Zhu Dan Xi -Psychotherapie- übersetzt von Udo Lorenzen

 

Im Folgenden werden zwei Passagen aus dem Ge Zhi Yu Lun zitiert, in der die Behandlung von emotionalen Erkrankungen durch die jeweiligen überwindenden Gemütsbewegungen beschrieben werden. Der Verfasser Zhu Dan Xi war der große Arzt in der Yuan-Dynastie im 13. Jahrhundert nach Christus. Er begründete die Schule zur Stärkung des Yin und warnte vor exzessiven Aktivitäten, denn "Yin neigt gerne zum Mangel und Yang neigt zum Überfluß; deshalb muß das Yin gefördert und das Yang eingedämmt werden."

Er sagte, wenn aus dem höchsten Pol Tai Ji Yin und Yang entstehen, so überwiegt stets das Yang, während das Yin schwach ist und einen Mangel hat. Während sich das Yang bewegt und die fünf Elemente erzeugt, ist das Yin ruhig und harmonisch und unterliegt stets dem Yang. Daher erschien es ihm notwendig, das Yin zu fördern und zu tonisieren, damit es dem Yang das Gleichgewicht halten kann.

Als Zweites sagt Meister Dan Xi, daß man vom Feuer, das als eines der fünf Elemente aus der Bewegung des Yang entsteht, zwei Arten unterscheiden muß. Einmal gibt es das "Herrscherfeuer" Jun Huo , das direkt zu den fünf Elementen und damit zum Menschen gehört. Es hat seinen festen Platz innerhalb der Elementenreihe und im menschlichen Körper und es hat einen Einfluß auf die äußere Gestalt und auch auf die innere Substanz des Körpers.

Zweitens gibt es das "Ministerfeuer" Xiang Huo oder das helfende Feuer, das keine bestimmte Position hat, sondern ständig in Bewegung ist. Es entsteht nach Zhu Dan Xi aus der Leere und dem Nichts und gehört zum Himmel. So ist also das Herrscherfeuer das Feuer im Menschen und gehört zu den 5 Wandlungsphasen, während das Ministerfeuer das Feuer des Himmels und einem der sechs klimatischen Einflüsse Liu Qi gleichzusetzen ist.

Als dritter wichtiger Punkt seiner Lehre ist die vorherrschende Rolle der Emotionen zu nennen, die als Leidenschaften den Menschen krank machen können. Er entwickelte aus dieser Einsicht seine eigene "Psychotherapie" mit gesprächs, -gestalt und verhaltenstherapeutischen Elementen.

Ein vierter und sehr bedeutender Punkt bei Zhu Dan Xi ist schließlich seine Behauptung, daß die von außen kommenden Übel nur dann einwirken können, wenn die davon betroffenen Menschen bereits geschwächt und kraftlos sind. Er erkannte also, daß eine Disposition zur Krankheit vorhanden sein muß, und forderte in diesem Zusammenhang zur Mäßigung und zu zeitgerechtem Verhalten auf und Völlerei und Luxusleben nicht zu übertreiben.

Wenn das Feuer der fünf Emotionen auf Grund der sieben Leidenschaften entfacht wird oder durch Unterdrückung sich Schleim bildet, kommt es zur Ausbildung von Anfallsleiden mit Krämpfen Dian Xian sowie irrsinniger Verrücktheit Kuang Wang . Dieses kann man heilen, indem man die persönlichen und zwischenmenschlichen Angelegenheiten des Patienten reguliert, ohne Arzneimittel oder andere Anwendungen. Man muß den Patienten untersuchen, um die Ursache zu finden und muß diese ausgleichen.

Zorn schädigt die Leber und bewirkt Irrsinn und Krampfanfälle.

Mit Trauer kann man dies überwinden, mit Angst lösen.

Freude schädigt das Herz und bewirkt Anfallskrankheit und Krampfanfälle. Mit Angst kann man dies überwinden, mit Zorn lösen.

Sorge schädigt die Lunge und bewirkt Krampfanfälle und Anfallskrankheit. Mit Freude kann man dies überwinden, mit Zorn lösen.

Denken schädigt die Milz und bewirkt Anfallskrankheit und Irrsinn.

Mit Zorn kann man dies überwinden, mit Freude lösen.

Angst schädigt die Nieren und bewirkt Anfallskrankheit und Krampfanfälle. Mit Denken kann man dies überwinden, mit Trauer lösen.

Schrecken schädigt die Gallenblase und bewirkt Anfallskrankheit.

Mit Trauer kann man dies überwinden, mit Angst lösen.

Trauer schädigt den Herzbeutel und bewirkt Anfallskrankheit.

Mit Angst kann man dies überwinden, mit Zorn lösen.

Nur weise Therapeuten Sheng Yi sind in der Lage,

diese Methode anzuwenden.

 

­ Erkrankung durch Trennung vom Ehemann:

Nachdem eine Frau gerade geheiratet hatte, kehrte ihr Ehemann zwei Jahre nicht von einer Geschäftsreise zurück. Deshalb aß sie nichts mehr und legte sich erschöpft wie eine Schwachsinnige nieder. Sie hatte keine andere Krankheit. Sie saß nur viel nach innen gekehrt auf dem Bett.

Zhu Danxi untersuchte sie. Der Leber-Puls zeigte sich an der Cun Kou-Taststelle saitenförmig, Er sprach: "Sie denkt an ihren Mann, ohne ihn erreichen zu können. Das Qi verknotet sich in der Milz. Dies ist mit Arzneimitteln allein nur schwer zu behandeln. Durch Freude kann man ihren Zustand lösen. Gelingt dies nicht, dann muß man ihren Zorn entfachen.

Die Milz kontrolliert das Denken. Übermäßiges Denken führt zu Verknotungen des Qi in der Milz und zu mangelndem Appetit.

Zorn gehört zur Leber und zum Holz. Holz hat die Fähigkeit, Erde zu überwinden. Zorn bewirkt, daß das Qi aufsteigt, sich ausbreitet und aktiv wird. So wird das Qi der Milz gelöst. Der Vater hielt dies nicht für richtig, aber Danxi ging hinein und schlug sie dreimal ins Gesicht. Er beschimpfte sie, sie solle nicht an andere Männer denken. Die Frau schrie und weinte und wurde sehr zornig. Nachdem der Zorn vorüber war, bat sie um einen Reisbrei und nahm wieder Nahrung zu sich.

Daraufhin sprach Zhu Danxi: Obwohl sich das durch Denken verknotete Qi gelöst hat, bedarf es weiterhin der Erhaltung durch Freude. Damit es nicht erneut zur Verknotung käme, erzählte er der Frau, daß es ein Schreiben des Ehemannes gäbe, in welchem er mitteile, er wolle bald zurückkehren. Als der Ehemann nach drei Monaten wirklich nach Hause zurückkam, war die Frau geheilt."