Verteilung der Anteile an der sozialen Geltung und Akzeptanz. Das Ziel der Riten ist es, die Beschaffenheit von Xing, die menschliche Natur, die bei jedem Menschen anders geprägt ist, zu erhalten. Sittlichkeit unterscheidet zwischen Menschen mit hohem Rang und solchen mit niedrigem Rang und jeder Mensch muss seinem Rang entsprechend der Ganzheit dienen.

Das Verhalten des Feuers:

Die Stimme des Feuers: XIAO; lachen

WANDLUNGSPHASE ERDE

Funktion der Milz:

-die Erde öffnet sich im Mund nach außen

-die Erde zeigt ihren Glanz in den Lippen

Funktion im mikrokosmischen Staatsapparat:

"Milz und Magen sind die Beamten der öffentlichen Kornkammern und Speicher." Ling Shu Kap. 8

In Zeiten der Fülle werden die Speicher gefüllt, herrscht Not, öffnen die Beamten die Speicher und sorgen dafür, dass der Körper genug Qi erhält. Sind die Speicher leer, so muss der Körper auf das vorgeburtliche Qi zurückgreifen, was die Lebensspanne des Menschen verkürzt. Deswegen ist es wichtig, dass diese Beamten vorausschauend sind und umsichtig walten.

Der Shen- Aspekt der Erde: YI, Gedanke, Absicht

Die Emotion (Zhi) der Erde: SI, denken, nachdenken;

Die Leidenschaft (Qing) der Erde: QING YU- leidenschaftliche Begierde; wenn Nachdenken zum Grübeln wird und der Wunsch zum Begehren führt, wenn Sehnsüchte die klaren Gedanken vernebeln dann sprechen wir von leidenschaftlicher Begierde;

Die Tugend (Chang) der Erde: XIN- Vertrauen, Treue, Aufrichtigkeit; Der Erde ist auferlegt, allen Lebewesen nützlich zu sein und sie zu ernähren. In diesem Sinn ist sie selbstlos und uneigennützig in der Förderung des Lebens. Dies ist Aufrichtigkeit in höchster Vollendung; Darüber hinaus ist es die Aufgabe der Wandlungsphase Erde, die anderen Wandlungsphasen miteinander zu verbinden, sie zusammen zu führen. Daher ist ihre Tugend das Vertrauen (sich trauen lassen ist die höchste Form der Verbindung in unserer Gesellschaft) und die Treue.

Das Verhalten der Erde:

 

Die Stimme der Erde: GE; singen; der Patient mit einer Milzstörung hat in seiner Stimme einen singenden Unterton;

 

WANDLUNGSPHASE METALL

Funktion der Lunge

-das Metall öffnet sich in der Nase nach außen

-das Metall zeigt seinen Glanz in der Körperbehaarung

Funktion im mikrokosmischen Staatsapparat:

Die Lunge ist eint Staatsminister oder ein Kanzler. Die Aufgabe der Lunge ist es, dem Kaiser zu dienen. Die Lunge übt damit die offizielle Staatsgewalt aus, sie ist der verlängerte Arm des Kaisers und übernimmt für ihn die Regierungsgeschäfte. Der Kaiser regiert durch den Kanzler, von dem ein geordneter Rhythmus ausgeht. Der Kanzler darf allerdings nur auf Anordnung des Kaisers handeln.

Der Dickdarm übernimmt die Rolle als Entsorgungsminister. Er ist für den freien Durchgang verantwortlich und muss den gesamten Abfall beseitigen. Erst wenn der entstandene Müll entsorgt wurde entsteht wieder Raum für Wandel und Veränderung.

Der Shen-Aspekt des Metalls: PO, die Körperseele

Die Emotion (Zhi) des Metalls: YOU, Trübsal, Trauer

Die Leidenschaft (Qing) des Metalls: BEI, Trauer und Kummer; Im Gegensatz zu der echten Trauer (You), die notwendigerweise nach einem Verlust entsteht, ist der Kummer (Bei) eine haltlose, unbeherrschte Trauer, die den Qi- Fluss irritiert und krank macht.

Die Tugend (Chang) des Metalls: YI: Pflichtgefühl und Gerechtigkeit. Gerechtigkeit heißt, über Bestrafung zu entscheiden; Das sittliche Verhalten des Metalls regelt das Zusammenspiel von Rechten und Pflichten in einem sozialen System. Wenn wir unsere Pflicht erfüllen, fördern wir die Struktur der Gemeinschaft und einen gerechten Umgang untereinander. Legen wir Yi zu extrem aus, verliert die Gesellschaft ihre Flexibilität und produziert Fehlverhalten und soziale Konflikte.

Das Verhalten des Metalls:

spontan: SU-SHUA; unnachgiebige Strenge; als gestörter Ausdruck des Metalls zeigt sich unnachgiebige Strenge. Sie beinhaltet die Unfähigkeit nachzugeben und sich erweichen zu lassen. Übermäßige Härte und Steifheit entsteht;

Die Stimme des Metalls:

KE- der Husten: Husten ist ein primäres Zeichen für eine Schädigung der Lunge.

 

WANDLUNGSPHASE WASSER

Funktion der Niere:

-die Niere öffnet sich in den Ohren

-die Niere zeigt ihren Glanz im Kopfhaar

Funktion im mikrokosmischen Staatsapparat:

Die Niere ist die Ministerin für Arbeit und Freizeit, sie teilt die zur Verfügung stehende Kraft ein und sie erhält, bewahrt und setzt die Fähigkeiten, Talente und Gaben der jeweiligen Person zum richtigen Zeitpunkt ein.

"Die Niere ist verantwortlich für die Bereitstellung von Kraft. Erst dann können sich Talente und Geschicklichkeit verwirklichen." (Su Wen)

"Die Niere ist der Gesundheitsbeamte, von dem die Stärke des Körpers abhängt." (Henry Lu)

Die Blase ist die Hüterin der Körperflüssigkeiten

Der Shen- Aspekt der Niere: ZHI, DER WILLE

Die Emotion (Zhi) des Wassers:

  1. KONG: sich fürchten, befürchten, Angst, Furcht
  2. JING: erschrecken, bestürzt sein, Schrecken

Das Verhalten des Wassers:

Die Leidenschaft (Qing) des Wassers:

Die Tugend (Chang) des Wassers:

Die Stimme des Wassers:

Die Stimme des Wassers entsteht immer dann, wenn die Nieren ernsthaft geschädigt sind. Es ist die Stimme des Schreckens und der Schmerzen.

 

 

3.Teil

FRAGEN DES HUANG DI

fan ci zhi fa xian bi ben you shen

 

Um einem Patienten zu helfen, ist es wichtig über das Qi, das in den Meridianen fließt und das wir mit den Nadeln erreichen, Shen, die geistigen Welten, zu berühren. Denn erst wenn Shen wieder befreit und verwurzelt ist, ist das Qi langfristig in der Lage, in den richtigen Bahnen zu fließen.

Wie kann ich das als Therapeutin erreichen? Nur mit meinem eigenen Shen kann ich die geistigen Welten meines Gegenübers begreifen, aber dazu muss mein Herz leer sein.

Meiner Meinung nach ist es grundlegend, sich mit den diagnostischen Möglichkeiten der TCM ein genaues Bild des Musters des Patienten zu machen. Mit einer guten Diagnose und der dazu passenden Punktekombination hat man eine außerordentlich gute Grundlage. Bei der Diagnose wie bei der Therapie dürfen die Shen- Aspekte nicht außer Acht gelassen werden, denn erst ein gesunder Shen gewährleistet das gesunde Funktionieren der Gesamtheit Mensch. Um bei der Nadelung des Patienten den Shen zu berühren muss unser eigener Shen bei der Behandlung tätig sein. Aber Vorsicht: das schafft man nicht durch angestrengtes Wollen, sondern durch Nicht- Wollen! Das Herz muss frei sein von jeder Absicht.

 

ci wu zang suo cong ye

 

Auch dieser Teil der Frage besteht aus einer Affirmation; diese Aussage scheint Huang Di als eine fest stehende Tatsache und damit außer Frage zu stehen.

Kommen wir nun zu den verschiedenen Paaren.

1. Xue und Mai, das Blut und die Gefäße.

Das Blut ist der Yin- Aspekt dieser Paarung, denn das Blut ernährt den ganzen Körper und hält Shen. Das Blut wird in der Leber gespeichert.

Die Gefäße sind im Vergleich zum Blut eher yang, denn es sind die Gefäße, die das Blut den Raum für Bewegung geben und es in den Bahnen hält. Das Herz kontrolliert die Gefäße. Dieses Paar entspricht dem Jue Yin;

2.Ying und Qi, Nährung und Abwehr.

Ying ist der Yin- Aspekt dieses Paares, denn das Ying fließt tiefer als das Wei Qi(das Abwehr Qi) und hat die Aufgabe, die Zang zu nähren. Das Ying gehört zur Erde.

Dementsprechend ist das Qi, welches von der Lunge regiert wird, für die Abwehr des Körpers und für die rhythmische Auf- und Abwärtsbewegung zuständig. Der Körper braucht Nahrung, aber ohne Schutz vor äußeren Pathogenen, geht Ying verloren, deswegen leben Ying und Qi in enger Verbindung miteinander. Dieses Paar entspricht dem Tai Yin.

3. Jing und Shen.

Jing ist im Vergleich zu Shen Yin, denn Jing ist unser Potential und die Kraft unserer Struktur. Jing wird in der Niere gespeichert. Shen hingegen ist das feinstofflichste in uns, unser Geist. Jing bietet Shen die Struktur und das Potential, während Shen dieses Potential nach außen trägt und mit Leben füllt. Shen ist im Herzen zu Hause.

Dieses Paar entspricht dem Shao Yin.

Ying Qi und Wei Qi sind die kräftigen Arbeiter, die tagein, tagaus, alles Instand setzen und -halten. Sie nähren und sie beschützen die Zang.

Das Blut, das Vehikel von Shen, ist ein reichhaltiger Saft, der viel Jing in sich birgt. Durch die Gefäße wird Blut, und damit auch Jing und Shen, zu allen Organen gebracht, die so ihre kaiserlichen Befehle und ihre Kraft erhalten.

Jing und Shen sind der Dreh- und Angelpunkt unseres Lebens, in der Vergangenheit, der Gegenwart und Zukunft, in dieser Welt oder woanders.

Das ist also, was die Zang speichern.

Wir dürfen uns von den Zahlen nicht verwirren lassen. Huang Di spricht hier von fünf Zang, an anderen Stellen spricht man von sechs. Das Herz nimmt in unserem Organismus eine besondere Rolle ein. Zum Einen hat es eine spezielle Aufgabe, so wie jedes andere Organ auch. Das Besondere liegt in der Tatsache, dass das Herz darüber hinaus für den Zusammenhalt und das Einswerden des Individuums verantwortlich ist. In dieser Funktion beherbergt Xin Shen.

 

 

 

Was ist mit Ausschweifung und völligem Durchdringen gemeint?

Klar ist nur, dass sich dadurch das rechte Qi in Xie Qi verwandelt und die Zang ihre Aufgaben nicht mehr erledigen können. Aber ob diese Ausschweifungen, das Abweichen vom rechten Lebensweg (und damit vom Menschen selbst verschuldet) ist, oder das völlige Durchdringen ein Zeichen für äußere Gewalt (wie pathogene Faktoren) ist, der der Mensch unter bestimmten Voraussetzungen nicht gewachsen sein kann (und damit vom Himmel verschuldet) das ist letztendlich seine Frage an Qi Bo.

Bemerkenswert scheint mir hier, dass wenn diese sechs Schätze oder eines davon, nicht mehr in dem dafür vorgesehenen Organ gespeichert werden kann, dann geht zuerst Jing verloren.

Jing ist von allem unstofflichen in uns, das grobstofflichste, von allem Stofflichen in uns das Reinste. Wenn nun eines dieser Schätze verloren geht, Xue, Mai, Ying oder Qi, dann mobilisiert die Niere ihre kostbare Essenz, um das Verlorengegangene neu zu formen, denn Jing ist die Grundlage aller Formen. Wenn Jing nicht mehr gehalten werden kann, geht es natürlich auch verloren.

Schließlich geht Jing auch verloren, wenn Shen nicht mehr gespeichert werden kann. Hier ist der Zusammenhang allerdings ein anderer, denn Jing und Shen sind gleichwertig in ihren Positionen im Himmel und auf der Erde. Wenn Shen verloren geht, kann es nicht von Jing ersetzt werden. Jing geht in diesem Fall dadurch verloren, dass es von Shen nicht mehr ausreichend belebt wird. Fällt dieser belebender Aspekt aus, geht Jing aus sich selbst heraus verloren.

 

"Hun und Po sind Ausdrücke des Shen; die Hun fliegen dahin wie die Vögel, die nichts zurückhält (wenn die Essenzen ausfließen); die Po bewegen sich unbedacht in der Abwesenheit wirksamer Kontrolle und stellen dann faktisch das wirklich Geistige dar." (Bewegung des Herzens, S. 12.)

Hun und Po, die Yin- und Yang- Aspekte von Shen können durch das verloren gegangene Jing nicht mehr gehalten werden.

Wenn Hun nicht mehr gehalten wird, wird der Mensch zu einem Träumer. Die Kreativität verliert den Bezug zur Wirklichkeit. Am Ende trennen sich Phantasie und Realität so weit voneinander, dass sie zu zwei verschiedenen Welten werden, die nicht mehr miteinander verbunden sind. Der Kontakt zur Außenwelt ist abgebrochen; das ist eine Form des Wahnsinns.

Wenn Po aufgrund eines Jingverlustes nicht mehr gehalten werden können, und die geschwächten Hun, nicht mehr in der Lage sind, Kraft ihres hellen Verstandes, Po zu kontrollieren, dann wird der Mensch von Po und seinen Leidenschaften beherrscht.

Begehren, Neid, Hass, Liebe, Schmerz, Zorn und ausufernde Freude bestimmen dann das Leben.

Vor uns steht dann ein Mensch, der sich von seinen Emotionen blind treiben lässt, ohne Ziel und ohne Richtung. Anfänglich macht sich das in Launenhaftigkeit bemerkbar, dann wird der Mensch sprunghaft bis er schließlich hektisch wird (zumindest innerlich), weil er von einer Aktion zur anderen getrieben wird. Der Zustand verschlimmert sich, denn die Zügellosigkeit der Emotionen wird noch mehr Jing verbrauchen und ein Teufelskreis entsteht. Am Ende ist nicht einmal für die geringste Aktion genug Zielstrebigkeit und Durchhaltevermögen vorhanden, so dass der Mensch nur noch zu Zuckungen in der Lage ist.

Da Jing uns in der Regel nicht mit einem Schlag verloren geht (das hat den sofortigen Tod zur Folge) können entweder hauptsächlich Hun oder hauptsächlich Po davon betroffen sein. Natürlich gibt es diese Formen des Wahnsinns in verschiedenen Abstufungen und Kombinationen, je nach dem, wie viel Jing verloren gegangen ist und welche Veranlagungen, Erfahrungen und Weisheit der Mensch hat.

 

Shen wird im Herzen gehütet und vom Blut zu allen Zang gebracht. Das gesunde Funktionieren der Zang ist der lebende Beweis für einen gesunden Shen. Jing formt das Blut, welches Shen Verankerung bietet. Geht Jing verloren, so kann Shen in seinen verschiedenen Ausdrücken nicht mehr gehalten werden.

Auch Zhi und Yi sind Ausdrücke von Shen und können bei einem Jingverlust nicht mehr gehalten werden. Daher können sie die Formung der mentalen Welt nicht mehr gewährleisten.

Yi ist die Fähigkeit der Milz, äußere, mentale Informationen und Reize zu assimilieren, das heißt, sie so zu verändern, dass der Mensch sie aufnehmen und sich zu eigen machen kann.

Bei dieser Arbeit trifft die Milz, in enger Zusammenarbeit mit dem Herzen und dem Dünndarm, die Entscheidung, was sie zurückbehält, weil sie es verwerten kann, und was beseitigt werden soll.

Sowie es in der Niere eine Vorhimmels und ein Nachhimmelsessenz gibt, stehen wir jetzt vor einem vor- und einem nachhimmels Aspekt von Shen. Dabei nimmt Yi seinen Platz im Nachhimmel ein, während Zhi, der Shen- Aspekt der Niere, natürlich zum Vorhimmel gehört.

Zhi ist die Fähigkeit der Niere, das Wissen um das Dao zu haben, und zwar um das Dao, das jedem Individuum eigen ist. Mit dieser Fähigkeit vermag es die Niere, uns intuitiv und zu jedem Zeitpunkt zu signalisieren, ob wir auf dem für uns richtigen oder falschen Weg sind.

Da der Mensch sich verändert, er wandelt sich und er wächst, ist es unabdingbar, das Zhi, also der mentale Vorhimmelsaspekt, in enger Verbindung mit den Eindrücken von Yi, dem Nachhimmelsaspekt steht, denn nur so kann sich Zhi dem Wachstum anpassen und selbst reifen.

Geht nun aber Jing verloren, dann hat das Zhi nicht mehr die Kraft, an den essentiellen Notwendigkeiten des Seins festzuhalten und klammert sich an jeden neuen Eindruck, dem die Milz ihm schickt. Das Zhi wägt nicht mehr nach dem Dao ab, sondern nimmt Oberflächlichkeiten und Eitelkeiten als Maß aller Dinge. Das Zhi als Fähigkeit der Niere, das Wissen und Streben nach dem Dao, geht verloren und Yi beherrscht und blockiert den Menschen. Das Denken kann sich nämlich nicht mehr in Zhi, dem Wollen, wandeln und die Gedanken kreisen in unserem Kopf, ohne den Menschen loszulassen und ohne ihn weiter zu bringen. Ein Mensch, der darunter leidet, kann nicht entscheiden, was ihn auf seinen Weg weiter bringt und nimmt notgedrungen den Weg, den die Menschen um ihn herum auch nehmen.

Geht uns die Fähigkeit der Milz verloren, Erlebtes aufzunehmen und eigen zu machen, dann kann es verschiedene Folgen haben: Wenn die Milz mentale Reize nicht aufnehmen kann, dann geht dem Menschen die Fähigkeit verloren, aus Erlebtem eine Erfahrung zu gewinnen. Nichts wird gespeichert, aufgenommen, gesammelt und der Niere weitergegeben. Der Mensch bleibt mental stehen und kann nicht wachsen.

Wenn die Milz weiterhin aufnehmen kann, sie aber nicht mehr in der Lage ist, zu entscheiden, was sie sich aneignen soll, was gut für den Menschen ist, dann wird sie unersättlich und nimmt alles wahllos auf. Der Mensch wird dann zusehends unkritischer und strebt nach allem, was sich ihm anbietet.

Wenn Zhi und Yi konfus und ungeordnet sind, dann füllt sich das Herz mit Begierden, die ihn auf seinem Weg nicht weiterbringen. Der Mensch wird täglich von neuen Begierden erfüllt und er verliert die Richtung, weil es nichts Bleibendes gibt.

 

"Dann stehen wir vor dem Problem, das uns sehr bekannt ist: ohne Essenzen fühlen wir uns so schwach, dass wir etwas tun wollen, wir nicht sehen können, was wir tun sollen und wir fühlen nicht, dass wir Kraft haben, es zu tun." (The Heart, S. 24)

Wenn die Gedanken, aufgrund von Jing, Zhi und Yi- Mangel nur noch im Kopf kreisen, wenn sie den Wandlungsprozess zum Zhi nicht schaffen, dann findet in der Leber auch keine planende Überlegung mehr statt. Die Milz kommt ständig mit neuen Absichten an, die Niere sieht den eigenen Weg nicht mehr. Die Überlegung hat dann keine Zeit zu reifen und ihr wird auch keine Richtung angegeben. Auf diese Weise kann Überlegung nicht stattfinden.

Die Tüchtigkeit (Zhi) ist verloren, weil sie der Ausdruck von harmonisch funktionierenden Shen- Aspekten im Zusammenhang mit einem leeren Herzen ist. Sie ist all ihrer Grundlagen beraubt und damit eliminiert.

 

zui yu renzhi guo hu;

Hier handelt es sich um die Frage, die in unserem Kulturraum auch häufig gestellt wurde und wird. Können wir unser Schicksal selbst in die Hand nehmen oder ist es göttlich vorbestimmt? Diese Frage finden wir nicht nur dort, wo Entscheidungen gefällt werden müssen, sondern auch im gesundheitlichen Kontext. Was ist Vererbung und Veranlagung und steht damit außerhalb der menschlichen Verantwortung und was kann der Mensch selbst tun, um seiner Veranlagung (dem Himmel) entsprechend zu handeln und die Gesundheit bestmöglich zu wahren? Gibt es überhaupt die Möglichkeit, durch rechten Lebenswandel eine ungünstige Veranlagung zu kompensieren?

Qi Bo geht auf diese Frage nicht direkt ein, er umgeht sie elegant, in dem er das Zusammenspiel der geistigen Welten beschreibt. Und genau das ist gleichzeitig eine sehr direkte Antwort auf die Frage.

 

 

jing shen hun po

xin yi zhi si zhi lü

Jing, Shen, Hun, Po

Xin, Yi, Zhi, Si, Zhi und Lü?

 

 

Die Art der Fragestellung macht uns noch einmal darauf aufmerksam, dass Qi Bo ein sehr angesehener Arzt sein musste, denn der Gelbe Kaiser war wohl kaum so höflich zu seinen Untertanen.

Bei der folgenden Antwort werde ich viele Aspekte noch einmal erklären, diesmal versuche ich sie aber von Qi Bos Blickwinkel aus zu betrachten, wohingegen ich bisher versucht habe das festzuhalten, was Huang Di bis dahin geläufig war. Das heißt nicht, dass die Zusammenhänge, wie ich sie bisher erläutert habe, falsch sind, es gibt keine Verneinung in Qi Bos Antwort. Die Aspekte werden lediglich ergänzt und aus einem anderen Winkel beleuchtet. Für das richtige Verständnis war es mir wichtig, jedes Mal auf die verschiedenen Aspekte einzugehen, denn unser Verständnis findet auf verschiedenen Ebenen statt.

 

 

 

Antwort des Qi Bo

 

Die Tugend ist immer die Tugend des Himmels. Sie ist das kosmische Licht, das in jedem von uns mal mehr mal weniger scheint. Als treue Begleiterin des Dao sucht sie immer seine Nähe und kann uns kraft ihrer Erleuchtung mit sich reißen.

Mit dem Qi ist hier nicht der Atem gemeint, denn der Atem ist schon ein Hinweis auf ein bestehendes Leben und wir sind hier noch nicht soweit. Alles um uns herum ist Qi, auch die Tugend besitzt Qi, sowie das Qi Tugend besitzt. Mit Qi ist hier der erste Hauch von einer Idee gemeint, die die Erde befähigt, die Tugend aufzunehmen, sie mit der Kraft der Erde zu vermischen und diese Mischung verteilen und wachsen lassen zu können.

 

Yin und Yang können nicht getrennt voneinander bestehen, deswegen möchte ich die erste Aufteilung in Yin und Yang, die im Leben stattfindet, nämlich die Tugend und die Erde, nicht getrennt voneinander sondern in Beziehung zueinander besprechen.

 

 

Zuerst, nun, zuerst als solches beinhaltet, dass es einen Anfang gäbe, aber ohne Anfang und ohne Ende, unendlich in Zeit und Raum, herrscht das Wu Ji, das namenlose Dao.

Durch eine Begebenheit, die dem Urknall entsprechen könnte, entsteht das Tai Ji, die erste manifeste Polarität. In uns Menschen ist die erste manifeste Polarität die Tugend De und das Qi der Erde.

Durch die Spannung zwischen Yin und Yang kann Sheng, das Leben, entstehen und mit dem Qi, der Energie, können die 10 000 Lebewesen eine noch nicht individualisierte Form annehmen, aber dazu komme ich später.

Da De und Qi die erste Polarität darstellen, das erste Yang und das erste Yin, gehe ich noch einmal kurz auf die Grundsätze von Yang und Yin ein.

 

 

 

Grundsätze von Yang und Yin

  1. Alle Dinge haben zwei Aspekte: einen Yang- Aspekt und einen Yin- Aspekt;
  2. Jeder Yang- und jeder Yin- Aspekt kann wiederum in Yang und Yin unterteilt werden
  3. Yang und Yin schaffen einander
  4. Yang und Yin kontrollieren sich gegenseitig
  5. Yang und Yin verwandeln sich ineinander

 

 

Es gilt, diese Grundsätze immer vor Augen zu halten, wenn wir uns mit den folgenden Paaren beschäftigen und Qi Bos Antwort besser verstehen wollen.

Nun komme ich wieder auf die Tugend und das Qi zurück, beziehungsweise auf den Himmel und die Erde.

"Der Weg erzeugt das Eine

das Eine erzeugt die Zwei"

"Then how do I qualify this power of Heaven in myself? This is myself, wo, not in the meaning of a human being but this specific human being that I am, me, and not another. This zhe is just insisting on making myself more evident, more objective. De Ye, this Virtue, has in our occidental mind a double meaning which makes a single meaning in the Chinese approach. A double meaning that in myself the virtue, the fact that I am able to do, to live, that is Heaven. The other meaning is that when Heaven wants to do something in the universe, it does it even through the mediation of man. This is a much larger meaning which is not implied immediately in the text. But we know from other texts, especially Lao Zi that not only the Dao, the Daoist highest concept, and the Virtue, which is very similar to the Dao, and Heaven and Earth are called great. But man is too.

Lao Zi Chapter 25 says:

Great is the way, great is Heaven, great is the Earth and great also is the King. (The Heart, S. 31)

"Die Tugend ist die Verankerung des Lebens im Himmel. Vom Himmel kommend gewährleistet sie die reine Natur, die natürlichen Prinzipien, das Wachstum, die Authentizität. Die Gegenwärtigkeit des Himmels in mir erschafft den Weg, durch den sich die natürlichen oder auch himmlischen Gestaltungen wieder finden. (Bewegung des Herzens, S. 19)

Die Tugend, frei von jeder Dunkelheit, klar und rein, die Begleiterin des Dao rieselt vom Himmel auf die Erde herab. Das ist kein einmaliges Geschehen, es ist unaufhörlich. Die Tugend, das reine Yang, das vom Himmel fällt, kann von einem leeren Herzen, die höchste Yang- Instanz in unserem Mikrokosmos, aufgenommen werden und uns damit zu Begleitern des Dao machen.

 

"Die Erde ist die große Kupplerin der Form, in der sich die Gaben des Himmels beherbergen; aber bevor von den besonderen Formen die Rede ist, muss man die Form ohne bestimmte Form einführen, diejenige, die sich fügt, alle Formen anzunehmen, die Qi- die Atem. (Bewegung des Herzens, S. 22)

Wenn man vom Qi spricht, assoziiert man es häufig mit der Luft und damit auch mit der Lunge. Mit Qi ist hier die Qualität der Erde gemeint, Dinge zu empfangen und sie umzuwandeln. Das Qi hat zu diesem Zeitpunkt noch keine Form angenommen. Die Erde nimmt die Tugend auf und erlaubt die Verteilung und Umwandlung des Qis und der Tugend. Erst auf diese Weise kann Leben entstehen.

 

er sheng zhe ye

die Qi fließen über und das ist Sheng

Der Himmel ist also der Initiator und die Erde reagiert darauf. Erst wenn sich die Tugend ergießt und die Qi fließen, kann Leben entstehen.

Damit ist nicht nur das Leben unseres Universums, jedes einzelnen Menschen, sondern auch jedes Neubeginns, den der Mensch im Laufe seines Lebens erlebt, gemeint. Es ist das Prinzip des Lebens, das sich unendlich ereignet und wiederholt. Sobald sich die Tugend nicht mehr ergießt und die Qi nicht mehr fließen, ist das Leben beendet.

Diese ersten Lehrsätze beschreiben Aspekte in uns, die noch keinen Individualisierungsprozess erfahren haben. Das sind Grundsätze, die die Entstehung und Erhaltung vom Leben allgemein beschreiben.

Es erscheint hier noch nichts spezifisch Menschliches, auch wenn sich De und Qi in uns manifestieren. Das Leben, das sich daraus entwickelt, ist das Leben jedes Lebens. Die Besonderheiten, die verschiedenen Formen, das eigene unwiederholbare Ich wird in den folgenden Lehrsätzen beschrieben.

wei zhi jing

"Die Drei erzeugt die zehntausend Wesen."

Der Himmel und die Erde haben sich vereinigt, aus der Spannung ist das Leben entstanden und die Essenzen halten und bewahren die Kraft dieser Vereinigung.

Das Leben erhält nun Gestalt. Pflanzen, Tiere, jedes einzelne Wesen finden nun seine Form. Auch wenn Jing selbst keine Gestalt und kein Aussehen hat, ist es doch seine Aufgabe, Form zu geben je nach Bestimmung. Das gilt nicht nur in der äußeren Welt, das eine Wesen wird ein Schwein, das andere Hafer, sondern auch im Mikrokosmos des Menschen. Die verschiedenen Organe erhalten ihre Form, ihren Sitz, ihr Potential und damit auch ihre Aufgabe. Erst wenn diese Grundlage gegeben ist, erst wenn das Haus fertig gebaut und die Zimmer verteilt wurden, kann Shen einziehen.

Die Essenzen gestalten also das Besondere, sie regeln die Bedingungen des Lebens für jeden Einzelnen. Das Bild von einem Haus ist hilfreich, weil man so die vielfältigen Möglichkeiten des Jing besser visualisieren kann. Die Größe des Hauses, die Lage, die Anzahl und Verteilung der Zimmer, das alles legen uns die Essenzen in den Mutterschoß. Auch die Anzahl der Herzhöhlen und- Fäden, von denen auch die Rede ist, wenn man die Weisheit eines Menschen definieren möchte. Nicht nur das Aussehen des Menschen sondern auch seine individuellen Fähigkeiten und Neigungen sind darin verankert.

Dass die Lebenden erscheinen, weist auf Jing hin, das bedeutet für mich, wortwörtlich, dass Jing dem Leben die Erscheinungsform bietet. Wichtig ist mir an diesem Punkt noch einmal die Betonung, dass das Bewusstsein, von dem hier noch gar nicht die Rede ist, keinen Einfluss auf die Formgebung und die Mitgift hat. Jing, mit seiner Kraft, ein Individuum zu formen, wird einem einfach mitgegeben. Das Ich entsteht erst in der Folge und zieht erst mit Shen in das fertig gestellte Haus ein.

wu zhi shen

Die beiden Essenzen: wie wir bisher feststellen konnten, entsteht erst aus der Spannung zwischen zwei Elementen das Dritte. Dennoch steht hier nicht, dass die beiden Essenzen sich vereinigen und dass Shen daraufhin entsteht. Im Gegenteil, die Vereinigung der beiden Essenzen ist erst möglich, weil Shen da ist.

Bevor ich darauf weiter eingehe, versuche ich erst die beiden Essenzen zu erläutern.

Zum Einen kann es sich dabei um die Essenz des Vaters und die der Mutter handeln. Beide verschmelzen miteinander und ein neuer Mensch wird gezeugt.

Das würde bedeuten, dass die Verschmelzung der Essenzen von Vater und Mutter nur mit dem Mitwirken von Shen möglich ist . Nur durch Shen kann aus der Verschmelzung zweier Essenzen ein neues Lebewesen entstehen.

In manchen Texten heißt es: dass die Shen miteinander verschmelzen weist auf Jing hin.

Das heißt nicht, dass die Texte sich widersprechen, man muss nur im Auge behalten, was der Autor jeweils vor Augen hat und was ihm gerade wichtig ist. Ich möchte an dieser Stelle gar nicht auf einen weiteren Text eingehen sondern auf den Singular und den Plural aufmerksam machen. Da Shen hier im Singular gehalten wird, gehe ich davon aus, dass nicht die Shen der Eltern gemeint ist, sondern bereits der des neuen Lebewesens. Falls diese Interpretation so stimmt, hieße es, dass das neue Sein einen Shen hat, woraufhin sich die eigene Essenz aus der Verschmelzung derer der Eltern bilden kann.

Eine andere Erklärung für die beiden Essenzen ist die Vorhimmels -und die Nachhimmels Essenz. Die Nachhimmelsessenz wird durch das nachgeburtliche Qi gebildet, welches die Milz aus der Nahrung und die Lunge aus der Luft gewonnen haben. Qi, das aufgenommen und assimiliert aber zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht gebraucht wird, wird in der Niere zu Nachhimmels Essenz verdickt und gespeichert.

Vor- und Nachhimmels Essenz können folglich erst nach der Geburt miteinander verschmelzen. Diese Verschmelzung, die letztendlich beim ersten Atemzug statt findet, braucht Shen, damit sie sich vollziehen kann. Gleichzeitig ist sie ein Beweis dafür, dass Shen eingetreten ist.

Die Frage, die sich hier zwischen den Zeilen kristallisiert, wann nämlich Shen in seine neue Behausung zieht und der Zellhaufen im Mutterleib Mensch genannt werden kann, wird hier offen gelassen. Fest steht, dass Shen die Seele und der Garant für die Einheit Mensch ist. Auch auf Shen und Jing gelten die Yang und Yin Prinzipien, es ist also davon auszugehen, dass die Zusammenkunft beider im Leben immer wieder stattfindet. Der Mensch ist wohl von Anfang an Mensch aber die Menschwerdung ist selten vor dem Tod vollendet, eine präzisere Antwort gibt es hier nicht.

Ich denke, dass hier sowohl die elterlichen Essenzen als auch die vor- und nachhimmels Essenzen gemeint sind, dass Shen bei der Zeugung schon anwesend ist genauso wie er durch die Geburt erst zugeflogen kommt.

Es ist hier nicht gemeint, das soll noch einmal betont werden, dass sich dort, wo sich Essenzen vereinigen, Shen als Folge dieser Vereinigung erscheint. Dazu ist Shen zu frei. Nicht die Essenzen entscheiden, wo sich Shen einnisten, sondern andersherum. Die Essenzen haben lediglich die Aufgabe, Shen aufzunehmen und zu verwurzeln.

Jing ist also die Formgebung des Lebens, aber erst mit der Verschmelzung der Essenzen durch das Wirken von Shen entsteht das eine, einzigartige Leben eines Individuums.

Nun habe ich zuvor geschrieben, dass Jing der Architekt des Hauses mit all seinen Anlagen ist und Shen sich in das fertige Haus niederlässt. Aber die Geschichte geht nicht so weiter bis dass der Tod sie scheidet, denn dazwischen findet das Leben mit all seinen Wandlungen statt. Shen beseelt das Haus, er ist der Hauch des Lebens und die Essenz muss Shen nicht nur Verwurzeln, sondern sollte auch in der Lage sein, sich mit Shen gemeinsam zu wandeln. Hier und dort kann im menschlichen Haus noch angebaut werden und ein gesunder Shen verhindert, dass daraus eine Aneinanderreihung von Gebäuden wird. Shen gewährleistet die Einheit der Person, das Zusammengehören aller Räume.

Während Jing unsere Gestalt und unsere Anlagen formt, steht Shen für unsere Perspektive, für den Wandel und für das, was wir aus unseren Anlagen machen und wie wir sie nutzen. Allerdings können wir durch unsere Lebensführung weder Shen noch Jing bewusst beeinflussen.

"Die Geistigen Welten, einzig sie sind es, die den Zutritt zur wahren Erkenntnis, zur Wahrnehmung der innersten Natur, der natürlichen wie himmlischen Ordnungen der Wesen und Dinge, erlauben. Wir erkennen deshalb etwas anderes niemals- es sei denn geistig." (Die Bewegungen des Herzens, S. 36)

Shen ist in uns Menschen der Kaiser im Kaiser, als Bote des Himmels und Begleiter der Tugend hat er es in der Hand, den Menschen zu führen. Sein Kommen ist das Leben, sein Gehen ist der Tod und nur durch Shen ist der Mensch in der Lage, Einsicht und Wahrheit zu erfahren.

 

 

 

wie zhi hun

wei zhi po

 

Shen ist nun in Jing aufgetaucht und diese Begegnung hat Hun und Po, zwei geistige Aspekte, zur Folge. Beide haben im chinesischen Zeichen das Gui (Geist) im Namen, das heißt, sie haben einen größeren Bezug zur Erde als Shen, der der Bote des Himmels ist. Hun ist als Aspekt von Shen auch Bote des Himmels, aber durch das Eintauchen in die Erde hat er einen größeren Bezug zu ihr.

Hun tritt also gemeinsam mit Shen in den Körper ein und verlässt ihn auch mit ihm. Zwar folgt Hun Shen getreulich, aber er folgt dem Boten des Himmels. Shen kennt keine Grenzen, keine Einengung und Hun folgt Shen in diese Freiheit. Das Kommen und Gehen von Hun ist hier der Ausdruck seiner Freiheit, die Freiheit des Geistes und der Gedanken, die Unendlichkeit der Phantasie. Mit diesen Eigenschaften passt Hun wunderbar zum Holz, das sich aus der Erde heraus erhebt und in den Himmel schießt.

Was ist also der Unterschied zwischen Shen und Hun, der unsere Gedanken, Ideen, Philosophien unseren Intellekt, repräsentiert? Hun hat durch das Hinabrieseln von Shen auf Jing, Anteile von Jing mitbekommen. Dadurch ist Hun mehr materialisiert. Wenn Shen das Yang im Yang ist, dann ist Hun das Yin im Yang, weil es durch das Jing Yin-Anteile mitbekommen hat. Ohne Hun wären wir wahrscheinlich nicht in der Lage, Ideen, Vorstellungen und Träume zu haben. Diese sind zwar physisch nicht greifbar aber mental können wir sie fassen. Darüber hinaus ist der Mensch bedingt in der Lage, zum Beispiel durch Meditation, einen direkten Einfluß auf Hun zu haben. Denken, als geistige Reaktion auf einen äußeren Reiz, wird erst durch die Verbindung, die Hun zum Jing hat, möglich. Diese Verbindung wird dadurch bekräftigt, dass die Leber sowohl Hun als auch Blut(sehr yinnig) speichert.

Da Shen der Himmel in uns Menschen ist, sollten die Gedanken und Träume Shen folgen, damit die Tugend des Himmels uns führen kann und wir an ihr teilhaben können.

Hun ist ein Vermittler zwischen Shen und Jing, obwohl er Shen viel näher ist. Da Hun der Begleiter von Shen ist, kann er auch nach dem Tod noch eine Weile überleben, allerdings ist seine Zeit dennoch begrenzt.

 

Auf der anderen Seite steht Po, dadurch entstanden, dass Jing Shen aufgenommen hat. Po ist ein Aspekt von Jing, der durch den Kontakt zu Shen eine größere Nähe zum Himmel hat als Jing.

Po verbindet sich also mit Jing und tritt mit ihm ein und aus. Das Wort verbinden klingt viel freier als das Folgen von Hun, aber es kommt eben immer darauf an, mit wem man sich verbindet und wem man folgt. Das Verbinden von Po mit Jing ist etwas ganz Festes. Hier geht es nicht um Freiheit, sondern um Reglementierung, Kontrolle, in Ordnung halten. Das Ein und Austreten erinnert uns an Türen, die geöffnet werden müssen, wir sind hier auf der materiellen Ebene,. Gemeint sind hier die häuslichen Aufgaben. Po reguliert das Öffnen und Schließen, das Aufnehmen und Abgeben. Was in den Körper des Menschen gelangt und was aus ihm herauskommt wird von Po bestimmt. Po reguliert das Vegetative, das Instinktive, die Empfindungen und die Leidenschaften. Mit diesen Eigenschaften passt Po wunderbar zum Metall, das nach unten strebt und kontrolliert.

Was ist aber der Unterschied zwischen Po und Jing? Jing ist das Yin im Yin und durch den Kontakt mit Shen hat Po Beseelung erfahren, es ist also das Yang im Yin. Ohne Po könnten wir wahrscheinlich nicht so schnell instinktiv auf etwas reagieren und körperliche Empfindungen und Gefühle könnten nicht bewusst erlebt werden. Durch Po ist Jing in der Lage sich ganz gemächlich zu wandeln, um mit Shen zusammen zu wachsen. Fühlen, als körperliche Reaktion auf äußere Reize wird erst durch die Verbindung, die Po zu Shen hat, möglich. Diese Verbindung wird dadurch bekräftigt, dass die Lunge nicht nur Po beherbergt sondern auch das Qi (sehr yangig) kontrolliert.

Da Jing der Bote der Erde in uns ist, sollten die körperlichen Funktionen des Öffnen und Schließens, Vorgänge die in der Verdauung genauso wie in der Atmung stattfinden, und unsere instinktiven Gefühle ganz eng mit Jing zusammenarbeiten, denn im Jing ist das Wissen um das physische Wohl im Einklang mit dem Dao verankert.

Po ist ein Vermittler zwischen Jing und Shen obwohl er Jing viel näher ist. Da Po mit Jing ein- und austritt heißt es, dass Po nach dem Tod wieder in die Erde sinkt und mit Jing zusammen stirbt. Stirbt ein Mensch, bevor sein Jing zu Ende ist (zum Beispiel bei einem gewaltsamen Tod), dann kann Po als Geist weiter auf der Erde herumirren.

Mit Hun, der nichts anderes ist, als das, was wir in unserem Kulturkreis Geist nennen und Po, unser Verantwortlicher für das Körperliche und der Herrscher über unseren Instinkt und unsere Gefühle, haben wir eine Stufe erreicht, die für uns Menschen schon fassbarer und beeinflussbarer ist. Shen, unsere Seele, und Jing, unsere Vitalität und die Kraft der Formgebung, sind das große Mysterium. Shen schwebt schicksalhaft über uns, verlockend in der Höhe, Jing ist die enorme Gravitationskraft, die uns nach unten zieht, beide sind für uns unerreichbar. Po und Hun sind Begleiter und gleichzeitig Vermittler zwischen den beiden und bilden Brücken zu unserem Bewusstsein und -werden.

Po wird allgemein als Yin- Aspekt von Shen bezeichnet, genauso gut könnte man Hun einen Yang- Aspekt von Jing nennen, denn beide sind die Stufen, die das geistig, emotionale Leben, das wir im Alltag führen, mit den Mysterien des Lebens verbindet.

 

"Der Mensch wählt nicht seine Essenzen Jing oder Geistige Welten Shen; sie sind es, die machen, was er ist. Die Hun und die Po hängen mehr in dem Sinne von ihm ab, als ihre Kraft oder ihre Schwäche (also die Dauer ihres Überlebens) teilweise abhängig sind von dem Leben, das er führt. Aber Hun wie Po liegen über einer vergänglichen Existenz; sie sind in der Lage zu überleben- strahlend oder finster." (Die Bewegungen des Herzens, S. 84)

Ziel ist es, so zu leben, dass ein erkenntnisreiches und erfülltes Leben unsere Hun erleuchten, damit sie Shen möglichst lange folgen können und unseren Po befrieden, dass sie Jing in Ruhe in den Tod folgen.

wei zhi xin

wird man Xin, das Herz, sagen

Mit dem Herzen sind wir endlich auf einer Ebene angekommen, auf die wir durch unsere Lebensweise direkten Einfluss nehmen können und die wiederum direkten Einfluss auf unser bewusstes Leben ausübt. Um einen Staat aufbauen zu können, brauchen wir zuallererst einen, der Verantwortung auf sich nimmt und sich der Anderen annimmt. Es könnten die anderen Zang damit gemeint sein genauso wie andere Menschen.

Um diese Aufgabe erfüllen zu können, muss das Herz leer sein. Leere in dem Sinne, dass es nicht vor lauter Wünschen und Emotionen den Überblick und die Gelassenheit verliert.

Sich allen Lebewesen anzunehmen ist ein Akt der Nächstenliebe, handelt es sich bei den Lebewesen um die Organe im Mikrokosmos, so handelt es sich um Selbstliebe. In China würde man an dieser Stelle vielleicht nicht von Liebe, sondern von der höchsten Tugend sprechen, die Tugend des Herzens, die sich an der Tugend des Himmels aufrichtet. Mit dieser Tugend erfüllt das Herz seine Aufgabe und gleichzeitig verteilt es auch die anderen Tugenden auf die Zang. Mit und durch diese höchste menschliche Tugend nimmt sich das Herz der anderen Zang an in der Gestalt, dass das Herz die anderen Zang repräsentiert, so in etwa als seien alle Zang Aspekte des Herzens so wie alle geistigen Qualitäten Shen- Aspekte sind.

Das Jing gibt den Zang die Form, die Position. Das Herz beseelt die Zang und stellt die Einheit sicher. Erst dadurch können die Zang ganz fein aufeinander abgestimmt arbeiten.

Auch wenn das Herz der oberste Befehlshaber und der Verantwortliche ist, so nimmt die Niere auch eine ganz besondere Rolle ein. Herz und Nieren repräsentieren Shen und Jing im Menschen. Sie sind Shen und Jing, die sich auf einer menschlichen Ebene miteinander verbunden haben. In Bezug auf die Herrschaft nimmt das Herz den ersten Platz ein, wohingegen die Niere ganz Hingabe und Dienerschaft ist. Die Hingabe, mit ihrem tiefen Bezug zum Wasser und zum Unterbewusstsein, zur Kraft des Lebens und des Wollens, das beherrscht die Niere. Die Niere ist die Kraft des Statischen, des Seins. Das Herz beseelt die Zang und verleiht ihnen die Kraft zum Handeln, zum Werden und zum Wandel. Die Bewegung, die ein Element sich in ein anderes wandeln lässt, kommt aus der Kraft des Herzens.

So wie die Tugend des Himmels und die Qi der Erde gleichsam für die Entstehung des Lebens im Allgemeinen notwendig sind, so bilden erst das Herz und die Nieren die Säule des menschlichen Seins. Diese Säule erhält die Festigkeit und Stärke von den Nieren, aber die Macht der Erhabenheit und die Wandlungsfähigkeit kommen aus dem Herzen. Wenn der Kaiser gesund ist und wenn die Säule des Menschen nicht wackelt, kann keine Krankheit entstehen. Jede Krankheit deutet auf einen Mangel des Kaisers hin. Der Kaiser sitzt und herrscht, er verteilt Aufgaben aber nichts geschieht ohne seine Zustimmung und ohne sein Siegel.

Das Herz verleiht der Leber die Bewegung des Holzes. Das ist die Kraft des Aufwachens und Aufstehens, die Kraft, die uns unermüdlich vorantreibt und unser Sein aufrichtet. Das Holz steht für beginnende Aktivität, die Energie der Leber ist eine Brücke zwischen Niere und Herz, denn sie schöpft ihre Kraft aus dem Potential der Niere und ihre Richtung weist zum Herzen.

Der Gegenspieler der Bewegung des Holzes ist die Bewegung des Metalls. Die Lunge erhält vom Herzen die Wandlungsrichtung des Metalls. Es ist die Kraft des Sammelns und des Zusammenziehens. Auch die Lunge ist eine Brücke zwischen Herz und Niere, denn sie bringt das Qi des Himmels zur Niere.

Ganz oben steht das Feuer, dessen Herrscher im Körper das Herz ist. Durch die Kraft des Kaisers ist das Zang Herz in der Lage, die große Richtungsumkehr zwischen Holz und Metall zu leisten. Die nach oben strebende Kraft wird geballt, gelebt, genutzt und nach unten geschickt, damit sie sich wandeln und nähren kann.

Auch im Wasser findet ein schwieriger Umkehrprozess statt, der vom Kaiser in Bewegung gesetzt wird. Die Energie des Yins, die gerne im Stillstand verweilt bekommt durch das Herz die Energie des fließenden Wassers. Der Kaiser vollbringt hier die Kunst, Wasser, das immer nach unten fließt und versickert, durch die Wurzeln des Baumes wieder an die Oberfläche zu bringen. Nun kann der Kreislauf, ohne Anfang und Ende, erneut beginnen.

Die Erde, ja die Erde. Einmal bleibt sie in der Mitte und garantiert durch die Kraft ihrer Bewegung den Wandel von einer Phase in die andere. Hier zeigt es sich deutlich, dass der Kaiser "lediglich" die Aufgabe hat, Arbeiten zu delegieren und harmonisch in Einklang zu bringen.

Denn es ist die Erde, die den Übergang gewährleistet. Der Kaiser verleiht den Zang die Kraft der Wandlung und er ist auch der Zündfunke dafür. Die Beaufsichtigung des Flusses, die Geschmeidigkeit desselben, das ist die Aufgabe der Leber. Und die Milz, dank des Mitgefühls und der Nächstenliebe, die die Bewegung der Erde darstellt, verbindet die Wandlungsphasen und erleichtert ihnen den Übergang. Man kann das mit einem Schlauch vergleichen. Die Milz verbindet zwei Endstücke, die in verschiedenen Richtungen abstehen, während die Leber den Fluss innerhalb des Schlauches geschmeidig bleiben lässt. Die Erde, die alle vier Kinder gleich gerne hat und keinen Unterschied zwischen ihnen macht, verbindet die vier Richtungen zu einem Kreis. Ihre zentripetale Kraft verhindert die Quadratbildung.

Daher muss die Milz in der Bewegung der Wandlungsphasen gleich nach dem Kaiser kommen, um die erste Umrundung, die die Richtung des Feuers zum Metall bringt, zu gewährleisten. Ohne die fürsorgliche Hand der Erde würde das Feuer, der Zündfunken zur Organisation des Staates, sofort nach oben steigen und das Metall verpassen. Der Anfang der Staatsgründung wäre gleichzeitig ihr Ende, die Verbindung zu den Untertanen wäre nicht gegeben. Die Erde verbindet die Elemente, nur dadurch können sie sich ineinander verwandeln.

Der Kaiser gibt also die Aufgabe, die Verbindung herzustellen, weiter, aber sie kann nur in seinem Sinne geschehen, wie alles Andere auch.

So nimmt sich das Herz aller Lebewesen an.

in anderen Übersetzungen heißt es auch: das, worauf sich das Herz stützt, wird man Yi nennen.

Ich habe das Herz gesondert besprochen, weil ich seine Eigenschaft als Repäsentant aller anderen Zang als sehr wichtig empfand. Die folgenden Begriffe Yi und Zhi haben beide das Herz in der Schrift und ich denke, dass man Xin, Yi und Zhi als Dreierachse besprechen sollte.

Wir haben also ein Herz, das leer sein soll. Dann der widerhallende Ton, der zum Herzen zurückkommt( das Zeichen für Yi). Yi sind die verschiedenen Töne, aus denen das Herz eine Melodie werden lässt. Sind die verschiedenen Töne, die Xin aus dem großen Pool, den die Erde bereit stellt, zu einem Lied verschmolzen, dann geht es ab ins Studio. Die Aufnahme, die endgültige Speicherung, findet in der Niere statt und wird Zhi, das Wollen genannt. Am Ende des Lebens speichert die Niere eine ganze Sinfonie. Zhi hat genauso wie Yi das Herz und darüber finden wir eine Art Phallus- Symbol, ein Zeichen, das für Stärke und Kraft steht. Denn Zhi, das Wollen, speichert Yi nicht nur, es verleiht ihm Kraft, damit es sich in Richtung Denken, Planen und Handeln weiterbewegt.

Das musikalische Gleichnis steht für den Aufbau einer Persönlichkeit aus verschiedenen Erinnerungen, die sich zu Erfahrungen entwickeln. Unser Herz ist der Dirigent, der Architekt unseres Charakters. Über unsere Sinnesorgane, die Shen unterstehen, nimmt das Herz Bilder, Geschehnisse, Eindrücke von Dingen, die wir erleben, auf. Das Meiste davon wird sofort wieder aussortiert, denn die Flut an Informationen könnten wir sonst niemals bewältigen. Dieses erste Aussortieren ist eine Gemeinschaftsaufgabe von Magen/ Milz und Herz/Dünndarm, im Wesentlichen handelt es sich dabei um die gleiche Vorgehensweise wie bei der Verdauung mit dem Unterschied, dass nicht der Mund sondern die Sinne aufnehmen. Reize und Informationen, die weder von der Milz noch von dem Herzen aussortiert wurden, werden zu Eindrücken. Diese Eindrücke sind die Töne, die das Herz sammelt und zu Erinnerungen zusammenstellt. Diese Erinnerungen (Yi) haben noch keine feste Form, aber aus ihnen entstehen Meinung und Glaube. Die Erinnerung wächst durch die Beteiligung der Niere zur Erfahrung heraus, aus der sich Meinung und Hoffnung zu einer festen Überzeugung und zum Glauben entwickeln können. In der Niere werden Erfahrungen gesammelt, die die Tugend des Wassers, die Weisheit, speisen. Unsere Erfahrungen versickern mit der Zeit in die Tiefe des Wassers und sprudeln im richtigen Zeitpunkt als Intuition hervor oder erscheinen unerwartet als Emotion. Sowie die Tugend eine Begleiterin des Daos ist so empfängt die Erde das Dao wie einen Samen, den sie nährt. Dieser Samen des Wissens um den Weg wird in der Niere gespeichert und dort entfacht er das Feuer und lässt das Wasser sprudeln. Die gesunde Niere räumt durch ihre Erfahrungen Hindernisse aus ihrem Weg. Das Zhi, das Wollen, ist ein Lebenwollen, es ist der Samen, der unbedingt das Leben kennen lernen möchte und genau weiß, dass er ein Baum wird. Das Zhi sammelt nicht nur Erfahrungen und ist unser Gedächtnisspeicher. Aus den widerhallenden Tönen, die das Herz gerührt haben, entstehen beim Versickern in die Abgründe unseres Unterbewusstseins mit der Hilfe von dem Shen- Aspekt, der dem Körper Leben einhaucht, nämlich Po, unsere Gefühle. Sie werden auch als die fünf Willen bezeichnet. Wenn das Herz zugelassen hat, dass schlechte Erlebnisse sich als Erfahrungen durchgesetzt haben und daraus falsche, also nicht dem Menschen nützliche Schlüsse gezogen werden, dann können pathologische Emotionen entstehen, die im Herzen für Unruhe sorgen.

"Das Wollen ist mit dem Herzen schon in Angriff genommen, aber nichts erscheint, nichts verlässt das Herz; nichts gerinnt zur Handlung; das Wollen ist allen gerichteten Gefühlen vorangehend, jedem konstruiertem Denken…

… Wollen ist zu allererst leben wollen. Es erstrebt dann alles, was ein Herz als ihm entsprechend, nützlich, akzeptabel, der Unterstützung und Entwicklung seines Lebens anerkannt hat. Die Orientierung, die schon in der Vorstellungskraft Yi angelegt ist, bestätigt sich und erhält eine Gerichtetheit. Aber irren wir uns darin nicht und hüten uns davor, das Wollen (Zhi) zu intellektualisieren; denn seine Quelle liegt vor dem Denken, vor der Überlegung, vor der Meditation. Dessen ungeachtet gibt es nichts Unüberlegtes. Es ist der Antrieb; es ist ein natürlicher, lebendiger Schwung in mir, das Tränken der lebendigen Kräfte." (Bewegung des Herzens, S. 69)

Si, das Denken, wird klassischerweise als Emotion der Erde beschrieben. Das Denken wird erst möglich, wenn es einen Halt vom Wollen bekommt, denn sonst wandern die Gedanken nur im Kreis und auf lange Sicht beschweren sie das Herz in Form von Grübeln.

Das Denken Si hat durch die feste Verankerung durch Zhi den Übergang zum Überlegen (Lü) geschafft. Das Denken entfaltet sich kraftvoll und in die Weite, es sind die Kräfte des Holzes, die jetzt mit ins Spiel kommen und sich ihren Weg nach außen bahnen. Das Überlegen des Holzes ist das Schmieden eines Planes, es ist die Entwicklung einer Strategie, die Vorbereitung eines Vorhabens.

Zhi habe ich in der Definition schon beschrieben, sie ist das Vermögen, im Einklang mit seinem Jing und Shen, und deren Repräsentanten im Körper, den richtigen Weg zu finden und die Pläne in die Tat umzusetzen. Zum Überlegen (Lü) gesellt sich hier die Tugend des Herzens, vor allem die des Holzes, die Gnade. Das heißt, dass nur das getan und gesagt wird, was allen einen Nutzen bringt. Sie ist der Garant für die rechte Führung des Lebens. Im Folgenden beschreibt Qi Bo wie man sich gemäß dieser Tüchtigkeit verhalten sollte.

es geht hier nicht nur darum, die Jahreszeiten zu beobachten, sondern auch darum, dementsprechend zu leben. Der Wechsel, der in Natur stattfindet, sollt auch von den Menschen gelebt werden.

 

 

Wie genau die rechte Lebensführung ist, das kann ich in diesem Zusammenhang nicht weiter erläutern, weil das den Rahmen sprengen würde.

Was bedeutet dieser Text denn nun, in Bezug auf die Psychologie innerhalb der chinesischen Medizin? Und was genau will Huang Di wissen, was bedeutet Qi Bos Antwort für uns?

In der chinesischen Medizin kann man die psychischen Aspekte nicht von den physischen trennen, im Gegenteil, der Text leert uns, dass sie nur in der Verbindung miteinander bestehen können und dass sie so ineinander verflochten sind, dass die Krankheit des Einen eine Schwäche und Verletzung des Anderen voraussetzt und zur Folge hat. Ich habe diesen Text ausgesucht, um westlichen Schülern der TCM, die Stufen der Entwicklung des Universums bis hin zum Weisen Nahe zu bringen. Erst wenn wir ein sicheres Gefühl gewinnen, wie die besprochenen Aspekte miteinander verknüpft sind, kann es uns gelingen, die Ebene zu finden, auf der die Krankheit stattfindet. Denn De und Qi sind die Stufe, die am weitesten voneinander entfernt ist. Mit jeder Ebene nähern sich die beiden Extreme bis wir auf der letzten Stufe das erreicht haben, das sich in unserem menschlichen Bewusstsein abspielt.

Dieser Text ist der Klassiker für die seelischen Aspekte eines Menschen.

Huang Dis erste Frage beschränkt sich im Wesentlichen darauf zu erfahren, woher Krankheit kommt und ob man sie vermeiden kann. Qi Bo geht zuerst auf den letzten Teil der Frage ein, um am Schluss zu erklären, wie man Krankheiten vermeiden kann. Der Kern der Aussage ist meiner Meinung nach, dass in uns Kräfte walten, auf die wir keinen Einfluss haben. Diese Kräfte müssen wir erkennen, respektieren und lernen, mit ihnen zu leben. Diese Akzeptanz seiner äußeren und innerlichen Anlagen und Formen, der Lebenskraft wie des Lebens selbst sind die erste Vorraussetzung für ein langes, erfülltes Leben.

Danach gilt es, das zu verändern, was wir in der Hand haben. Ab der Ebene des Herzens ist jeder der Kaiser seiner selbst. Das Yin und Yang in seinem Leben auszugleichen ist unsere Aufgabe, damit weder pathogene Faktoren in den Körper eindringen, noch Leidenschaften dem Kaiser die Gelassenheit rauben.

Zuletzt wird es klar, dass wir Weisheit brauchen, das Eine von dem Anderen zu unterscheiden.

 

 

 

4. Teil

DIE EMOTIONEN

Die Emotionen finden auf der Ebene des Herzens statt, denn das Herz ist der Kaiser über die anderen Zang, und Gefühle sind der jeweilige emotionale Ausdruck jedes einzelnen Zang. Wenn ich also eine Diplomarbeit über die psychischen Aspekte in der chinesischen Medizin schreibe, dann scheint es ausreichend, Qi Bos Antwort erst ab dem Herzen zu interpretieren.

Denn erst mit dem Herzen erreichen wir die Ebene des Bewusstseins. Allerdings ist es gerade bei den Emotionen so, dass der Kaiser die Herrschaft über sie verliert und damit verlassen die Emotionen das Hoheitsgebiet unseres Bewusstseins und versickern im Unterbewusstsein, beziehungsweise in unserem Fall auf die vorangehende Ebene, den Hun und den Po. Andererseits werden bestimmte Tendenzen des Menschen und seine Zang schon auf der Shen- Jing- Ebene angelegt, Tendenzen, die uns manchmal das Leben erleichtern und an anderer Stelle das Leben erschweren. Um also die psychischen Aspekte der TCM zu erklären, musste ich sehr weit ausholen und scheinbar komme ich erst jetzt zum eigentlichen Thema, denn das, was wir im Westen Psychologie nennen, findet größtenteils auf der Ebene statt, die in der TCM Emotionen genannt werden. Das Ausholen war allerdings sehr wichtig, denn das Verständnis über die Entstehung des Seins und des Werdens ist grundlegend, denn unsere Psyche und unser Körper sind untrennbar voneinander und beide unterstehen den gleichen Regeln und Bewegungen.

Emotionen sind neben äußeren pathogenen Faktoren, Unfällen, Parasiten, Vergiftungen, falsche Ernährung und falsche Lebensführung, eine der sieben krankmachenden Faktoren.

Im Folgenden beschreibe ich den natürlichen Fluss der Emotionen und ihr krankhaftes Überfließen beziehungsweise ihr Austrocknen.

 

 

Die Emotionen stehen eng in Verbindung zum Zhi (Wollen), sie werden auch die Wu Zhi genannt.

Es ist die Niere, die unsere Lebenserfahrungen sammelt und tief ins Unterbewusstsein sickern lässt. Dieses tiefe Unterbewusstsein, das Lebenserfahrungen speichert, ist ein Teil von Jing, ein Anteil unserer Nachhimmelsessenz. Durch die Belebung, die Jing durch Po erfährt, lösen sich hauchfeine Fragmente, die Emotionen.

Das Lösen dieser Fragmente beherrscht allerdings das Herz, der Kaiser der Zang. Harmonisch ineinander greifende Emotionen helfen den Zang, ihre Aufgaben zu erledigen. Starke Emotionen sind Reaktionen der Zang auf eine übertriebene Stimulation oder sie sind ein Hinweis, dass das Herz die Kontrolle über den Staat teilweise oder ganz verloren hat.

 

nu

"Das Holz ist das Qi, die Lebenskraft. Die Kraft, mit der wir uns durchs Leben bewegen, die Vitalität. Eine Kraft, die zunächst noch nichts aussagt, außer, dass sie verändern will, dass sie nicht stehen bleibt, dass sie sich nicht mit dem Status quo zufrieden gibt. Es ist eine gewaltige, unbändige Kraft, die sich in den letzten Jahrhunderten gerade in Europa mit all ihren Licht- und Schattenseiten gezeigt hat und sich weiter offenbaren wird. Sie ist kreativ, in ihrer Kreativität ist aber der Keim der Zerstörung nicht nur des Alten, sondern auch des Andern verborgen. In ihrem Innovationsdrang ist sie rücksichtslos und zerstörerisch bis zur Selbstzerstörung." (Die Wandlungsphasen der Traditionellen chinesischen Medizin, Band 1, S. 108)

Die Emotion der Leber erhält ihre Stärke und ihre Richtung aus dem Zhi, dem Wollen der Niere, genau genommen aus dem Leben- Wollen der Niere. Dieses Leben- Wollen ist das Prinzip, das aus der Niere sprudelt und im Herzen in Form von Selbstverwirklichung zur Blüte kommt. Niere und Herz bilden in uns Menschen eine Säule, die Wirbelsäule, das Rückgrat. Die Niere verleiht ihr die Stärke und die Richtung. Das Herz richtet die Säule auf und füllt sie mit der Tugend, die aus dem Himmel kommt. Herz und Niere sind Endpunkte, Umkehrpunkte, die den Verlauf eines Pendels beschreiben. Das Feuer und das Wasser bilden die beiden Extremata, an denen es kein Weiter gibt, ein Zustand, der gleichzeitig Bewegung, Umkehr der Bewegung, Antrieb der Bewegung und gleichzeitig einzige Punkte, an denen alles für den Bruchteil der kleinsten Zeiteinheit kurz innehält. Stille und Ruhe, um die Weisheit der Erde und die Tugend des Himmels zu erfassen. Das Holz und das Metall bilden bei diesem imaginären Pendel der Wandlungsphasen den größten Abschnitt, sie sind die Linien, die diese Fixpunkte miteinander verbinden. In der Mitte befindet sich der tiefste Punkt des Pendels, der eine kleine Umwandlung innerhalb der großen Wandlung vollzieht. Im Stillstand wäre dies der eigentliche Ruhepol, aus dem allerdings das Leben nicht entstehen kann. Diese Mitte ist die Erde in uns. Das Pendel ist für mich ein schönes Bild, das mir die Wandlungsphasen verständlicher gemacht hat, aber es hakt natürlich, denn Wasser und Feuer stehen nicht rechts und links, sondern oben und unten. Das Pendel bewegt sich horizontal zur Erde und nicht vertikal.

Nun zurück zur Leber und ihrem physiologischen emotionalen Ausdruck.

Nu ist die Kraft, die die Bäume im Wald im Wettlauf miteinander zur Sonne wachsen lässt, eine unbeschreibliche Kraft des Wachstums und der Entfaltung. Es ist der Versuch, sich den besten Platz zu erkämpfen und soweit wie möglich nach oben zu kommen. Nu ist der natürliche Ausdruck der Leber und verleiht dem Menschen Durchsetzungsvermögen. In dieser Form ist Nu kein Gefühl, also keine emotionale Reaktion auf ein Geschehen, sondern ein fester Bestandteil einer Persönlichkeit, es ist eine Haltung im Leben. Zum emotionalen Ausdruck wird Nu, wenn sich einem Menschen etwas in den Weg stellt. Nu ist dann die Reaktion der Leber, dieses Hindernis zu durchbrechen oder es zu umgehen. Diese Emotion wird erst pathologisch, wenn sie außer Kontrolle gerät, wenn sie den Umständen nicht entspricht und wenn sie dauerhaft wird oder auf Dauer fehlt.

NU UND DIE NIERE:

Die Nieren bewahren das Zhi, das wiederum die Emotionen hervorbringt. Mangel oder Überfluss einer Emotion hängen sehr stark von der Niere ab und die Niere darf bei einer emotionalen Störung deswegen therapeutisch nicht außer Acht gelassen werden. Bei der Holzenergie ist die Niere besonders anfällig, denn sie hat die Aufgabe das Yin der Leber zu nähren. Zorn und Wut, also aufsteigendes Leber- Yang, bringen das gesamte Qi des Körpers in Wallung und treiben es nach oben, so dass der untere Erwärmer förmlich verhungert. Die Niere kann das Yin der Leber nicht mehr stärken und wir sind mitten im Teufelskreis.

Ob die Emotion, der Zorn, die Ursache ist, oder eine Nierenschwäche, ist nicht relevant, weil wir Muster zu begreifen versuchen.

NU UND DAS HERZ:

Shen und das Herz sind die ersten, die durch Leidenschaften beeinträchtigt werden. Shen ist wie die Vögel auf einem Baum, er sammelt seine Kraft in der Ruhe. Leidenschaften im Allgemeinen stören das Befinden von Shen, sie machen seine Behausung ungemütlich. Als physiologischer Ausdruck der Leber stellt Nu eine leichte Brise dar, die den Vögeln auf dem Baum frische Luft bringt. Gerät Nu außer Kontrolle, dann kann daraus ein Sturm werden, der die Vögel aufscheucht. Shen kann nicht zur Ruhe kommen. Das Herz verliert dadurch seine klare Sicht und die Kontrolle über sein Reich.

Die Tugend der Leber, die Güte ist es, mit der das Herz einen ausgleichenden Einfluss auf die Leberenergie ausübt.

Man unterscheidet, ob der Mensch zuwenig, zuviel oder unangebrachten Nu hat.

Ein Mangel an dieser Holzenergie vermindert das Durchsetzungsvermögen. Dem Menschen fehlt die Motivation aufzubrechen und seinen Weg zu gehen. Die treibende Kraft reicht nicht aus.

Ein Überfluss an dieser Holzenergie lässt den Menschen nicht zur Ruhe kommen, man hat Power ohne Ende, ist neugierig und muss immer weiter.

Wenn das Herz die Holzenergie nicht unter Kontrolle hat, dann entwickelt sich die Leidenschaft Nu, das bedeutet Zorn, Aggression aber auch Autoaggression. Je nachdem welcher Aspekt der Holzenergie betroffen ist, variieren die Verhaltensmuster.

 

Hat der Mensch zuwenig Holz im Holz dann fehlt ihm der Mut der Gallenblase. Dieser Mensch wagt keine Veränderungen aus Angst vor dem, was ihn erwarten könnte.

Hat der Mensch zuviel Holz im Holz dann sprüht der Mensch über vor Kreativität und Neugier, es ist der Mensch, der ständig auf der Suche nach Veränderung ist und sich kopfüber in riskante Wagnisse stürzt. Der Mensch ist ungeduldig, schnell und leicht reizbar.

Hat der Mensch zuwenig Metall im Holz, dann verliert das Holz in sich selbst die Kontrolle. Das Metall im Holz bietet der Holzenergie die Infrastruktur, um gesund ans Ziel zu kommen. Ohne dieses Metall fließt die Holzenergie über bis am Ende nichts mehr ankommt. Das Metall hält das Holz in den Bahnen, damit nichts verloren geht. Der Mensch verliert in so einer Konstellation schnell den Überblick. Man weiß zwar noch, wo man hingehen möchte, aber der Mensch ist nicht in der Lage, seine Kraft zu bündeln und mit sich selbst an einem Strang zu ziehen. Stattdessen wagt er sich einer Sache von vielen Seiten gleichzeitig an, ohne sich wirklich zu nähern.

Hat der Mensch zuviel Metall im Holz, dann haben wir einen Menschen, der alles um sich herum kontrollieren muss. Die Emotion des Holzes mit ihrem Zerstörungspotential bekommt jetzt eine Waffe in die Hand. Dieser Mensch behält den Überblick und die Holzenergie wird in ganz engen Bahnen gehalten, so dass der Druck sehr mächtig wird. Der Mensch ist sehr zielstrebig und geht auch über Leichen. Die Härte, mit der er vorankommt, kennzeichnet ihn.

Hat der Mensch zuwenig Erde im Holz, so geht ihm der Bezug zur Mitte verloren. Die Erde, die Mitte des Kreises, sorgt für die Bewegung der Wandlungen, bleibt aber selbst, als Mittelpunkt, fest. Die Erde beherbergt die Fähigkeit des Denkens und wenn zuwenig Erde im Holz ist, dann verliert der Mensch die Fähigkeit, über die Wirkungen seiner Taten nachzudenken und aus Fehlern zu lernen.

Ist zuviel Erde im Holz, dann stagniert die Bewegung, denn bevor ein Plan in die Tat umgesetzt wird, muss alles mehrfach überdacht werden. Die Fähigkeit, eine Entscheidung zu treffen, fehlt und jede Veränderung wirkt aussichtslos.

Hat der Mensch zuwenig Wasser im Holz, dann kann das Yin der Niere das Yang der Leber nicht mehr halten. Der Mensch wirkt rast- und ruhelos, viele Aktionen werden begonnen, aber nicht zu Ende geführt. Es gibt keine Kontinuität und kein Durchhaltevermögen.

Hat der Mensch zuviel Wasser im Holz, dann verliert der Mensch die Eigenschaft, Hindernissen, die sich ihm in den Weg stellen, einfach mal zu umgehen. Diese Menschen müssen bei ihrem Vorhaben stur mit dem Kopf durch die Wand. Die Flexibilität des Holzes wird vermindert.

Hat der Mensch zuwenig Feuer im Holz so fehlt ihm Elan und Begeisterung. Er erledigt seine Arbeit, aber Freude kommt dabei nicht auf.

Hat der Mensch zuviel Feuer im Holz, dann brennt das Holz lichterloh. Der Mensch ist ständig Feuer und Flamme für eine bestimmte Sache, er ist sehr begeisterungsfähig hat aber Schwierigkeiten, Ruhe zu finden und in sich zu kehren. Die menschlichen Reserven werden aufgebraucht.

 

 

 

xi le

Die Kraft der Leber wandelt sich zum Herzen hin in Freude. Im Herzen wird die Richtung umgekehrt und einen kurzen Augenblick lang herrscht Stillstand. Das ist die eigentliche Freude des Herzens, die Stille, in der die Tugend des Himmels das Herz erfüllen kann. Dieser Zustand ist wiederum keine echte Emotion, also keine Reaktion des Zang Herzen auf eine Situation, sondern eine Fähigkeit, sich (für einen Augenblick) dem Leben und dem Himmel hinzugeben und zu öffnen.

Freude als Emotion kennen wir alle, wir tun größtenteils nichts anderes, als danach zu streben. Wie jede andere Emotion greift übermäßige Freude, die Nieren (als Hauptsitz der Emotionen), das Herz (als Kaiser der Zang und Hüter von Shen), die Leber (Emotionen beeinflussen den Qi -Fluss, die Leber muss ihn harmonisch halten), Shen (Emotionen wirbeln ihn auf) und Po (Po ist die Körperseele und der Tummelplatz der Leidenschaften) an. Bei Freude wird das Qi und Shen zerstreut, der Mensch kann sich nicht mehr auf eine bestimmte Sache konzentrieren, schlimmer noch, der Kaiser verliert die Richtung des Lebens und nähert sich dem Wahn. Während beim Zorn das Yin der Leber und der Niere geschwächt werden, tritt hier eine Verletzung des Yang auf, denn auf seiner höchsten Entfaltung, dem Herz- Yang, muss der Umkehrprozess stattfinden, bei übertriebener Freude wird dieser Prozess behindert.

Jede Emotion ist sowohl ein Ausdruck der Stärke seines Zangs als auch sein Schwachpunkt. Übermäßige, ausufernde und unkontrollierte Freude schädigt das Herz in besonderem Maß. Wird der Kaiser verletzt, verflüchtigt sich Shen und damit ist das Einssein des Individuums gefährdet. Die geistige Kontrolle geht uns verloren, das meinte ich mit Wahn.

"Freude im Übermaß nennt man auch Exaltation. Diese zeigt ein aufgeregtes, hysterisches Verhalten, der Patient ist überspannt und übertrieben im Ausdrucksverhalten, alles scheint künstlich übersteigert zu sein. Exaltiertes Verhalten bedeutet eine hochgradige Erregbarkeit, die im Extrem zur Manie Kuang werden kann." (Wandlungsphasen der TCM, Band 4,S. 127)

"Feste ohne Ende übertakten das Herz und täuschen einen Lebensrhythmus vor, der selbstzerstörerisch wird.

Die Sucht nach immer neuen Vergnügungen und Erlebnissen, die Steigerung der Erlebnisfähigkeit mit Drogen wie Kokain, Ecstasy u. a. erschöpft allmählich das Herz- Yin und zerstört damit den Wohnsitz von Shen, unserem ´guten´Geist. Ein rastloser, verwirrter Shen entsteht, der nicht weiß, wohin er gehört, weil sein Zuhause leer und ausgebrannt ist." (Wandlungsphasen der TCM, Band 4, S. 125)

Ein Mensch kann natürlich auch an einem Mangel an Freude leiden. In diesem Fall geht die Lebensfreude verloren. Ist der Mangel extrem, kann eine tiefe Depression mit Selbstmordgefährdung entstehen.

Außer einem Überfluss oder einem Mangel an Feuerenergie gibt es noch die Möglichkeit des Ungleichgewichts der Elemente innerhalb des Feuers.

Das Holz nährt das Feuer, das Holz im Feuer ist also das Wachstum des Feuers. Im Holz wächst die Fähigkeit des Feuers, aus sich selbst heraus zu gehen und mit Anderen in Kontakt zu treten. In der Wandlungsphase Feuer hat man den Zustand des "Ich" verlassen und man bewegt sich jetzt auf das "Wir" zu. Durch die Kraft des Holzes ist das "Ich" gesichert genug, um sich offen und frei auf das "Wir" zuzubewegen.

Das Holz im Feuer ist ein Übergangspunkt zwischen zwei Elementen. Hat der Mensch zuwenig Holz im Feuer ist es ein Zeichen dafür, dass der Übergang zwischen den Wandlungsphasen nicht geglückt ist. Das Feuer als Solches wird nicht genährt. Der Patient leidet an einem Mangel an Begeisterung, unter einem fehlenden Ausdruck, er ist schüchtern, unsicher und hat große Schwierigkeiten, auf Andere zuzugehen.

Hat der Mensch zuviel Holz im Feuer, dann ist er außerordentlich kontaktfreudig und sehr kommunikationsfähig. Sein "Ich" steht allerdings immer im Mittelpunkt, er hört sich gerne reden, bezieht alles auf sich selbst und lässt Andere wenig zu Wort kommen.

 

Das Metall im Feuer ist die Fähigkeit, die Kontrolle im Jetzt zu behalten, auch in einer hitzigen Auseinandersetzung. Es ist das Metall im Feuer, das uns vor Grenzüberschreitungen schützt. Sobald das Feuer nach innen oder außen verletzend wird, bremst das Metall intuitiv diesen Zustand ab.

Leidet ein Mensch unter zuwenig Metall im Feuer, dann zeigt der Mensch einen Mangel an Toleranz und Sittsamkeit. Andern gegenüber wirkt die Person verletzend, obwohl sie es gar nicht wollte. Sie hat das natürliche Gefühl für die Grenzen der Anderen und die eigene Begrenztheit verloren.

Hat ein Mensch zuviel Metall im Feuer, dann fällt es ihm schwer, aus sich herauszugehen aus Angst, einen Fehler zu begehen. Das sichere Gespür im Umgang mit dem Anderen ist verloren und der Mensch ist übervorsichtig. Dadurch geht die Leichtigkeit im Miteinander verloren.

Das Feuer im Feuer ist das absolute Yang, das höchste Glücksgefühl, wenn man zum Beispiel frisch verliebt ist, ein sexueller Höhepunkt oder das Gefühl, dass für einen kurzen Moment, die Welt für einen den Schleier gehoben hat und man einen kurzen Blick auf das Verborgene erhaschen konnte. Das ist der höchste Umkehrpunkt, der kurze Augenblick, der die Gegenwart festhält.

Hat der Mensch zuwenig Feuer im Feuer, dann fehlt ihm die Fähigkeit, Glück und Freude empfinden zu können. Der Höhepunkt des Lebens wird verpasst.

Hat er hingegen zuviel Feuer im Feuer, dann brennt er aus. Der Glückszustand ist im Jetzt explodierend, aber der Wandel zur Erde findet nicht statt, es fehlt die Reflexion und das Halten der Erinnerung, das Leben fühlt sich leer an, der nächste Höhepunkt wird angestrebt, ohne Ruhe, ohne Erholung.

 

"Das Wasser gibt dem Feuer die Verbindung zum Ich, den Bezug zur eigenen Persönlichkeit. Wenn das Feuer das "Jetzt" ist, so ist das Wasser im Feuer die Vergangenheit, das, was vom Jetzt im Herzen übrig bleibt, um es kontinuierlich weiter zu nähren und zu stützen…

… Das Wasser im Feuer ist zuständig für das Interesse, das geprägt wird von der Relevanz einer Qualität für einen selbst - was habe ich damit zu tun oder was hat die Sache/der Mensch mit mir zu tun?" (Wandlungsphasen der TCM, Band 4, S. 186)

Das Wasser im Feuer ist die Fähigkeit, sich selbst zu kennen, sich anzunehmen und sich nicht zu verlieren.

Ist das Wasser im Feuer zu schwach, dann wird das Yin des Herzens nicht genährt und es entsteht ein Strohfeuer. Der Mensch geht aus sich heraus und verliert sich dabei aus den Augen. Er geht mühelos auf Andere zu und gibt sich selbst genauso mühelos auf. Das Symptomenmuster geht von belangloser Geschwätzigkeit bis hin zur sexuellen Hörigkeit, der Bezug zur eigenen Identität ist verloren.

Ist das Wasser im Feuer zu stark, erlischt das Feuer. Die Bodenhaftung ist so stark ausgeprägt, dass der Mensch nicht loslassen kann und man sich schwebender Freude nicht hingeben kann zumindest nicht mit anderen Menschen. Glücksgefühle hat dieser Mensch in der Anhäufung von Wissen.

Die Erde im Feuer ist die Fähigkeit geschmeidig und rund zu bleiben. Die Erde verleiht dem Feuer Stabilität und Friede. Es ist die Stabilität der Liebe, dass man sich selbst und Andere lieben kann auch mit Fehlern, es ist die Fortsetzung des Gefühls, das nach einem Höhepunkt nicht in die Tiefe abstürzen muss. Es ist die Entwicklung von Verliebtheit in Liebe. Die Erde ist der Übergang der Gegenwart in die Vergangenheit, der Zeitpunkt der Reflexion.

Hat das Feuer zuwenig Erde, dann wirkt der Mensch launig. Der Übergang von einer Stimmung in die Andere verläuft abrupt, man erscheint emotional unstabil. Das liegt zum Einen an einer großen Unsicherheit, man hat sich selbst nicht angenommen, zum Anderen fehlt das Nachdenken, die Assimilation, mit der man sich das Erlebte zu eigen machen kann. Ohne dieses Durchkauen ist das neue Gefühl nicht an das vorangegangene angeknüpft.

Ist die Erde im Feuer zu stark, dann ist der Mensch harmoniesüchtig. Starke Gefühle werden abgeschwächt und jede Aktion und Emotion wird so häufig überdacht, dass spontane Gefühlsäußerungen erschwert werden. Das Denken füllt das Herz, das daraufhin unklar wird.

 

si

Uns Westlern mag es komisch erscheinen, dass das Denken eine Emotion sein soll. Woher kommt das? Das liegt daran, dass das Denken teilhat an den Bewegungen des Herzens und an der menschlichen Landschaft mitwirkt. Das Denken ist eine Kooperation zwischen Hirn und Herz und wird deswegen der Erde zugesprochen, weil die Einzelteile, die zum Denken gebraucht werden, von Milz und Magen aufgenommen, zerteilt und wieder zusammen getragen wird. Das Denken ist ein mentaler Verdauungsprozess. Die Milz ist sehr stark am Aufbau des weißen Marks beteiligt, das nichts anderes ist als das chinesische Bild für das Gehirn. Das Hirn hat daher nicht nur einen engen Bezug zu Herz und Nieren, sondern auch zur Milz.

Das Denken ist eine Übergangsphase zwischen dem Willen der Niere und dem Planen der Leber. Ein äußerer Anreiz bewegt uns, die Milz konfrontiert es mit bisherigen Erfahrungen, das rationale, analytische Denken, das ist Si. Das Ergebnis wird der Leber vorgestellt, die daraufhin einen Plan ausknobeln soll.

Leidet jemand unter an einem Mangel an Si, dann kann er keinen klaren Gedanken fassen, der Mensch kann sich nicht konzentrieren und leidet daher auch unter Lernschwäche. Das Denken des Menschen wird langsam und er wirkt unbeweglich und unentschlossen, denn das Denken geht der Planung und der Entscheidung voraus.

Nimmt Si überhand, dann kreisen die Gedanken immer wieder im Kreis herum, ein Gedanke lässt den Menschen nicht los und man beginnt zu Grübeln. Das Denken reift nicht zur Planung heran, sondern blockiert das Herz. Das Qi verknotet sich.

Außer einem Mangel oder Überfluss an Si gibt es noch die Möglichkeit, dass die Elemente in der Erde untereinander nicht harmonisch sind.

"Das Feuer stützt die Erde- der Sheng- Zyklus stellt dar, dass das Feuer, die Präsens, die Hinwendung des Menschen zum Himmel… die Grundlage für eine gute Qualität der Erde bildet. Erst die Bewusstheit aller Lebensvorgänge gibt uns die Möglichkeit, etwas für uns selber zu extrahieren, letztlich daraus Erfahrungen zu sammeln und in Qualität und Quantität zu wachsen." (Wandlungsphasen der TCM, Band 3, S. 140)

Das Feuer in der Erde gibt uns die Fähigkeit der (Selbst)Erkenntnis, es stellt die Freude und die Begeisterung dar, mit der wir Gedanken ausspinnen, philosophieren und uns an Diplomarbeiten dransetzen.

Leidet jemand unter Feuermangel in der Erde, dann verliert er die Klarheit eines Gedankens, man hat nur eine unverdaubare, unscharfe Vorstellung und komplexe Verknüpfungen können nicht differenziert werden. das Feuer ist die Mutter der Erde, das heißt, dass der Ansporn, die Begeisterung für einen Denkprozess fehlt.

Leidet man an übermäßigem Feuer in der Erde, dann fliegen die Gedanken hoch in den Himmel, werden abstrakt und verlieren dabei den Bezug zur Wirklichkeit und zur momentanen Notwendigkeit.

Das Wasser in der Erde ist die Fähigkeit, unser bisheriges Wissen, das, was sich in uns gebildet und geformt hat in den Denkprozess zu integrieren. Es ist die Verknüpfung, das Verständnis für das, was der Gedanke mit unserer eigenen Persönlichkeit zu tun hat und das Wissen, ob dieser Gedanke uns weiterbringt, die Fähigkeit, das für uns Wichtige aus dem Assimilierten herauszuschöpfen.

Hat man zuwenig Wasser in der Erde, dann verlieren die Gedanken den Bezug zum eigenen Ich. Sie mögen zwar Spaß machen, bringen uns in der eigenen Entwicklung allerdings nicht weiter, denn sie haben keine Bedeutung für uns. Neue Ideen werden aufgesogen, die Meinung orientiert sich unkritisch an der Mode. Das Denken vollzieht den Schritt zur Gewissheit nicht.

Hat man zuviel Wasser in der Erde, dann ist die Gewissheit so starr, dass neue Gedanken und Ideen nicht mehr aufgenommen werden, der mentale Assimilationsprozess wird blockiert. Allen Neuigkeiten gegenüber ist der Mensch skeptisch, man wird intolerant.

Die Erde in der Erde ist die Ruhe und Gelassenheit, die man braucht, um mentale Prozesse zu verarbeiten und sie ist die Fähigkeit, Informationen und Reize aufzunehmen und sie mental zu integrieren.

Hat man zuwenig Erde in der Erde, dann urteilt man vorschnell. Man hat nicht die Ruhe, Informationen zu sammeln, kritisch zu überdenken und von allen Seiten zu betrachten. Die Gedanken sind voreilig und bruchstückhaft und sie halten keiner Hinterfragung stand.

Hat man zuviel Erde in der Erde, dann werden die Gedanken von ihrem unsichtbaren Mittelpunkt so stark angezogen, dass sie sich darum immer wieder im Kreis drehen und es ist kein Ende in Sicht. Man wird zum mentalen Wiederkäuer und kommt einfach zu keinem Schluss.

Das Holz in der Erde ist die Fähigkeit, einen Gedanken zu fassen und ihn wachsen und gedeihen zu lassen. Es ist die Dynamik des Holzes, die den Gedanken in der Erde nicht stagnieren lässt und ihn vorantreibt.

Hat man zuwenig Holz in der Erde, dann bleibt viel Unverdautes liegen. Das Denken wird schlapp und mühsam. Neue Informationen können nur schlecht aufgenommen werden, weil die Erde noch verstopft ist. Man trägt viel Ballast mit sich herum.

Ist das Holz in der Erde zu stark, dann laufen äußere Reize einfach durch einen durch. Man hungert ständig nach mehr Informationen, ist stolz darauf, wie viele Bücher man in kurzer Zeit verschlungen hat und wundert sich, dass nichts hängen geblieben ist. Die Erde hat keine Zeit mehr, wirklich etwas aufzunehmen. Der Mensch überflutet seine Sinne, er ist innerlich angetrieben und hat keine Ruhe, sich zurückzuziehen, und sich alles noch einmal durch den Kopf gehen zu lassen.

 

"Die Analyse, das vernunftmäßige Hereinkommen lassen von Impulsen und die anschließende bewusste Verarbeitung, das ist der Metall-Aspekt in der Erde. Wenn wir einen Sachverhalt auf den Punkt bringen können, einer Diskussion den roten Faden geben können." "Wandlungsphasen der TCM, Band 3, S. 142)

Das Metall in der Erde schützt uns vor einer Informations- und Gedankenüberflutung. Ballast wird ausgeschieden und Gedanken werden in festen Bahnen Ziel gerichtet geführt.

Hat man zu wenig Metall in der Erde, dann schluckt man zuviel, man nimmt die eigene Begrenzung der Aufnahmefähigkeit nicht wahr. Gelerntes wird nicht auf einen Punkt gebracht, es bleibt eine nebulöse unverdauliche Masse im Bauch, die das Begreifen blockiert.

Hat man zuviel Metall in der Erde, dann kann sich die Holzenergie der Erde nicht mehr entfalten. Der Mensch ist nicht mehr in der Lage, einen verrückten Gedanken auszuspinnen, das Denken aus einer unkonventionellen Sicht zuzulassen. Dieser Mensch ist sehr analytisch und vertraut auf empirisch bewiesener Logik. Alles, was darüber hinausgeht, andere Anschauungen, eigene Empfindungen, werden schlichtweg außer Acht gelassen. Der Mensch wird engstirnig und Informationen, die nicht in seine Logik hinein passen, werden sofort hinausgefiltert.

 

 

 

you und bei

Die Emotion des Metalls ist ein wenig komplizierter, weil sich die Klassiker nicht einig sind, welche Emotion nun zur Lunge gehört. Das Problem liegt eigentlich daran, dass wir fünf, manchmal sechs Zang haben und fünf Emotionen, die mit der Bewegung ihrer Zang laufen. Daneben stehen die Gefühlserregungen (Qing), das heißt, die pathologische Variante der Gefühlsbewegung. Von diesen Qing gibt es allerdings sieben, wahrscheinlich ein Zahlenspiel. Fünf Emotionen verwandeln sich also in sieben und die Zuordnung zu den Zang wird erschwert. Ist also Bei die eigentliche Emotion der Lunge und You eine Erregung, die alle Zang gleichermaßen trifft, oder ist You die Emotion der Lunge und Bei das Qing dazu?

Das zweite Problem ist, dass die deutsche Übersetzungen von Bei und You praktisch identisch sind und in verschiedenen Büchern vertauscht werden. You hat ein Herz-Radikal, Kopf, Körper und Fuß, Bei hingegen hat das Herz-Radikal mit einer Verneinung. Ich verlasse jetzt einfach die Bilder und gehe auf die Bewegung des Metalls ein, die gegensätzlich zur Holzbewegung läuft. Nu hatte ich so beschrieben, dass es ein Ja zum Leben ist, der Ausdruck des Leben-Wollens. Nu steigt nach oben und verteilt sich im Himmel. Im Gegensatz dazu bewegt sich die Emotion des Metalls nach unten und sammelt sich dort. Das Metall hat mit Selbstwert und Selbstschutz, Rhythmus und Struktur zu tun. Das Metall entscheidet, was den Körper betritt und was ihn wieder verlässt, es gibt uns mit seinem Auf und Ab die rhythmische Struktur, die das Leben hält und stützt. Das Metall ist hart, Ziel gerichtet und klar, es ist der Ausdruck der inneren Stimme, die uns sagt, wo es lang geht. Um diese Stimme hören zu können, müssen wir uns in regelmäßigen Abständen in uns zurückziehen können. Die Fähigkeit dazu ist die Emotion des Metalls. In gewisser Weise ist es ein Rückzug aus dem Leben, daher scheint mir das Zeichen von Bei passender. Auf Deutsch nenne ich die Emotion Traurigkeit. Physiologisch gesehen ist es die Fähigkeit eines Menschen, sich zurückzuziehen, die Kräfte zu sammeln und zu bewahren in Kenntnis von der eigenen Begrenztheit. Außerdem ist es die Fähigkeit, die eigene Person wertzuschätzen und sich mit dem eigenen Sein beschäftigen zu mögen. You ist darüber hinaus die Trauer, die natürlicherweise bei einem Verlust entsteht.

Empfindet der Mensch zuwenig Traurigkeit, dann fehlt ihm die notwendige Tiefgründigkeit. Er ist oberflächlich, zerstreut und ist nicht in der Lage, seine eigenen Grenzen zu sehen, geschweige denn zu akzeptieren. Seine Kraft wird nicht gebündelt und kann nicht gezielt eingesetzt werden. Seine Persönlichkeit kann nicht wachsen

Kann ein Mensch bei einem Todesfall nicht trauern beziehungsweise die Trauer nicht ausleben, dann blockiert und verstockt sie das Herz.

Wird ein Mensch von seiner Traurigkeit dominiert, dann wird er schwermütig und melancholisch. Das Herz und der Kopf werden uns schwer, die Emotion ist so in sich konzentriert, dass es keine Dynamik mehr gibt. Kummer und Sorge blockieren das Qi. Man Verneint das Leben und beschwört dabei einen Gegensatz hervor, den man nicht mehr überwinden kann, denn das Leben geht weiter. Übermäßige Traurigkeit ist ein Riss zwischen dem, was man wahrnimmt und dem Annehmen der Wirklichkeit. Das Nein zum Leben dominiert über das Ja und die Lebenskraft wird angegriffen. Ähnliches passiert bei zuviel Trauer, man akzeptiert die Wirklichkeit nicht und verschließt sich vor ihr.

Die Erde im Metall ist die Fähigkeit, sich akzeptieren und lieben zu können. Es ist die eigene Wertschätzung, die uns traurig sein lässt, die uns auch tröstet.

Ist die Erde im Metall zu schwach, dann können wir uns selbst nicht trösten und auch keinen Trost annehmen. Der Mensch stürzt sich in die Tiefen der Melancholie oder er lässt Traurigkeit überhaupt nicht zu. Die liebevolle Sicherheit der Erde fehlt. Die Erde ist die Mutter des Metalls, sie gibt ihrem Kind die Liebe, um eine eigene Identität schaffen zu können. Diese Identität ist die Absicht eines angemessenen Rückzugs, der Emotion des Metalls

Ist die Erde im Metall zu stark dann haben wir einen klassischen Fall von einem Melancholiker, süße Traurigkeit beherrscht das Leben. Man verschmilzt mit sich selbst, man behütet sich selbst. Um einen herum ein dichter Nebel, die Außenwelt ist kaum mehr zu erkennen. Der Mensch verschließt sich vor dem Leben und vor Erfahrungen. Die Innere Stimme ist das Einzige, was man noch hört, wie ein Kind im Mutterleib überwiegend die Stimme der Mutter hört.

Das Metall im Metall gibt dem Metall seine Struktur, das Gerüst. Dieses Gerüst ist die Behausung unserer Körperseele, denn sie braucht feste Bahnen und eine feste Hand.

Hat der Mensch zuwenig Metall im Metall dann lösen sich die eigenen Strukturen auf und man verliert sich im Chaos. Das Metall reguliert das Herein und Hinausgehen, damit schützt das Metall den Menschen und bewahrt ihn gleichzeitig vor Isolierung. Hat man zuwenig von diesem sicheren Instinkt, dann sucht der Mensch vielleicht eine äußere Struktur, an der er sich halten kann. Richtig und Falsch, gerecht oder ungerecht, das entscheiden Gesetzesbücher, denn die innere Stimme ist zu leise.

Hat der Mensch zuviel Metall im Metall, dann erstarrt er in seinen eigenen Gerüsten. Der äußere Rahmen und der feste Tagesablauf bestimmen das Leben. Man erstarrt in den eigenen Prinzipien, Veränderungen werden unmöglich.

Das Holz ist der bewegende Aspekt im Metall. Wenn sich das Metall festfährt, dann ist es das Holz, das den Karren wieder aus dem Dreck zieht. Das Holz verleiht der inneren Stimme die Kraft, damit sie wieder gehört werden kann.

Hat man zuwenig Holz im Metall, fehlt die Dynamik, um sich aus der Erstarrung zu lösen. Loslösen und Loslassen, die Bewegung des Metalls wird blockiert. Traurigkeit und Trauer bewegen sich nicht zur Einsicht, dass sie nur ein Teil des Ganzen sind.

Zuviel Holz im Metall löst die Struktur im Metall auf und lässt dem Menschen nicht genug Zeit, Emotionen tief einwirken zu lassen. Hier wird das Festhalten zum Problem.

Das Feuer schmilzt das Metall, damit es formbar wird. Das Gerüst eines Menschen muss genau an seine sich verändernde Persönlichkeit angepasst werden, das ist die Aufgabe des Feuers im Metall.

Zuwenig Feuer im Metall bedeutet, dass der Mensch in seinem eigenen Käfig eingesperrt ist. Man kann sich aus Verpflichtungen nicht mehr befreien, die Verantwortung für das Leben wird schwer zu tragen. Man kann sich aus den (selbst auferlegten) Zwängen nicht mehr befreien.

Zuviel Feuer im Metall führt dazu, dass der Rahmen der Persönlichkeit schmilzt. Das Metall verflüssigt sich und bietet dem Charakter keine Stütze mehr. Der Mensch ist nicht mehr in der Lage, irgendetwas in irgendeiner Ordnung zu halten, sowohl innerlich als auch äußerlich. Er lebt in den Tag hinein, sprunghaft, launisch, begeistert, der Sturz nach einer Ekstase ist allerdings besonders tief, weil er wirklich nichts hat, woran er sich festhalten kann.

Das Wasser im Metall sind die tief in jedem Menschen eingegrabenen Werte und Prinzipien.

Hat man zuviel Wasser im Metall, dann hat man feste Prinzipien, die innere Stimme ist fest. So fest, dass man der Ansicht ist, dass der eigene Weg der beste ist und dass Andere es ihm besser gleich tun sollten. Das spricht er nicht aus, aber er gibt es mit seiner Haltung unmissverständlich zu verstehen. Diesen Menschen fehlt häufig die Einsicht, dass jeder Mensch einen eigenen Rhythmus und einen anderen Weg hat. Er hat kein Verständnis für das Versagen Anderer, obwohl seine Haltung so dominant ist, dass ein schwächeres Wasser im Metall kaum eine Chance hat, sich durchzusetzen.

Hat man zu wenig Wasser im Metall, dann fehlt dem Gerüst die Verankerung. Der Mensch leidet an Minderwertigkeitskomplexen und vergleicht sich ständig mit Anderen. Die Struktur ist zwar vorhanden, aber es gibt keinen Schatz, der darin geschützt wird. Die innere Stimme ist völlig verunsichert, weil sie nicht vom Wasser genährt wird.

 

kong und jing

Kong ist die Angst und Furcht, Jing ist der Schreck. Die Emotion der Niere ist eigentlich nichts Anderes als die Vorsicht und Achtsamkeit, mit der ein Mensch durchs Leben gehen sollte, um sein Ziel zu erreichen. Ich spreche hier von der Achtsamkeit, mit der man seinen liebsten Schatz hütet. Ohne diese Achtsamkeit kann es vorkommen, dass man ihn auf dem Weg des Lebens einfach irgendwo vergisst. Diesen Schatz, das Jing-Shen, zu hüten, das ist die Aufgabe der Niere und ihre Emotion hilft ihr dabei.

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Mir fällt dazu eine Parabel ein. Ein Schüler geht zu seinem Meister, weil er von ihm lernen möchte, aber der Meister scheint keine Zeit zu haben. Er gibt ihm einen Esslöffel voll Öl und sagt ihm, er solle sich doch schon mal das nah gelegene Schloss anschauen. Glücklich über diese Aufgabe läuft der Schüler los und im Schloss kommt er aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Jedes Zimmer war in seiner Andersartigkeit prächtiger als das Andere. Hoch begeistert kam er zu seinem Meister zurück. Der hörte sich die Kommentare von seinem Schüler an und fragte ihn dann, wo denn der Inhalt seines Löffels geblieben sei. Irritiert bemerkte der Schüler, dass er vor lauter Begeisterung nicht auf den Löffel geachtet hatte. Das Öl hatte er unterwegs verloren. Also schickte ihn der Meister erneut los, diesmal sollte er sich natürlich etwas Anderes anschauen. Der Schüler geht los und diesmal gilt seine ganze Aufmerksamkeit dem Löffel, der wieder mit Öl gefüllt wurde. Stolz darauf, dass er keinen Tropfen verloren hat, kehrt er zum Meister zurück. Auf die Frage, was ihm besonders aufgefallen sei, wusste er keine Antwort, denn er hatte nichts von der Pracht um ihn herum gesehen. Das Öl zu hüten und dabei die Pracht des Lebens zu erleben, das ist die Emotion der Nieren.

Hat man zuviel Kong, dann erstarrt der Mensch. Aus übertriebener Vorsicht blockiert sich der Mensch selbst und verhindert damit die Wandlung des Wassers ins Holz.

Mangelt es dem Menschen an Kong, dann vermag er es nicht, sich seine Essenz bis zum Ende des Lebens einzuteilen.

"Die Wandlungsphase Metall gibt dem Wasser den Rahmen, die Abgrenzung der eigenen Persönlichkeit gegenüber der des anderen. Durch das Metall im Wasser definiert der Mensch sich in seiner Unterschiedlichkeit und Gemeinsamkeit mit anderen… Das Metall gibt uns den Rahmen des Weges, den wir gehen. Die Maßstäbe, an denen wir uns messen- seien es nun die äußeren oder die verinnerlichten Kriterien für Gut und Schlecht, Lebensprinzipien, die uns die Festigkeit und Orientierung geben und uns helfen können, unsere persönliche Integrität zu bewahren… Im Menschen gewährt das Metall im Wasser dem Körper Stütze und dem Geist Geradlinigkeit. Das Aufrechte bezieht sich auf die Fähigkeit, die Wirbelsäule gerade zu halten… und "Rückgrat" zu haben und über einen Willen Zhi zu verfügen" (Wandlungsphasen der TCM, Band 5, S. 237 und 239)

Zuviel Metall im Wasser führt dazu, dass der Mensch, wenn wir beim vorherigen Beispiel bleiben, sich nur auf den Löffel konzentriert. Der Löffel repräsentiert einen inneren Schatz, das Schloss einen äußeren. Äußere Einflüsse wirken auf diesen Menschen bedrohlich. Der Mensch klammert sich an seine Maßstäbe und wehrt sich gegen Veränderungen. Der Blick bleibt nach innen gerichtet.

Die Energie, die bewegende Kraft des Holzes wird blockiert, das kann zu Nu, Ärger führen. Autoaggression ist hier das Stichwort.

Zuwenig Metall im Wasser zu haben, bedeutet, den Löffel außer Acht zu lassen. Das passiert, wenn man sich selbst nicht wertschätzt, wenn man sich selbst nicht wichtig genug ist, um auf sich zu achten. Anders als bei zuviel Metall wird hier das Holz nicht blockiert, aber es wird auch nicht kontrolliert. Auch hier kann Nu selbstzerstörerisch wirken, aber eher in Form von Verausgabung (das Öl im Löffel schwappt einfach über).

Der Mensch hat zuwenig Rückgrat, das heißt er kann opportun und unsicher sein und er macht sich kleiner als er in Wirklichkeit ist.

Das Holz schenkt dem Wasser die Dynamik sich aus der Erstarrung zu lösen und den Neuanfang zu wagen. Es ist der erste Keim des Lebens. In meinem Beispiel ist es das Holz, das den Blick auf die äußere Pracht wagt. Der innere Schatz kann sich entfalten, der Mensch strebt nach Selbstverwirklichung.

Hat man zuwenig Holz im Wasser, dann stagniert der Prozess unserer Individualisierung. Es fehlt der Elan, sich weiter zu entwickeln, Erfahrung zu sammeln und von innen heraus zu wachsen. Man bleibt mit dem Löffel in der Hand stehen.

Hat man zuviel Holz im Wasser, dann fühlt man einen unbändigen Drang, voranzukommen. So sehr ist man auf der Suche nach Erfolg und Verwirklichung seiner Selbst, dass die Anbindung an das Selbst verloren gehen kann.

"Durch dieses Zuviel an Holz im Wasser kann seine Erde gestört werden. Die ihr entsprechende Selbstzufriedenheit wird beeinträchtigt durch ein Gefühl der ewig nörgelnden Gereiztheit, des dauernden Suchens nach Bestätigung, nach Anerkennung. Nie mit sich selber zufrieden zu sein, immer dem Gefühl der Kleinheit und Unzulänglichkeit…" (Wandlungsphasen der TCM, Band 5, S. 227)

Man mag mit diesem Schaffensdrang viel verwirklichen, aber man erreicht nicht das, wonach man sucht, zumindest hat man das Gefühl, weil jeder Erfolg nur von kurzer Zufriedenheit gekrönt wird.

 

Feuer und Wasser sind die beiden Gegensätze. Das Feuer im Wasser ist im Körper der Ming Men, die Pforte des Schicksals. Es ist das Licht in der Dunkelheit und die Kraft, dem Individuum Mensch bei seinem Selbstsein zu ermöglichen, gleichzeitig ein Teil des Ganzen zu werden. Das Feuer im Wasser ist die innere Stimme, die das Metall formbar macht. Die Klarheit und die Richtung des Metalls wird vom Feuer im Wasser gelenkt.

Hat man zuwenig Feuer im Wasser, dann gefriert das Wasser, der Mensch fällt in ein dunkles Loch und hat keinen Lichtblick mehr. Die Angst wird übermächtig.

Hat man zuviel Feuer im Wasser, dann ist die Gegenwart so präsent, dass sie die Vergangenheit, das, was das Ich geformt hat, die eigenen Wurzeln, verdrängt. Man geht unvorsichtig mit den eigenen Reserven um, denn man hat Träume, die einem viel wichtiger sind.

"Die Wasserqualität im Wasser selbst sind die Wurzeln der menschlichen Existenz, die weit über die persönliche, individuelle Existenz hinausgehen." (Wandlungsphasen der TCM, Band 5, S. 240)

Das Wasser im Wasser ist der sichere Gang und die gerade Haltung, die dem Schüler ermöglichen, das Öl im Löffel zu halten und dabei gehen zu können. Es geht hier um das Gefühl, in ein großes Ganzes eingebunden zu sein. Dieses Gefühl gibt einem die Sicherheit und das Durchhaltevermögen. Die Hand zittert nicht, der Fuß stolpert nicht.

Hat man zuwenig Wasser im Wasser, dann ist man verunsichert, losgebunden vom Ganzen. Diese Verunsicherung führt zu Angst und Ängstlichkeit.

Hat man zuviel Wasser im Wasser wird die Bodenhaftung zu groß, das Wasser fließt nicht mehr. Der Kontakt zur Außenwelt reduziert sich auf ein Minimum. Er verliert die Sicht nach außen.

Die Erde im Wasser steht für das Annehmen seiner selbst und die Eigenliebe aber auch für das, was wir von außen angenommen und behalten haben.

Hat man zuviel Erde im Wasser, so wird das Wasser trübe, der Mensch verschleimt. Die Holzenergie wird durch zähen Schleim gebremst. Körperlich nimmt der Mensch an Masse zu und wird unbeweglich, geistig passiert das Entsprechende. Der Mensch sammelt und häuft Energien an und hält an ihnen fest. In unserem Beispiel wäre es der Wunsch, den Löffel noch mehr mit Öl zu füllen und ja nichts riskieren, damit das Öl nicht überschwappen kann.

Hat man zuwenig Erde im Wasser, dann fehlt uns die Fähigkeit, uns selbst so anzunehmen, wie wir sind. Diese fehlende Erde versuchen wir durch äußere Bestätigung und Liebe zu gewinnen. Der Mensch bemüht sich um andere, aber was er dafür erhält reicht ihm nicht aus. Er hungert nach Bestätigung, kann sie von außen aber nicht erlangen, denn diese Erde fehlt im Wasser und aus dem Wasser heraus, also aus sich selbst heraus, muss sie wachsen. Auch hier hat man das Gefühl, zuwenig Öl im Löffel zu haben. Im Unterschied zu zuviel Erde im Wasser kann man das Öl nicht selbst auffüllen, sondern lebt in der Sucht, dass Andere das für einen tun können. Der Hunger treibt diesen Menschen dazu, unvorsichtig zu sein.

In Gefahrsituationen ist Kong natürlich angebracht. Vorsicht hält uns häufig von gefährlichen Situationen fern, aber auch bei einer ausgewogenen Vorsicht können wir in Gefahr geraten. In diesem Augenblick vollzieht sich die Wandlung von Wasser zu Holz, dann muss der General entscheiden, ob Angriff, Rückzug oder Stillstand die beste Reaktion ist. Findet diese Wandlung ins Holz nicht statt, dann erstarrt der Mensch vor Schreck.

So wie das Herz ist die Niere ein Umkehrpunkt der Energien. Im höchsten Punkt der geballten Holzenergie hält das Herz kurz inne, um in aller Ruhe stille Freude zu offenbaren. In der Niere wiederum keimt mitten im Prozess des Sammelns und Vereinens, aus dem relativen Stillstand heraus, der erste Keim des Lebens und der Bewegung.

 

 

 

Teil 5

PATIENTENBEISPIELE

1. Patientin:

 

Patientin, 27 Jahre alt, Studentin, kommt wegen ihrer Haschisch- Sucht zu mir.

Suchtbeginn: Mit 14 Jahren hat sie angefangen in Gesellschaft, mit 17 Jahren fing sie an, auch alleine zu kiffen. Mit siebzehn hatte sie die Schule gewechselt, die neuen Freunde konsumierten Haschisch, der damalige Partner war Dauerkiffer. Mit 2o Jahren probierte sie weitere Drogen aus, Ekstasy etc. Diese konsumierte sie allerdings zu keinem Zeitpunkt regelmäßig.

Mit dem Kiffen wollte sie aufhören, weil sie ständig unmotiviert und müde war. Sie hatte das Gefühl, ihr Kopf bestünde aus einem Dunst und sie kam nicht mehr an sich selbst heran. Außerdem hatte sie das Gefühl, ihr Leben nicht auf die Reihe zu bekommen. Sie wusste nicht, welchen Weg sie einschlagen sollte (weiter studieren, wenn ja was, und wozu, oder Ausbildung, oder ins Ausland, aber was machen da, liebe ich meinen Freund oder nicht? Es gab während des Behandlungszeitraumes mehrere endgültige Trennungen).

Außerdem war die Patientin untergewichtig (45 kg, 1,62 cm)

Vorgeschichte: Patientin ist in der Stadt aufgewachsen, hat einen älteren Bruder, eine strenge Mutter, die unter Minderwertigkeitsgefühlen leidet und sie auf die Tochter projiziert, d. h. sie traut ihrer Tochter nicht viel zu. Die Mutter schien stets Schwierigkeiten zu haben, das Kind anzunehmen. Vater war sehr liebevoll. Mit Anfang 20 erfuhr sie, dass die Ehe der Eltern nur eine Farce war, weil der Vater schwul war und einen Liebhaber hatte. Die Mutter wusste Bescheid. Nach außen hin lebten die Eltern, also vor allen Bekannten und Verwandten, eine Vorzeigeehe.

Essverhalten: vergisst zu essen, Heißhunger auf Süßes;

Trinkverhalten: 1l täglich. Sie trinkt erst, wenn sie Durst verspürt, dann gleich einen vollen Becher; kaltes Wasser;

Stuhlgang: 1x alle zwei Tage; Verstopfungsgefühl. Stuhl ist kugelig, ölig, dunkel.

Miktion: sie muss ständig aufs Klo (zu Hause alle halbe Stunde). Wenig, hellgelber Urin, den sie manchmal nicht halten kann.

Menstruation: nimmt die Pille, das heißt, regelmäßiger Zyklus, 28 Tage; 3 Tage Blutung; wenig Blut (ein O.b. täglich würde reichen); Am Anfang ist das Blut hellrot, am Ende dunkelbraun und klumpig; schlechte Laune vor der Regel. Sie hat täglich einen durchsichtigen, krümeligen vaginalen Ausfluss. Vor der Pille hatte sie einen unregelmäßigen Zyklus, ca. alle sechs Wochen.

Schlaf: kommt morgens schlecht in die Puschen, Sorgen scheinen übermächtig, sie möchte sich am Liebsten unter der Bettdecke verkriechen;

Kälte-Hitzeempfindlichkeit: ihr ist ständig kalt; kalte Hände und Füße;

Emotinen: -Wut: sie ist wütend auf sich; andern gegenüber wird sie manchmal gehässig;

-Freude: innere Freude eher selten;

-Sorge: sie grübelt viel

-Trauer: sie ist häufig traurig und verzweifelt

-Angst: sie fürchtet die Kontrolle über sich selbst zu verlieren

-sie hat das Gefühl, ihren Weg nicht zu finden. Nähe zu anderen Menschen fällt ihr schwer;

-sie ist ständig müde, gleichzeitig fühlt sie sich wie eine Feder im Wind;

Ansonsten hat sie einen schönen Augenglanz, blasse Haut mit rötlichen Wangen und eine gerade Haltung.

Zunge:

Farbe: rote Zungenspitze, blasse Zunge;

Risse: ein dicker Riss im hinteren und mittleren Zungenbereich;

Form: an den Rändern und um den Mittelriss herum geschwollen; die Ränder sind etwas aufgerollt;

Belag: weiß und trocken

unruhige Zunge;

Puls:

rauer, kraftloser, leerer Puls; unregelmäßig (alle 7 bis acht Schläge ein kleiner Sprung)

Diagnose:

Zusammenhänge und Störungen:

STÖRUNGEN IM WASSER:

- sie weiß nicht, wo es lang geht. Ihr fehlt die Zuversicht und das Vertrauen, der Erde- Aspekt im Wasser ist schwach, ihre Erfahrungen mit der Mutter haben das zumindest verstärkt. Auch das Metall im Wasser ist zu schwach, es fehlt ihr die Klarheit in ihr selbst. Das Wissen um die Richtung des Lebens ist ein Metall- Aspekt im Wasser. Das Gefühl, wie eine Feder im Wind zu sein basiert darauf, dass sie nicht verwurzelt ist.

Auf ihre Weise ist sie dennoch ein selbstsicherer Mensch.

-sie muss ständig aufs Klo, durchsichtiger, vaginaler Ausfluss: Yang- Mangel der Niere oder Kälte;

STÖRUNGEN IM HOLZ:

-schon der Holz- Aspekt im Wasser wird gebremst. Der Anfang jeder Bewegung ist im Wasser verwurzelt und das Wissen um den Weg ist die Wurzel der Bewegung. Sie ist von sich aus unmotiviert. Hanf ist eine sehr yinnige Droge, die Schleim verursacht. Dieser Schleim blockiert die natürliche Dynamik des Holzes. das heißt, dass ihr der Antrieb und die Entschlossenheit fehlt. Durch den Mangel an Zhi kann sich auch Lü, das Überlegen nicht entwickeln, dadurch fehlt ihr jeder Lebensplan.

-die geschwollenen Zungenränder weisen auf den Schleim hin, der die Holzdynamik blockiert.

-sie möchte der Mutter beweisen, dass sie ihren Weg findet, und dass sie es besser macht als die Mutter. Das wurde für sie, die eigentliche Lebensmotivation, also ihre Holzenergie. Da diese Bewegung blockiert wird, auch durch hohe Anforderungen, die sie an sich stellt, die aber gleichzeitig nicht viel mit ihr zu tun haben, entwickelt sich eine nach innen gerichtete Wut. Die Gehässigkeit anderen gegenüber kommt daher, dass sie sich viel mit anderen vergleicht und dabei schlecht abschneidet. Außerdem ist sie nicht in der Lage bei einer Konfliktsituation offen ihre Meinung zu sagen, deswegen stichelt sie eher.

STÖRUNGEN IM FEUER:

-sie hat eine freundliche, kindliche Ausstrahlung, sie hat viele Bekannte. Wie eine Feder im Wind ist sie, je nach Wetterlage, auch in der Lage, sich für bestimmte Dinge zu begeistern. Sie ist sehr bemüht, eine gute Stimmung zu verbreiten, dabei ist sie keineswegs extrovertiert. Allerdings benebelt der Schleim die Öffnungen des Herzens. Herzstechen hat sie, wenn das Herz verschleimt ist, denn dieser Schleim blockiert das Qi des Herzens. Innere Freude verspürt sie kaum, denn ihre ständige Sorge, das unaufhörliche Grübeln, beschwert das Herz, und innere Freude besteht, wenn das Herz leer und Shen ruhig ist.

STÖRUNGEN IN DER ERDE:

-Sucht bedeutet, dass der Körper nach etwas verlangt, davon aber nie genug bekommt. In ihrem Fall verlangt der Körper nach Feuchtigkeit, denn sie leidet an einem Flüssigkeits- und Blutmangel (trockene Augen, Haut und Haare, geringe Blutung, blasse Zunge, trockener Belag, rauer Puls). Hanf befeuchtet eigentlich den Körper. In Form von Joints, das heißt in Kombination mit hitzigem Tabak, verschleimt er allerdings nur, ohne zu befeuchten. Der Schleim (Rausch, dicker Zungenbelag) benebelt das Herz, blockiert die Dynamik des Holzes und schwächt das Qi der Milz, das gegen Trockenheit und Schleim gleichzeitig kämpfen muss. Die Sucht schwächt also die Erde, aber sie ist erst auf dem Boden einer schwachen Erde entstanden.

Durch die Störungen in der Erde und dem Wasser wird zuwenig Blut gebildet, aus einem Blutmangel resultiert ein Feuchtigkeitsmangel. Ihr Durstgefühl wird durch den Schleim blockiert, das heißt, dass der Körper sich nicht selbst regulieren kann. Durch den Blutmangel verliert Shen sein wohlig warmes Zuhause, der Kaiser verliert die übersichtige Kontrolle. Die Xin-Yi-Zhi-Achse wird gestört. Die Absicht, ist nicht mehr im Einklang mit Xin, der Kopf ist oller Absichten und Ideen, die den Bezug zur eigenen Identität verloren haben. Dadurch verliert die Absicht ihre Kontinuität und kann nicht zum Wollen wachsen. Diese Absicht, die den Weg zum Zhi nicht findet, weil sie nicht im Einklang mit dem Herzen ist, verweilt in der Erde. Die Gedanken kreisen immer um einen bestimmten Punkt und es entstehen Grübeln und Sorgen. Diese Sorgen ertränkt sie im Schleim der Droge.

- sie vergisst zu essen, das heißt, dass sich kein Hungergefühl einstellt und das Verlangen nach Süßem, deuten auf eine Milz- Qi- Schwäche hin.

STÖRUNGEN IM METALL:

Das Metall steht für Klarheit und Ordnung. Die Patientin sprach häufig davon, dass sie, bevor sie irgendeine Entscheidung treffen könnte, erstmal für (äußere) Ordnung sorgen müsste. Regale und Ordner wollte sie sich besorgen, aber auch das bekam sie nicht oder nur sehr schleppend geregelt. Auch wirkte der Haschschleim lähmend.

Eine Sucht ist für mich nicht nur ein unstillbares Verlangen des Körpers und des Geistes nach einer Substanz, in ihrer alles dominierenden Stellung und der Regelmäßigkeit der Suchtstillung bietet sie dem schwachen Metall eine Stütze. Wenn man nichts mehr hat, woran man sich festhalten kann, dann wirkt die Droge wie ein zuverlässiger Freund. Bei dieser Patientin war es auch so, dass das Kiffen, wie bei anderen Menschen das Essen, den Tagesablauf bestimmte. Eine Art flüssige Nahrung, die den Geist, aber nicht den Körper beschwert.

 

Diagnose: Milz-Qi- Mangel, Nieren- Qi- Schwäche; Blut und Jin Ye Mangel; Schleim, Yang- Mangel;

Therapie: Milz und Blut stärken, befeuchten, Nieren tonisieren, Schleim beseitigen.

Um überhaupt an die Patientin, die bereits mehrere Suchttherapien hinter sich hatte, heran zu kommen, habe ich sie zunächst behandelt, ohne ihre Suchtgewohnheit zu verändern. Sie erhielt eine Kräuterrezeptur, um die Milz zu stärken, das Blut zu nähren und zu befeuchten und Akupunktur. Außerdem stellten wir gemeinsam einen Ernährungsplan auf und nach kurzer Zeit, war sie soweit, dass sie zwar weiterhin kiffte, aber regelmäßige Mahlzeiten einhielt. Den Tee sollte sie zu den gleichen Zeiten einnehmen, wie sie sonst kiffte, das heißt, sie hatte eine Ersatzdroge, die den Tagesablauf bestimmte. Der Tee wurde zu ihrem Ritual und stärkte sie.

Nach relativ kurzer Zeit kiffte sie nur noch abends, tagsüber hatte sie einen klaren Kopf, wurde dynamischer und die Sorgen erschienen kleiner, weil sie nicht mehr tatenlos zusah, wie sie wuchsen, sondern zu rechtzeitiger Handlung in der Lage war. Das lag daran, dass Herz zumindest tagsüber vom Rausch befreit wurde, die Herzöffnungen wurden frei und der Kaiser konnte regieren. Yi konnte jetzt im Einklang mit dem Herzen arbeiten, Zhi wurde dadurch wieder genährt, vor ihr tat sich wieder ein Weg auf. Die Zweifel waren natürlich nicht auf einem Schlag weg, aber sie blockierten die Bewegung nicht mehr. Sie entschied sich, das Studium zu beenden, das wollte sie eigentlich nicht, aus Angst, sie würde das eigentlich nur für die Eltern tun. Sie musste akzeptieren, dass sie der Mutter nicht unähnlich war und dennoch einen eigenen Weg hatte. Es ging nicht darum, gegen die Eltern zu revoltieren oder es ihnen recht machen zu wollen. Durch die Befreiung dieses Zwanges konnte der Kaiser seinen Staat wieder alleine regieren.

Die vorherigen Suchttherapien hatte sie abgebrochen, weil sie darauf hinaus liefen, dass sie den Freundeskreis wechseln müsste, damit das Kiffen um sie herum nicht mehr so präsent war. Nach einigen Monaten war sie von sich aus soweit, dass sie andere Menschen kennen lernte und nicht nur die trägen Kiffer um sich herum haben wollte. Die Therapie dauerte ein Jahr, es gab mehrere Rückschläge, aber sie hat es geschafft, sich aus dem Kiffen heraus zu schleichen und danach aus der Therapie. Die Therapie war ihr eine große Stütze und es bestand die Gefahr, dass sie sich von mir abhängig machte. Mithilfe der Teerezepturen konnte ich die Behandlungsabstände immer weiter verlängern. Zuletzt kam sie alle paar Monate. Sie fing mit Yoga an, das praktiziert sie auch heute noch. Seit zwei Jahren kifft sie nicht mehr, der Puls ist kräftiger, die Blase belastbarer. Den Blutmangel konnte ich lindern aber nicht beseitigen.

 

 

2. PATIENTIN

 

Patientin, 62 Jahre alt, litt seit einem Autounfall an einer Shenstörung; Vor 3 Jahren hatte sie einen schweren Autounfall, wobei sich das Fahrzeug mehrmals überschlagen hatte. Körperlich blieb sie dabei unversehrt, allerdings brachte man ihren Mann mit Verdacht auf Querschnittslähmung ins Krankenhaus. Den Moment, an dem ihr der Arzt diesen Verdacht äußert, beschreibt sie als den Schlimmsten am ganzen Geschehen.

Seit jenem Tag wiederholt sich der Unfall mehrmals täglich vor ihrem rechten Auge. Die Patientin weint, wenn sie vom Unfall erzählt, sie erinnert sich an viele Details und hat ein großes Bedürfnis, darüber zu sprechen; sie ist sehr besorgt, dazu hat sie schon immer tendiert, das hat sich nun verschlimmert, sie ist ängstlich, immerzu traurig, der Unfall lässt sie einfach nicht los. Sie leidet unter Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen und Schwindel. Kopfschmerzen bekommt sie meistens nachts, wenn sie nicht schlafen kann, beziehungsweise morgens, wenn sie kaum geschlafen hat. Der ganze Kopf schmerzt dann und fühlt sich voll an. Den Schwindel hat sie, wenn sie im Bett liegt und nicht schlafen kann. Dann dreht sich vor ihrem Auge alles im Kreis. Sie hat Schwierigkeiten einzuschlafen, das gelingt ihr meistens gegen Mitternacht. Zwischen 3 und 5 wacht sie dann wieder auf und schläft erst gegen 6 oder 7 wieder ein. Um 8 steht sie auf. Den Alltag überwältigt sie normal, das heißt sie lässt sich äußerlich nicht hängen. Aber sie hat ihre Lebensfreude verloren, kann sich nicht mehr gut konzentrieren und ist vergesslich (Kurzzeitgedächtnis).

Weitere Beschwerden: Schmerzen im linken Arm. Die Schmerzen hat sie tagsüber, in Ruhe wie in Bewegung, es zieht in den Unterarm (Dickdarmbereich); der fühlt sich schwach an und die Patientin beschreibt den Schmerz, als würde sich das Fleisch vom Knochen ablösen. Am Ellenbogen ist Kälte angenehm, am Nacken Wärme. Druck ist angenehm; Große Nacken- Schulter- Verspannung; Krümmung der BWS (Buckel)

Medikamente: Antidepressivum (2-3 mal wöchentlich)

Vorerkrankungen: Krampfadern (operiert); vor 20 Jahren: eingeklemmten Ischiasnerv linkes Bein war betroffen; Bluthochdruck; Herzstechen;

Die Patientin ist leicht übergewichtig, sie macht keinen Sport, sie isst regelmäßig warm, hat einen trockenen Mund und trinkt zu wenig. Sie leidet unter Verstopfung, wenn sie kein Vollkornbrot isst, der Stuhl ist trocken. In den letzten Jahren litt sie drei Mal an einer Blasenentzündung. Seit sie 48 ist ist sie in der Menopause, der Übergang war sehr schwer. Sie blutete sehr stark, so dass eine Ausschabung vorgenommen werden musste. Andere klimakterische Beschwerden hatte sie nicht.

Die Patientin klagt über schwarze Fäden, die sie vor ihrem linken Auge sieht(das Auge ist auch verschleimt), das linke Ohr fühlt sich verstopft an. Sie hat fast keine eigenen Zähne mehr, sie hatte immer schon sehr schlechte Zähne.

Patientin ist ein heißer Typ, ihr ist immer warm, sie läuft im T-Shirt rum während andere Pullis tragen, das war auch schon immer so. Sie hat trockene Haut, ihre Haare waren mit 24 Jahren schon grau, die Nägel sind brüchig.

Sie ist sehr ängstlich, sie fürchtet sich vor Krankheiten, vor dem Tod, davor, dass ihrem Mann oder ihren zwei Kindern etwas zustoßen könnte. Sie ist ständig in Sorge, jede Kleinigkeit bringt sie aus der Ruhe.

PULS: die rechte und die linke Seite sind sehr unterschiedlich. Links hat sie einen schlüpfrigen, gespannten Puls, rechts ist der Puls auch gespannt aber leer. Der Puls ist schnell.

ZUNGE: Die Zunge weicht nach rechts aus, der rechte Rand ist geschwollen. Im OE hat sie einige unregelmäßig angeordnete Risse. Sie hat einen etwas zu dicken, weißen Belag. Unterzungenvenen sind gestaut;

STÖRUNGEN IM WASSER:

-Frühzeitige Ergrauung; schlechte Zähne; das sind Anzeichen für eine Schwäche im Jing. Ihre Ängstlichkeit weist auf eine Nieren- Qi Schwäche hin, die Blasenentzündungen sind wohl eingedrungene Feuchte- Hitze auf dem Boden einer Schwäche im Nieren- Qi. Durch den Unfall erlitt sie einen Schock, der ihr Jing noch weiter schwächte, das heißt, dass sie eine Störung auf der Jing- Shen- Ebene erlitt. Das ist eine sehr tiefe Ebene, die außerhalb der Kontrolle des Kaisers liegt.

Die Haltungsschäden (BWS und LWS) zeigen sowohl eine Nierenschwäche und weisen auf eine gestörte Verbindung in der Nieren- Herz- Achse hin.

-das rechte Ohr fühlt sich verstopft an;

STÖRUNGEN IM HOLZ:

-der schnelle Puls und die Tatsache, dass ihr immer heiß ist und immer schon war, sprechen für innere Hitze. Zeichen für Trockenheit haben wir eher im Metall, allerdings stellt die Leber nachts nicht mehr genug Blut zur Verfügung, damit sie in Ruhe schlafen kann. Der Blutverlust, der zu einer Ausschabung geführt hatte, hat sie zu sehr geschwächt. Yin- und Blutmangel der Leber zeigen sich auch in den brüchigen Fingernägeln und den schwarzen Fäden vor dem rechten Auge. Die gestauten Unterzungenvenen weisen auf eine Blutstagnation (aufgrund eines Blutmangels) hin. Dass die Zunge nach rechts abweicht, kann durch inneren Wind verursacht worden sein.

STÖRUNGEN IM FEUER:

-das Herzstechen kommt bei ihr von der Wirbelsäule (eingeklemmter Nerv).Ihr Shen ist gestört. Sie empfindet keine Lebensfreude mehr, ist vergesslich, ist ständig besorgt, sehr traurig, immer den Tränen nahe. Das sind alles Shen- Aspekte der verschiedenen Elemente, aber die Ursache ist, dass ihr Shen entwurzelt wurde und keine Ruhe findet. Das Herz und der Kopf sind voll, das Geschehene wird nicht verdaut, im Gegenteil, es kommt verbal immer wieder hoch, als sei es gerade eben erst geschehen. Diese Fülle zeigt sich im schlüpfrigen Puls auf der linken Seite, das linke Auge und das linke Ohr sind sozusagen verstopft, die Öffnungen des Herzens sind zu, die äußere Wirklichkeit dringt nicht durch. Der Unfall spielt sich immer wieder vor dem rechten Auge ab, dieses ist klar, hat eine klare Sicht, kann aber nur das eine sehen. Wir haben hier eine schwere links- rechts- Störung zusammen mit einer gestörten Herz- Nieren- Achse.

STÖRUNGEN IN DER ERDE:

-eine zuvor schon tendenziell schwache Milz (Krampfadern, Sorgen) hat ohne Orientierungshilfe und Weisungen des Kaisers keine Richtung und keinen Plan mehr. Die Erde ist mit der Verdauung des Unfalls gnadenlos überfordert, das Geschehene kann sie weder akzeptieren noch als Lebenserfahrung verwerten. Zu klaren, logischen Gedanken ist sie kaum noch in der Lage. Die Patientin kann sich nicht konzentrieren, sie vergisst deswegen die Hälfte.

STÖRUNGEN IM METALL:

-im Metall fallen neben der andauernden Traurigkeit, die Symptome eines Flüssigkeitsmangels auf: trockene Haut, trockener Stuhl, Verstopfung. Die Patientin fühlt keinen Durst und trinkt deswegen wenig. Die Schmerzen im linken Arm laufen dem Dickdarm- Meridian entlang. Die Schmerzen hat sie durch den Unfall (Schleudertrauma der HWS).

Diagnose: Shen entwurzelt, Jing-Mangel; Nieren und Herz-Qi- Mangel; Yin- und Blutmangel; Milz-Qi-Mangel; innerer Schleim;

Therapie: Öffnung des Ren Mai und des Yin Wei Mai, die Behandlung hat sich auf diese außerordentlichen Meridiane konzentriert, dazu habe ich die Shen- Punkte auf dem Blasenmeridian genommen und Herz, Nieren und Milz gestärkt. Neben Akupunktur habe ich Teerezepturen verwendet, um Jing und Blut aufzubauen. Dazu kamen noch Massagen entlang der Wirbelsäule, die die Patientin sehr geerdet haben.

Schon nach wenigen Behandlungen konnte die Patientin besser schlafen, allerdings wurde die Therapie nach relativ kurzer Zeit von der Patientin abgebrochen.

 

 

Anhand dieser Beispiele wollte ich verdeutlichen, wie verschiedene Muster in ein Bild zusammenspielen und wie wichtig es ist, sich von jedem Patienten ein ihm eigenes Bild zu machen. Auf die jeweilige Therapie kann ich nicht im Detail eingehen, denn die Behandlungen gingen über mehrere Monate und das würde diesen Rahmen sprengen. Allerdings arbeite ich überwiegend mit den Akupunkturpunkten der Wandlungsphasen, was sich besonders anbietet, wenn man die Störungen einer Wandlungsphase innerhalb einer anderen herausgearbeitet hat.

 

 

 

LITERATURVERZEICHNIS:

1. Die Wandlungsphasen der traditionellen chinesischen Medizin, Band 1-5, von Udo Lorenzen und Andreas Noll. Erschienen im Müller & Steinicke Verlag, München;

2. The Heart, von Claude Larre und Elisabeth Rochat de la Vallée, erschienen im Monkey Press Verlag, 1991

3. The Seven Emotions, von Claude Larre und Elisabeth Rochat de la Vallée, erschienen im Monkey Press Verlag, 1996

4. Die Bewegungen des Herzens, von Claude Larre und Elisabeth Rochat de la Vallée, erschienen im Müller & Steinicke Verlag, München, 2002