Leserbrief an Stiftung Warentest – Heilpraktiker (3/2008)
Als Ausbildungsleiter eines Institutes, das seit über 15 Jahren Heilpraktiker in klassischer Akupunktur und traditioneller chinesischer Medizin ausbildet, habe ich ihren Beitrag mit besonderem Interesse gelesen. Als Resümee ließe sich sagen: Der Heilpraktiker ist ein empathischer Mensch, der sich viel (genügend) Zeit für seine Patienten lässt und in einer gemütlichen „Wohnzimmeratmosphäre“ arbeitet. Sollte nicht der Test beweisen, inwieweit die ausgewählten Heilpraktiker sich nach empfohlenen Qualitätsstandards richten? Diese Standards werden nur andeutungsweise mit 350 Stunden Ausbildung für einen traditionell ausgerichteten Akupunkteur angegeben, dies ist jedoch ein Qualitätsstandard für ärztliche Akupunkteure. In TCM spezialisierte Heilpraktiker haben mittlerweile eine erheblich umfangreichere Ausbildung von über 750 Stunden mit einem hohen Praxisanteil zu durchlaufen. Ein Heilpraktiker, der so ausgebildet, mit traditioneller chinesischer Medizin arbeitet, hat selbstverständlich ein in sich geschlossenes System der Diagnose und Therapie zur Verfügung, in dem Puls- und Zungendiagnose eine Conditio sine qua non darstellen. Dass Stiftung Warentest diese Diagnoseverfahren kritisch beurteilt, wird ohne Erläuterung einfach dahingestellt. Die therapeutische Wirkung der TCM zum Wohle des Patienten wird auch nicht weiter untersucht, die Akupunktur scheint dem Leser in seiner Wirksamkeit auf die Ergebnisse von widerstreitenden Studien reduziert und nur bei Rücken- und Knieschmerzen wirksam zu sein. So bleibt es bei einer nebulösen Darstellung des Heilpraktikers und seines Berufes, der mitunter bizarr, mitunter mit stichhaltigen Argumenten seine Arbeit tut und auch mal zu viel verspricht und Patienten vergrault. Für den Anspruch von Stiftung Warentest ein dürftiges Ergebnis!
Ausbildungszentrum Nord für Klassische Akupunktur und TCM
Udo Lorenzen
Heilpraktiker, Medizinhistoriker M.A.